Darum gehts
- SVP fordert regelmässig Statistiken zur Ausschaffung krimineller Ausländer
- Keine einheitliche Praxis bei Landesverweisen trotz Umsetzung seit 2016
- Thomas Aeschi verlangt Zahlen zu Landesverweisen pro Kanton
Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche: Session für Session reichen Wortführer der SVP in Bern den gleichen Vorstoss ein – und verlangen vom Bundesrat eine «Strichli-Liste». Diese soll aufzeigen, wie es um die Ausschaffung krimineller Ausländer steht.
Mit der Anfrage-Flut begonnen hat der ehemalige SVP-Präsident Toni Brunner (51, SG). Nun wird sie von Fraktionspräsident Thomas Aeschi (46, ZG) weitergeführt. Als zu den ausgesprochenen Landesverweisen erste Zahlen vorlagen, erweiterten sie den Fragenkatalog – und wollten wissen, wie viele Landesverweise tatsächlich vollzogen wurden.
Vergangenes Jahr konnte der Bund dazu erstmals Zahlen vorlegen. Trotzdem legt Aeschi nun nochmals nach. Während der laufenden Wintersession will er vom Bundesrat wissen, wie viele Landesverweise pro Kanton verordnet und wie viele davon vollzogen wurden.
Westschweizer Kantone sind lascher
Dazu würde allerdings auch ein Blick in die Statistik genügen. Sie zeigt: Es hat sich noch immer keine einheitliche Praxis zur Anwendung der Landesverweise etabliert – obwohl die Umsetzung der Ausschaffungs-Initiative eigentlich seit 2016 in Kraft ist. Seither müssen Ausländer die Schweiz verlassen, wenn sie nach einer Verurteilung gewisse Delikte begangen haben.
In den Kantonen Zug, Glarus, Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden wurden vergangenes Jahr alle Ausländer, die eine sogenannte Katalogtat begangen haben, auch ausgeschafft. Bei ihnen mussten allerdings nur wenige Massnahmen angeordnet werden – in Zug waren es 14 angeordnete Ausschaffungen, in Appenzell Innerrhoden gar nur eine.
Im Kanton Basel-Stadt – mit 119 straffälligen Ausländern – wurden gut 97 Prozent tatsächlich ausgeschafft, im Kanton Solothurn 96 und im Kanton Bern rund 77 Prozent.
Die Auswertung offenbart: Vor allem in den Westschweizer Kantonen werden deutlich weniger der angeordneten Landesverweise tatsächlich vollzogen. Im Kanton Waadt und in Genf sind es nur rund 45 Prozent, in den Kantonen Neuenburg und Jura nur ein Drittel. Die Statistik zeigt lediglich die Verweise, die bis Ende 2024 vollzogen wurden.
Härtefallklausel macht es möglich
Die Auswertung des Staatssekretariats für Migration (SEM) zeigt weiter, dass die Vollzugsquote nicht bei allen Delikten gleich hoch ist:
- Bei Diebstahl in Verbindung mit Hausfriedensbruch wurden 62 Prozent der Ausländer ausgeschafft.
- Bei Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz waren es fast 70 Prozent.
- Bei Vergewaltigung waren es weniger als die Hälfte und bei verurteilten Mördern nur 38 Prozent.
Ein Grund für die milde Anwendung der Regel ist die sogenannte Härtefallklausel. Diese erlaubt es, dass «ausnahmsweise» von einer Ausschaffung abgesehen wird, wenn ein schwerer persönlicher Härtefall vorliegt. Diesen Passus wollte die SVP mit der Durchsetzungs-Initiative kippen – verlor die Abstimmung 2016 aber klar.
Die zuständigen Kommissionen des Parlaments fordern eine Gesetzesanpassung, wonach die Gerichte die Härtefallklausel künftig weniger oft anwenden sollen. Noch wurde im Bundeshaus dazu kein endgültiger Entscheid gefällt.