Darum gehts
- Rebwegüberbauung in Kloten soll abgerissen werden, Mieter wehren sich
- Bewohner kämpfen gegen Kündigung, einige leben seit fast 40 Jahren dort
- Nur 440 von 2200 Quadratmeter der Parzelle sind überbaut
Zwischen Hauptstrasse und Naturschutzgebiet liegt ein kleines, grünes Wohnparadies – zumindest bis jetzt. Die Rebweg-Überbauung in Kloten ZH soll abgerissen werden, in spätestens anderthalb Jahren sitzen sieben Mietparteien auf der Strasse. Das Ziel der neuen Besitzer: mehr Wohnungen.
Doch ganz so einfach lassen sich die Bewohner nicht rausschmeissen. «Wir sind Menschen und keine Renditeobjekte», sagt Dominique Dähler (43). Gemeinsam mit seinen Nachbarn wehrt er sich gegen eine Leerkündigung der gesamten Überbauung. Einige seiner Mitstreiter wohnen seit fast 40 Jahren hier. Dähler gibt sich kämpferisch: «So einfach lassen wir uns nicht rauswerfen!»
Es war ein Schlag aus heiterem Himmel. Mitte September erhalten sechs von sieben Mietparteien der Rebweg-Überbauung in Kloten eine Kündigung. Die Überbauung müsse einem Ersatzneubau weichen – spätestens im März 2027 müssen alle raus. Gerhard Reist (77) ist Bewohner der ersten Stunde. 1986, gerade einmal vier Jahre nach der Fertigstellung, zog er mit seiner Frau hier ein: «Als die Kündigung kam, war ich schockiert. Hier ist unser Zuhause.» Reist kennt Kloten noch aus den alten Tagen: «Hier sah es früher völlig anders aus. Kloten war ein Dorf. Viele alte Häuser sind Neubauten gewichen.» Er macht sich Sorgen um seine Zukunft: «In Stadtnähe ist mittlerweile kaum noch was bezahlbar.»
Seit über 20 Jahren wohnt auch Marcel Rüegg (58) am Rebweg. «Uns wurde gesagt, die Häuser seien marode, darum brauche es einen Ersatzneubau.» Dabei seien 2012 Küchen, Bäder und Wasserleitungen erneuert worden, ein Jahr später die Fassaden: «Schon zuvor gab es neue Fenster, die sehr gut gegen Lärm und Wärmeverlust isolieren.» Die Häuser seien in einem guten Zustand.
Vorbesitzer versprach, es gäbe keinen Ersatzneubau
Wortführer des nachbarschaftlichen Widerstands ist Dominique Dähler. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Beatrice (40) wohnt er erst seit 2022 am Rebweg. Auch er ist schockiert, denn eigentlich habe er vor dem Bezug der Wohnung nachgefragt, ob Sanierungen oder ein Ersatzneubau geplant seien: «Die Antwort war klar: Nein!» Er fühle sich in der Überbauung «endlich angekommen». In der Nachbarschaft helfe man sich gegenseitig: «Wir sind die Rebweg-Family.»
Die nackten Zahlen zeigen: Beim Bau handelt es sich um eine Parzelle, die nicht bis zum letzten Quadratzentimeter ausgenutzt wurde. Nur rund 440 der knapp 2200 Quadratmeter grossen Parzelle sind überbaut. Bei einer vorgegebenen Ausnützungsziffer von 65 Prozent bliebe viel Spielraum für eine grössere Überbauung.
Daraus macht auch die Verwaltung, die Halter AG, kein Geheimnis. Auf Blick-Anfrage schreibt sie: «Angesichts der aktuellen Wohnungsknappheit wäre es nicht verantwortbar, das vorhandene Verdichtungspotenzial an diesem Standort nicht zu nutzen und auf rund ein Dutzend zusätzliche Wohnungen zu verzichten.»
«Punktuelle Sanierung macht keinen Sinn»
Im Infobrief an Dähler argumentiert die Halter AG im Namen der neuen Besitzerin, der Woprom Immobilien AG, allerdings anders: «Die Eigentümerschaft hat in den letzten Monaten durch Fachleute den Zustand der Gebäude auf die bestehende Bausubstanz, aber insbesondere mit Bezug auf haustechnische Einrichtungen, den Energiehaushalt und die Anforderungen an zeitgemässes Wohnen überprüfen lassen.» Eine punktuelle Sanierung mache aufgrund der Erkenntnisse keinen Sinn.
Die Begründung hinke, wie die Bewohner behaupten: «Es gibt keinen objektiven Grund für einen Abriss. Die Bausubstanz ist gut, die Immobilie ist in Topzustand», sagen sie unisono.
Das Ziel der Bewohner ist klar: «Wir fechten die aus unserer Sicht unsaubere Kündigung an. Wir lassen uns nicht einfach so rausschmeissen! Das ist unser Zuhause. Punkt!»