Hohe Schulden und protzige Partys
Das Doppelleben des Luxus-Gipsers

Die Beobachter-Recherche zeigt: Ein Gipser macht ohne Bewilligung Asbestsanierungen, geschäftet oft mit hohen Bargeldsummen, hat hohe Steuerschulden – und einen ausschweifenden Lebensstil.
Publiziert: 14:42 Uhr
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Der angebliche Hilfsarbeiter fährt Lamborghini. (Symbolbild)
Foto: Shutterstock

Darum gehts

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Thomas Angeli
Beobachter

Asbest ist ein teuflisches Zeug. Ein paar Atemzüge reichen, und der Feinstaub aus dem feuerdämmenden Fasermaterial setzt sich in den Lungenbläschen fest, wo er Jahrzehnte später Krebs auslösen kann. Als die Bieler Firma Aroc Oeko Bau AG 2024 in zwei nebeneinanderliegenden Häusern in Lenzburg AG je eine Wohnung renovierte, kümmerte sie sich jedoch nicht darum.

Die Arbeiter rissen ohne Schutzvorkehrungen den Boden heraus und spitzten Fliesen weg. Dabei hatte eine Untersuchung eines spezialisierten Labors unmissverständlich gezeigt: Sowohl am Boden als auch an den Wänden waren asbesthaltige Materialien verbaut.

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Nur Spezialfirmen dürfen Asbestsanierungen vornehmen, und sie müssen sich und die Umwelt umfassend schützen. Den besorgten Mieterinnen und Mietern versicherte die Hausbesitzerin deshalb, die Aroc Oeko Bau AG sei «eine erfahrene Firma», und es sei «alles nach Vorschrift entsorgt» worden. 

Seit August in Konkurs

Doch Recherchen des Beobachters zeigen: Das stimmte nicht. Die Aroc Oeko Bau AG hatte weder Erfahrung mit solchen Sanierungen noch die dafür zwingend notwendige Bewilligung der Suva. Mittlerweile besitzt die Firma nicht einmal mehr einen Briefkasten. Ihr letztes offizielles Firmendomizil befand sich in einem Bürogebäude in der Nähe des Zürcher Paradeplatzes, ohne Türschild oder Klingel. Anfang August ist die Firma in Konkurs gegangen.

Dies sind jedoch nicht die einzigen Auffälligkeiten rund um die Firma, die laut Handelsregister als Generalunternehmer «Bau-, Architektur- und Ingenieurarbeiten» ausführte und vermittelte. Die Firma war bis Anfang 2025 an einer Quartierstrasse in Biel daheim. Dort residiert mittlerweile die MI Group AG, ein Generalunternehmen wie die Aroc Oeko Bau AG. 

Beide Unternehmen sind über die gleiche Handynummer zu erreichen. Sie gehört einem Mann namens Ismail Malikovski, genannt «Georgio». Der Nordmazedonier kam in den Neunzigerjahren nach Biel und versuchte sich in den folgenden Jahren glücklos mit einem Import-Export-Geschäft und einem Malerbetrieb. Beide gingen in Konkurs. 

Chef statt Hilfsarbeiter

Bei der Aroc Oeko Bau AG ist Malikovski angeblich Hilfsarbeiter und verdient gemäss Dokumenten, die der Beobachter einsehen konnte, brutto 4800 Franken im Monat. Ein aktueller Betreibungsregisterauszug zeigt zudem, dass er hoch verschuldet ist: Seine Verlustscheine gegenüber Steuerbehörden und Krankenkassen belaufen sich auf über eine Million Franken. 

Doch der Hilfsarbeiter Ismail Malikovski ist in Wahrheit der Firmenchef «Georgio», der auch für die unbewilligte Asbestsanierung in Lenzburg zuständig war. «Georgio Chef von Aroc Oeko Bau AG» steht in einer Information an die Mieterinnen und Mieter des Hauses. Im Gespräch mit dem Beobachter räumt Malikovski denn auch ein, Geschäftsführer der Aroc Oeko Bau AG gewesen zu sein. Mit den Asbestsanierungen in Lenzburg will er aber nichts zu tun gehabt haben. Diese habe eine spezialisierte Firma erledigt, erklärt er. Bloss an den Namen könne er sich nicht mehr erinnern.

Was auffällt: Im Handelsregister taucht der Name Ismail Malikovski heute nicht mehr auf. Firmen, mit denen er Geschäfte betreibt, lauten auf andere Personen. Und wo Malikovski geschäftet, fliesst häufig Bargeld, oft im fünf- oder gar sechsstelligen Bereich. 

Der Beobachter konnte diverse Dokumente einsehen, bei denen grössere Beträge in bar bezahlt wurden, teils aufgrund von rudimentären Rechnungen. So schickte 2023 die D.B.M. Rohrtechnik GmbH der Aroc Oeko Bau AG eine Rechnung über 150’000 Franken – nicht für Rohrarbeiten, wie dies der Firmenzweck vermuten liesse, sondern für Abbruch- und Gipserarbeiten. «Betrag dankend erhalten» steht auf der Quittung, dazu handschriftlich: «in bar».

