Kaputte Möbel und Kostenstreit
Drei Schwestern landen in der Zügelhölle

Nach einem chaotischen Umzug kontaktieren die Frauen die Zügelfirma. Ein nervenaufreibendes Pingpong beginnt – bis der Beobachter einschreitet.
Publiziert: 28.10.2025 um 13:56 Uhr
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Aktualisiert: 28.10.2025 um 14:04 Uhr
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Das ganze Schlamassel sahen die Schwestern erst bei Tageslicht. (Symbolbild)
Foto: Shutterstock

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Katharina Siegrist
Beobachter

Der Grund, wieso zwei Schwestern zügeln mussten, sabbert und ist flauschig: Oreio. Der schwarze Australian-Sheperd-Welpe soll einmal ein Begleit- und Assistenzhund werden. «Ich werde teilweise von Reizen überflutet und brauche dann jemanden an meiner Seite», sagt Silvie Nydegger zum Beobachter. 

Die 32-jährige IV-Bezügerin, die wie alle Beteiligten tatsächlich anders heisst, lebte mit ihrer Zwillingsschwester Romina in einer Zürcher Genossenschaftssiedlung. Dort waren Hunde nicht erlaubt, also mussten die Schwestern eine neue Wohnung suchen. Zum Glück fanden sie etwas – auch in Zürich, aber in einem anderen Quartier.

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Doch zuerst ging es durch die Zügelhölle. 

Es begann gut und endete im Chaos

Völlig unerwartet, denn anfangs lief alles gut. Pro Infirmis sollte 90 Prozent der Umzugskosten übernehmen und die Schwestern hatten ein Zügelunternehmen gefunden, das einen seriösen Eindruck machte. Vor dem Kostenvoranschlag kam sogar jemand vorbei, um sich vor Ort einen Überblick zu verschaffen.

Rund 5000 Franken sollte das Ganze kosten. Die Schwestern unterschrieben einen Vertrag samt angehefteten Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Mündlich vereinbarte man, unterwegs zwei Möbelstücke bei Iris Angliker, der älteren Schwester, abzuladen. Diese unterstützt ihre beiden Geschwister bei solchen Geschäften. Sie sagt: «Der Zügeltag begann schon chaotisch.»

Kisten waren eingedrückt, Geschirr beschädigt

Zuerst einmal seien die Zügelmänner zu spät gekommen, der Umzug habe erst um 14 Uhr begonnen. «So viele Sachen! So viele Sachen!», hätten die Zügelmänner die ganze Zeit gesagt. «Dabei wussten sie ja, was sie erwartet.» Trotzdem hiess es plötzlich, der Preis würde steigen.

Der Umzug dauerte bis spät in die Nacht. «Wir waren froh, als die Männer um 23 Uhr endlich weg waren», erinnert sich Silvie Nydegger.

Das ganze Schlamassel kam bei Tageslicht zum Vorschein. «Ein Badezimmermöbel mussten wir entsorgen, es war völlig zerstört», sagt Nydegger. «Das Büchergestell, das man mir vorbeibrachte, war zerkratzt», sagt Angliker. Bei mehreren Hängelampen wurden die Kabel durchgeschnitten. Etliche Zügelkisten waren eingedrückt, Gläser und Geschirr in Scherben. «Wir waren erleichtert, wenn wir eine Kiste ausgepackt haben, in der nichts kaputt war.»

Eine Mängelliste mit 40 Positionen

Was die Schwestern am meisten reut: Das elektrisch verstellbare Stehpult hat einen Wackelkontakt. Es sei über längere Zeit im Regen gestanden, sagt Nydegger. «Das Pult ist mir lieb. Ich habe mir damit etwas geleistet.» Die Schwestern schickten der Zügelfirma eine Mängelliste mit 40 Positionen.

Daraufhin begann ein nervenaufreibendes Pingpong. Die Zügelfirma wollte den Schwestern nicht entgegenkommen und verwies auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Darin wird die Haftung für einfache Fahrlässigkeit, also kleine Sorgfaltspflichtverletzungen, ausgeschlossen. «Wo gehobelt wird, da fallen Späne», schrieb die Firma.

Keine einvernehmliche Lösung

Die Schwestern behielten ihren Anteil der Rechnung zurück und wollten eine faire Lösung finden. Doch die Gegenseite habe abgeblockt und nicht einmal einen Mahnstopp gewährt. Die Schwestern fürchteten, betrieben zu werden, fühlten sich unter Druck. Sie meldeten sich darum beim Beobachter.

Dieser holte eine Stellungnahme ein. Die Firma hielt fest, dass die gezügelten Möbel deutlich abgenutzt gewesen seien und bereits Kratzer aufgewiesen hätten. Sie räumte aber auch ein: «Natürlich kann es bei einem Umzug trotz grösster Sorgfalt zu Beschädigungen kommen.» 

Allerdings sei man den Schwestern schon mit 1000 Franken entgegengekommen. Das entspreche dem Mehraufwand, weil die Menge an Entsorgungsgut mehr als doppelt so hoch gewesen sei als angegeben. Die Firma bestritt, dass der Zwischenstopp bei Iris Angliker vereinbart gewesen sei, und hielt abschliessend fest: «Wir haben sämtliche vertraglichen Pflichten erfüllt, zusätzliche Leistungen erbracht und auf Mehrkosten verzichtet.»

Happy End dank dem Beobachter

Eine unbefriedigende Pattsituation. Sollte die Zügelfirma tatsächlich auf dem Anteil der Schwestern beharren – also auf rund 500 Franken, die nicht von Pro Infirmis übernommen wurden – müsste sie nun die Kundinnen betreiben oder eine Klage einleiten. Wirtschaftlich lohnt sich das kaum. Und: Wie ein Gericht die Sache beurteilen würde, ist offen. Für die Schwestern ist das belastend. Ein Damoklesschwert, das über ihren Köpfen schwebt. Die Hölle geht weiter. 

Als die Zügelfirma im Gespräch mit dem Beobachter erfährt, wie es den Schwestern geht, zeigt sie sich gesprächsbereit. Es sei nie darum gegangen, Druck auszuüben. Viel eher wolle man einen guten Abschluss finden, auch wenn der Auftrag – aus ihrer Sicht – ein Verlustgeschäft gewesen sei.

Wenig später telefonieren die Parteien miteinander. Die Zügelfirma verzichtet kulanterweise auf den offenen Betrag. Und die Schwestern? «Wir sind einfach nur erleichtert.»

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