Darum gehts
We have a deal! Nach monatelangem Hin und Her liess sich US-Präsident Donald Trump (79) doch noch umstimmen: Für die Schweiz sollen bald nur noch 15 statt 39 Prozent US-Strafzölle gelten. Das teilte der Bund am Freitagnachmittag mit.
Was zu Beginn noch als Sprint erwartet wurde, resultierte in einem Marathon. Ob Bundesrat, Staatssekretärin oder Wirtschaftselite: Die Schweiz fuhr in den zähen Verhandlungen mit den USA ein stattliches Arsenal auf, um den Zollhammer doch noch abzuschwächen. Blick stellt die wichtigsten Köpfe vor.
Das Bundesratsduo
Seit 2019 ist Guy Parmelin (66, SVP) Wirtschaftsminister. Die Verhandlungen mit den USA sind wohl das härteste Stück Brot, das er in seiner bisherigen Amtszeit kauen musste. Regelmässig war er in Washington (USA) vorstellig. Zuletzt flog Parmelin am Mittwochabend in die US-Hauptstadt.
Neben Parmelin versuchte sich auch die diesjährige Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61, FDP) am Bollwerk Trump – und scheiterte spektakulär. Die Finanzministerin musste nach einem Telefonat mit dem US-Präsidenten nicht nur mitansehen, wie dieser der Schweiz Rekord-Strafzölle aufbürdete, sondern auch, wie er anschliessend im amerikanischen Fernsehen über sie spottete.
Mittlerweile überlässt Keller-Sutter bei den Verhandlungen das Feld dem Wirtschaftsdepartement. Als die Bundespräsidentin zuletzt die neue US-Botschafterin Callista Gingrich (59) in St. Gallen traf, ging es aber mutmasslich ebenfalls um den Zollstreit.
Die Staatssekretärin und der mächtige Unbekannte
Helene Budliger Artieda (60), Chefin des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), kann dieses Jahr wohl kaum mit ihrem CO2-Fussabdruck angeben. Die Staatssekretärin bestritt die Pendelstrecke Bern-Washington regelmässig, um sich mit Vertretern der US-Regierung auszutauschen.
Als rechte Hand dient ihr Philippe Lionnet (39). Der Seco-Ressortleiter für Freihandel ist im Zollstreit der Chefunterhändler – und grosser Unbekannter in den Rängen des Bundes. Der promovierte China-Experte mit perfekt getrimmtem Bart zeigt sich in der Öffentlichkeit kaum, auf offiziellen Bildern fehlt von ihm jede Spur. Immerhin: An der Medienkonferenz zum abgeschlossenem Zoll-Deal sass er in der ersten Reihe und beantwortete Fragen. Welchen Einfluss hatte das Phantom beim US-Poker?
Die Genf-Connection
Eine Milliardären-Delegation greift dem Bund unter die Arme: Am 4. November sassen mehrere Schweizer Wirtschaftsbosse im Oval Office von US-Präsident Donald Trump. Ein Besuch aus Eigennutz? Höchstwahrscheinlich. Jedoch auch einer, der den Verhandlungen zuträglich schien. Trump war das Treffen «eine grosse Ehre», wie er danach auf seiner Plattform «Truth Social» kundgab.
Die Dankbarkeit war dabei möglicherweise auch den Mitbringseln geschuldet: Die Unternehmer schenkten dem US-Präsidenten unter anderem eine Rolex-Uhr und einen Goldbarren mit einer eingravierten Widmung.
Strippenzieher des Trump-Besuchs: Diego Aponte (49), Präsident des Genfer Reedereiunternehmens MSC. Das Unternehmen besitzt die grösste Containerflotte der Welt. Beim Wirtschaftsgipfel im Weissen Haus war Aponte zwar nicht anwesend, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Die Schweizer Flotte im Oval Office war jedoch mit zahlreichen anderen Schwergewichten aus dem Rohstoffmekka Genf bestückt:
- Daniel Jäggi (64), der Mitgründer des Genfer Rohstoffriesen Mercuria. Dieser hat seit Jahren im grösseren Stil in die amerikanische Energie-Infrastruktur investiert. Das gemeinsame Vermögen von Jäggi und seinem Geschäftspartner schätzt die «Bilanz» auf 2,2 Milliarden Franken.
- Johann Rupert (75), Präsident des Luxusgüterkonzerns Richemont. Der südafrikanische Milliardär ist auch Inhaber der Spitalkette Mediclinic, zu der in der Schweiz die Hirslanden-Gruppe gehört. Rupert war bereits im Frühling im Weissen Haus, anlässlich des Staatsbesuches des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa.
- Jean-Frédéric Dufour (57), Rolex-Chef. Er konnte bereits im September – während des US Open Finales – mit Trump stundenlang plaudern. Er lud den US-Präsidenten dazu in seine Rolex-Loge ein.
- Marwan Shakarchi (64), der von 1983 bis 2024 MKS leitete. Die Genfer Finanzgesellschaft spezialisiert sich auf Edelmetallverarbeitung und -handel sowie auf die Vermögensverwaltung. Das Unternehmen erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund 70 Millionen US-Dollar. Der gravierte Goldbarren an Trump war Shakarchis Idee.
Der Mormonen-Milliardär
Ebenfalls in der Delegation der Wirtschaftsbosse: Partners Group-Mitinhaber Alfred «Fredy» Gantner (57). Der Zuger Milliardär tauchte als junger Mann bei einem Sprachaufenthalt in den Staaten in die Mormonen-Community ein. Er bezeichnete das einst als ein Schlüsselerlebnis seines Lebens gegenüber Blick. Seine Frau Cornelia studierte in den USA Journalismus und arbeitete beim TV-Sender NBC, sie verfügen über ausgezeichnete Beziehungen.
Gantner fiel im Zollstreit bereits mehrfach auf: Anfang August hatte er Bundespräsidentin Keller-Sutter und Wirtschaftsminister Parmelin nach Washington begleitet – als Mitglied des sogenannten «Team Switzerland». Und einige Wochen danach versuchte er Bundespräsidentin Keller-Sutter persönlich davon zu überzeugen, das Zoll-Dossier niederzulegen und die Verhandlungen Seco-Chefin Budliger Artieda zu überlassen.
Die Gegenseite
An Donald Trump kommt der Bund nicht so schnell ran. Auch nach dem Treffen mit den Schweizer Wirtschaftsvertretern machte der US-Präsident klar: Die Verhandlungen laufen weiterhin über den Handelsbeauftragten Jamieson Greer (46). Der ehemalige Air-Force-Offizier blieb also für den Bund Dreh- und Angelpunkt des Zollstreits.
Als weitere Anlaufstelle dienten den Schweizer Vertretern Handelsminister Howard Lutnick (64) sowie Finanzminister Scott Bessent (63). Beide hatten nach dem Zollschock Parmelin und Keller-Sutter zum Gespräch empfangen. Das gestaltete sich alles andere als einfach: Lutnick war sich nie zu schade, auch medial gegen die Schweiz auszuteilen.