Darum gehts
- Schweiz schiebt wieder nach Afghanistan ab. Taliban lassen verurteilten Landsmann einreisen
- SEM führte Verhandlungen über künftige Abschiebungen mit Taliban-Vertretern in Genf
- Weitere Rückführungen sollen bald folgen
Bundesrat Beat Jans (61) will kriminelle Afghanen ausschaffen – doch die Taliban machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Im Dezember 2024 scheiterte eine Abschiebung. Zwar flog ein verurteilter Afghane von Zürich über Istanbul nach Kabul – doch die Taliban liessen ihn nicht ins Land, der Mann kam zurück in die Schweiz. Seitdem fand lange Zeit keine Abschiebung mehr statt.
Nun zahlen sich die Verhandlungen der Schweiz mit dem Taliban-Regime aus. Die Schweiz kann wieder nach Afghanistan abschieben. «Ende Oktober wurde ein verurteilter Afghane nach Kabul rückgeführt», bestätigt Hendrick Krauskopf (42), der beim Staatssekretariat für Migration (SEM) den internationalen Bereich leitet. Insgesamt hat die Schweiz sechs kriminelle Afghanen zurückgeführt – fünf letztes Jahr und einen kürzlich.
Dass die Taliban verurteilte Landsmänner wieder einreisen lassen, ist ein Erfolg für das SEM. Dieses hatte im August vier Taliban-Vertreter nach Genf eingeladen und dafür Flug, Hotelkosten und Spesen bezahlt. Ziel der Reise war es, künftige Abschiebungen zu regeln. Knapp 20 rechtskräftig verurteilte Afghanen müssen laut SEM die Schweiz verlassen. «13 von ihnen haben die De-facto-Behörden aus Afghanistan bei ihrem Besuch im August identifiziert», bestätigt Krauskopf.
Weitere Rückführungen sollen folgen
Welche Gegenleistung wollten die Taliban dafür, dass sie nun wieder Straftäter einreisen lassen? «Es gab keine Gegenleistung», betont Krauskopf. «Die Taliban haben ein Interesse daran, konsularische Dienstleistungen zu gewährleisten, damit afghanische Staatsangehörige, die in ihr Land zurückkehren möchten oder müssen, dies aus dem Ausland tun können. Die Gespräche führten zum Schluss, dass es im besten Interesse von Personen ohne Aufenthaltsrecht in der Schweiz ist, in ihr Land zurückkehren zu können, unabhängig davon, ob sie dies freiwillig tun oder nicht.»
Krauskopf rechnet damit, dass die von Kabul bereits identifizierten zwölf Straftäter bald die Schweiz verlassen werden. Wann die übrigen kriminellen Afghanen von Afghanistan identifiziert und ausgeschafft werden können, ist noch unklar. Bis heute weiss das SEM nicht, warum die Ausschaffung letzten Dezember gescheitert war – der Straftäter befindet sich nach wie vor in der Schweiz.
SEM prüft Rückführungen von kriminellen Syrern
Nach Deutschland war die Schweiz das zweite Land in Europa, das Rückführungen nach Afghanistan vornahm, nachdem Kabul in die Hände der Taliban gefallen war. «Zwangsweise Rückführungen sind in der Regel komplexe Vorhaben mit vielen involvierten Partnern», sagt Krauskopf. «Diese Zusammenarbeit muss umsichtig und präzise erfolgen, weil den Operationen sonst kein Erfolg vergönnt ist oder die Realisierung künftiger Operationen gefährdet wird.»
Parallel dazu diskutiert das SEM Rückführungen von kriminellen Syrern. Österreich hat bereits im Juli einen Straftäter nach Syrien abgeschoben; weitere Ausschaffungen hat ein Gericht verhindert. Was macht die Schweiz? «Für straffällige Personen aus Syrien, gegen die eine Landesverweisung ausgesprochen wurde, ist der Vollzug unter bestimmten Umständen zulässig», sagt Krauskopf. «Wir prüfen laufend alle Optionen zur Durchführung von Rückführungen.»