Schon mehrere Firmen in den Konkurs geführt

Eine weitere Firma, die A-Z Umbau GmbH, stellte im Juli 2024 Rechnung über rund 271’000 Franken an die Aroc Oeko Bau GmbH für einen Umbau im Kanton Solothurn. Und auch dort steht «Betrag dankend in bar erhalten». Dabei waren offenbar gar keine Angestellten der A-Z Umbau GmbH auf der Baustelle. So jedenfalls steht es in einem von Malikovski signierten Schreiben der Aroc Oeko Bau GmbH an den Treuhänder des Bauherrn: «Hiermit bestätigen wir, dass sämtliche Bauarbeiten […] ausschliesslich von uns und unser Mitarbeiter (sic!) getätigt wurden.»

Bemerkenswert dabei: Alle drei Firmen haben laut Handelsregister den gleichen, einzigen Verwaltungsrat respektive Gesellschafter: einen Mann, den wir hier Kurt Gubler nennen. Er hat in seinem Berufsleben schon Dutzende von Firmen geführt – nicht wenige davon in den Konkurs.

Gubler ist hörbar unwohl, als ihn der Beobachter am Telefon auf die Bargeschäfte anspricht. Davon wisse er nichts, sagt er: «Ich bin nur der Verwaltungsrat.» Für das operative Geschäft besitze Georgio Malikovski eine Generalvollmacht – und zwar nicht nur von der Aroc Oeko Bau AG, sondern auch von der D.B.M. Rohrtechnik GmbH und der A-Z Umbau GmbH.

Der Beobachter weiss zudem von zwei weiteren, mittlerweile liquidierten Unternehmen, die Malikovski dank solchen Vollmachten leiten konnte, ohne im Handelsregister aufzutauchen. Das ist nicht illegal, aber solche mutmasslichen Insichgeschäfte können zivilrechtlich heikel sein.

Auch stellt sich die Frage, warum Firmen, die von derselben Person geführt werden, untereinander hohe Barbeträge verschieben. Oder warum der eigentliche Firmenchef offensichtlich grossen Wert darauf legt, nicht im Zusammenhang mit den Unternehmen in behördlichen Registern aufzutauchen. Georgio Malikovski gibt dazu eine sehr kurze Stellungnahme ab: Er kenne weder die D.B.M. Rohrtechnik GmbH noch die A-Z Umbau GmbH, erklärt er. 

Er führt ein Luxusleben in seiner Heimat

Doch wer beim diskreten Firmenboss mit dem Hilfsarbeiterlohn und den hohen Schulden etwas tiefer gräbt, stösst auf Erstaunliches: In seiner Heimat Nordmazedonien scheint Georgio Malikovski ein Luxusleben finanzieren zu können. In seiner Heimatstadt Resen steht eine protzige Villa, die auf seine drei Töchter lautet. Seinen 60. Geburtstag feierte er in einem noblen Restaurant mit mehreren Hundert Gästen, riesigen Buffets und verschiedenen Bands. Ein professionelles Videoteam filmte den ganzen Anlass. Mittlerweile sind die Videos auf Youtube nicht mehr auffindbar.

Eine grosse Party gab es auch im Juli 2022 zu Ehren der beiden Enkelsöhne. Die Party fand auf einem Sportplatz in der Nähe von Resen statt. In einem aufwendigen, über zweistündigen Youtube-Video ist zu sehen, wie Georgio Malikovski die beiden Kinder in einem knallgelben Sportwagen auf den Platz fährt, wo bereits die Band spielt. Im Verlauf des Nachmittags stecken Malikovski und weitere Männer dem Saxofonisten und dem Sänger immer wieder 50-Euro-Scheine und 1000-Denar-Noten (zirka 15 Franken) zu. 

Lamborghini im Wert von 300’000 Franken

Georgio Malikovski, ein einfacher Hilfsarbeiter? Die Aroc Oeko Bau AG, ein kleiner Handwerksbetrieb, der in Konkurs ging, weil er seine Rechnungen nicht mehr bezahlen konnte? Zweifel sind angebracht, nicht zuletzt wegen des Autos, in dem Malikovski bei der Party vorfährt: Es ist ein Lamborghini Urus mit Berner Kennzeichen. Kostenpunkt: gegen 300’000 Franken.

Und in der Garage der Aroc Oeko Bau AG standen zumindest 2022 noch weitere Autos aus der oberen Preisklasse, wie Dokumente zeigen, von denen der Beobachter Kenntnis hat: ein BMW X4, zwei BMW X6 und ein Mercedes Benz CLA 250 – alles in allem Fahrzeuge mit einem Neuwert von deutlich über einer halben Million Franken. 

«Privatsache», heisst es auf Beobachter-Anfrage

Fragen dazu mag Georgio Malikovski nicht beantworten. Das sei «Privatsache», erklärt er und beendet den Anruf. 

Bisher ist der diskrete Unternehmer von den Behörden unbehelligt geblieben. Eine anonyme Anzeige gegen ihn endete mit einer Nichtanhandnahmeverfügung, sprich: Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf vertiefte Ermittlungen. Und bei der Suva, die Asbestsanierungen überwacht und bewilligt, heisst es, bisher habe man noch nie gegen eine Firma eine Strafanzeige eingereicht. 

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