Darum gehts
- Der Zürcher Regierungsrat Mario Fehr kritisiert Justizminister Beat Jans für die Asylpolitik
- Fehr fordert schnellere Asylverfahren und raschere Ausschaffungen
- 10’000 offene Asylverfahren sind beim Bund offen, 6500 Fälle beim Bundesverwaltungsgericht hängig
Mario Fehr (67, Ex-SP) braucht nicht lange, um auf den Punkt zu kommen. Der Zürcher Sicherheitsdirektor teilt gleich aus. Gegen den Bund, vor allem aber gegen Justizminister Beat Jans (61, SP). «Alles erwacht, einsam schläft der Bund», bilanzierte Fehr am Dienstag vor den Medien zum Schweizer Asylsystem.
In Europa bahne sich gerade «eine Art Zeitenwende in der Asylpolitik an», sagte Fehr. Der Bund aber drohe, den Anschluss zu verschlafen. Zweimal pro Jahr lädt der Zürcher Asylverantwortliche zu einer Standortbestimmung. Dass er um klare Worte nie verlegen ist und gern gegen Bern austeilt, ist bekannt. Der Kanton Zürich und seine Gemeinden sind hart gefordert mit der Unterbringung der Asylsuchenden.
Langsames Gericht in der Kritik
Fehr unterlegt seine Kritik allerdings mit Zahlen. Die angekündigten schnelleren Asylverfahren würden nicht wie gewünscht greifen, sagt Fehr. Er spricht von einem leeren Versprechen von Beat Jans. 10’000 offene Asylverfahren gebe es beim Bund, 6500 Fälle seien beim Bundesverwaltungsgericht hängig.
Fehr: «Wenn ich einen Weihnachtswunsch hätte, dann den, dass sich das Bundesparlament das Bundesverwaltungsgericht vorknöpft.» Dieses kommt aus seiner Sicht zu wenig rasch voran.
Folgende Baustellen sieht der Zürcher Sicherheitsdirektor zudem:
- Die EU nannte im Frühling sieben Länder, die als sichere Herkunftsstaaten geführt werden könnten, darunter Marokko, Tunesien oder Ägypten. Die Schweiz müsse nachziehen, so Fehr. Dies sorge für raschere Rückführungen. «Wir fühlen uns, ganz ehrlich gesagt, in dieser Debatte allein gelassen.» Die Kantone würden alles unternehmen, um Leute auszuschaffen, die nicht hierbleiben sollen.
- Anfang 2027 läuft nach fünf Jahren der Schutzstatus S für die ersten Flüchtlinge aus der Ukraine aus. Es stellt sich die Frage nach dem Bleiberecht. Es geht laut Fehr um 48’000 Menschen, die 2027 fünf Jahre hier sind. «Hier muss irgendetwas passieren. Wir wissen aber noch nicht, was. Arbeitsgruppen reichen nicht.»
- Der Kanton Zürich befürchtet auch zunehmende Einreisen, bei denen Asylsuchende vor allem das Gesundheitssystem nutzen wollen. Dies koste die Gemeinden Geld, sagte Jörg Kündig (65, FDP), der höchste Gemeindepräsident des Kantons Zürich.
- Ausschaffungen müssen laut Fehr vereinfacht werden: «Die Diplomatie ist gefordert.» So gebe es ein Problem, Asylsuchende ohne Bleiberecht in die Türkei auszuschaffen. «Beat Jans sollte dringend nach Istanbul reisen», sagte Fehr. Es müssten wieder Sonderflüge möglich sein. Auch bei straffälligen Asylsuchenden aus Afghanistan sei eine Rückschaffung kaum möglich; nur sechsmal sei dies bisher gelungen.
- Ex-SP-Mann Fehr dürfte seine Äusserungen auch mit Kalkül tätigen. «Das Schönreden von Missständen akzeptiert die Bevölkerung nicht mehr», sagte er.
Was der Zürcher an seiner Schelte nicht gross erwähnte: Bundesrat Beat Jans trat eben erst vor die Medien mit Plänen für eine Asylreform. Einige Kritikpunkte sind aufgenommen. Fehr warf Jans allerdings mehrfach und grundsätzlich vor, nur widerwillig und unter Druck vorwärtszumachen. Er sagte aber auch: «Die Hoffnung stirbt zuletzt.»