Darum gehts
- Peter Zulauf betrügt Senioren mit Gewinnspiel-Masche und Fernzugriff-Software
- Identitäten und Konten von Opfern werden für weitere Betrügereien missbraucht
- Vier bekannte Opfer verloren insgesamt über 570'000 Franken an den Betrüger
Peter Zulauf hat einige Existenzen zerstört. Etwa die von Andrin W.* (82), dem Zulauf 200'000 Franken gestohlen hat. «Ich kann mir nur noch Kartoffeln leisten», erzählte der Rentner Anfang Juli im Blick. Auch Pirmin H.* (82), Elisabeth A.* (59) und Max T. (74) haben ihr gesamtes Vermögen verloren. Und zwar alle an denselben mutmasslichen Betrüger – Peter Zulauf.
Doch dieser Name ist eine Scheinidentität – geschaffen, um abzuzocken. Sie taucht in allen vier Fällen auf. Zulauf gibt sich als Finanz-Experte aus.
Er hat ein Netzwerk aus ahnungslosen Komplizen aufgebaut. Bankverbindungen, Mailadressen, Telefonnummern, die er nutzt, gehören echten Personen in der Schweiz. Blick hat sich auf seine Spuren begeben.
Peter Zulaufs Muster
In einem Haus am Rand von Spiez BE lebt Andrin W. Der Rentner arbeitete bis vor wenigen Jahren als selbständiger Automechaniker. Jahrzehntelange Knochenarbeit, dafür konnte er 200'000 Franken ansparen. Geld, auf das er angewiesen ist.
Diesen März erhält er ein E-Mail: Er habe bei einem Gewinnspiel Geld gewonnen. Für die Überweisung brauche er E-Banking, heisst es. Man könne ihm beim Einrichten helfen, er solle doch die Software Anydesk installieren.
Diese Software ist zentral, um die Betrugsmasche zu verstehen. Denn Peter Zulauf überzeugt alle seine späteren Opfer, Anydesk zu installieren. So kann er die Computer der Opfer fernsteuern.
Andrin W. folgt den Anweisungen. Nach und nach wird Geld von seinem Konto abgebucht. Die Zahlungen gehen an das Ehepaar A. aus dem Kanton Graubünden. Als Depot, behauptet Peter Zulauf, schickt dem Rentner gar die ID der beiden und eine Handynummer. Zur Absicherung.
Doch aus einer Zahlung werden mehrere – und schliesslich ist Andrin W.s Sparkonto leer. Inzwischen hat er die Polizei eingeschaltet.
«Ich bin auch Opfer»
Der Fall scheint klar: Die Eheleute A. sind Komplizen von Peter Zulauf. Sie wohnen in einem Bündner Dorf mit weniger als 200 Einwohnern. Blick besucht sie zu Hause, fragt nach Peter Zulauf. Herr A. (61) verweist sofort an seine Frau Elisabeth (59).
Sie sei keine Komplizin, beteuert sie. «Ich bin auch ein Opfer.» Elisabeth A. erzählt eine ähnliche Geschichte wie Andrin W.
Auch sie dachte, Geld gewonnen zu haben, auch sie installierte Anydesk. Was sich unterscheidet: Auf Elisabeth A.s Konto werden tatsächlich hohe Geldbeiträge eingezahlt. So auch die von Andrin W.
Identitäten-Diebstahl
Doch das Geld sei ihr sofort wieder abgebucht worden, erklärt die 59-Jährige. Peter Zulauf habe das veranlasst und sie am Telefon angewiesen, die Zahlungen zu bestätigen. «Ich habe während dieses Prozesses selber 100'000 Franken verloren», sagt Elisabeth A.
Anfang Juli habe sie den Kontakt abgebrochen. Zur Polizei ging sie bislang nicht. Aus Angst, sie könnte als Komplizin haftbar gemacht werden.
Die Geschichte von Elisabeth A. zeigt, wie Peter Zulauf die Identitäten einiger seiner Opfer missbraucht, um weitere anzulocken.
Ein krasses Beispiel eines solchen Identitäten-Missbrauchs ist Max T. aus dem Berner Oberaargau. Er war zwischen September 2024 und April 2025 in Kontakt mit Peter Zulauf, hatte ihm über Anydesk Zugang zu seinem PC ermöglicht. Während dieser Zeit nutzte Zulauf Max T.s Mailadresse, um mit anderen Opfern zu schreiben, sowie sein Konto, um das ergaunerte Geld zu verschieben.
Fast eine Million Franken
«Er hat rund 500 Mails von meinem Account aus geschrieben und fast 900'000 Franken über mein Konto verschoben», erklärt Max T. gegenüber Blick. Er selbst habe etwa 210'000 Franken verloren.
Unter den Opfern, die Zulauf in Max T.s Namen kontaktiert hat, befindet sich auch Elisabeth A, die unfreiwillige Komplizin aus dem Bündnerland. Und eine weitere Person fällt auf: Pirmin H. (82). Dessen Handynummer stimmt mit jener Nummer überein, die Zulauf genutzt hat, um den Rentner Andrin W. aus Spiez zu kontaktieren.
Als Blick Pirmin H. besucht, steckt er tief im Schlamassel. «Die Banken haben alle meine Konten gesperrt», sagt er. Der Grund: verdächtige Aktivitäten.
Zunächst war Pirmin H., wie die anderen Opfer, mit Peter Zulauf in Kontakt. Danach aber schrieb er nur noch an die Mailadresse von Max T., die Zulauf für seine Geschäfte missbrauchte. An ihn überwies er rund 60'000 Franken. «Dieses Geld ist weg», sagt er.
Ermittlungen bislang ergebnislos
Wie Peter Zulauf es schaffte, Pirmin H.s Handynummer zu missbrauchen, lässt sich anhand der vorhandenen Dokumente nicht rekonstruieren. Der Senior erzählt: «Irgendwann haben mich Freunde darauf hingewiesen, dass sie komische Nachrichten von meiner Nummer erhalten.»
Andrin W., Max T. und Pirmin H. haben bei der Polizei Anzeige erstattet. Ob die Behörden der unterschiedlichen Kantone zusammenarbeiten, ist unklar. Die vier Opfer wissen nur dank dieser Blick-Recherche voneinander. Die Polizei hat sie nie zu einem der anderen Fälle befragt.
Die letzte Handynummer, die Peter Zulauf benutzte, hatte eine holländische Vorwahl. Mittlerweile ist sie nicht mehr gültig. Das Geld der Opfer auf Max T.s und Elisabeth A.s Konten floss weiter auf einen polnischen Firmenaccount und zu einer Kryptobörse.
Auch wenn inzwischen klar ist, wie Peter Zulaufs Abzocker-System funktioniert, bleibt seine wahre Identität ungeklärt. Vermutlich lebt er im Ausland.
* Namen bekannt