Darum gehts
- Massenhafte E-Mails an Ständeräte gefährdeten IT-Infrastruktur des Parlaments
- Politiker bezeichnen Aktion als Cyberangriff und demokratiefeindlich
- Rund 500'000 E-Mails gingen ein, ein Ständerat erhielt etwa 1700
Ein Video-Appell der SP-Nationalrätinnen Tamara Funiciello (35) und Anna Rosenwasser (35) auf Instagram hat vergangene Woche eine schweizweite Empörungswelle ausgelöst. Sie kritisierten, dass der Nationalrat eine zusätzliche Million für den Schutz von Frauen abgelehnt hat. Konkret ging es um die Aufstockung des Budgets zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen, rund 2,5 Millionen Franken. Der Nationalrat wollte nur 1,5 Millionen mehr bewilligen.
Bei einer Petition kamen daraufhin fast eine halbe Million Unterschriften für die zusätzliche Million zusammen. Gleichzeitig wurden die Ständerätinnen und Ständeräte mit einer regelrechten E-Mail-Flut überschüttet. Sie konnten den Entscheid als Zweitrat nämlich noch kippen – so ist es am Ende auch gekommen.
IT-Infrastruktur war gefährdet
Erst jetzt wird bekannt, wie gross das Ausmass die Mail-Aktion war: Laut der Verwaltungsdelegation des Parlaments sind rund 500'000 Mails eingegangen. Eine immens hohe Zahl!
Die koordinierten Mails seien zwar inhaltlich ungefährlich gewesen, heisst es in einer Antwort des Nationalrats auf einen Vorstoss. Allerdings hätte die grosse Menge die Funktionsfähigkeit der E-Mail-Infrastruktur der Ratsmitglieder gefährden können. «Um dies zu verhindern, wurden diverse Massnahmen zur Eindämmung der E-Mail-Flut getroffen», schreibt das Büro.
Die Schutz- und Erkennungsmechanismen hätten zuverlässig funktioniert und seien zusätzlich mit operativen Massnahmen ergänzt worden. «Mit all diesen Massnahmen konnten weitere Einschränkungen für die Ratsmitglieder vermieden und der Betrieb des gesamten Systems garantiert werden.»
«Das war ein Cyberangriff»
Trotzdem waren die Ständeräte und Ständerätinnen bei ihrer Arbeit eingeschränkt. «Ich finde das demokratiefeindlich», sagt FDP-Ständerat Andrea Caroni (45) zu Blick. «Wenn einzelne Bürger oder Gruppen persönliche Mails schreiben oder Petitionen unterzeichnen, ist das natürlich höchst legitim. Das hier aber war eine bewusst schädliche Massen-Aktion. Gemäss Experten waren die meisten Mails samt Absender sogar KI-generiert.»
Ab 18 Uhr bis am nächsten Morgen habe er alle paar Sekunden identische Mails erhalten – teils mit sachfremdem Betreff wie «Börsendaten», sodass man sie kaum filtern konnte. «Das war ein Cyberangriff. Und dass sich bisher niemand dazu bekannte, sagt alles.»
Auch SVP-Ständerat Werner Salzmann (63) war betroffen. Er habe etwa 1700 Mails erhalten. «Das hat mich extrem aufgeregt, weil es meine Arbeit massiv belastete.» Ich erhalte pro Tag etwa 100 E-Mails, die in der Flut untergegangen sind.» Letztlich habe die Aktion also den Kommunikationskanal für andere sabotiert.
Als Mitglied der Verwaltungsdelegation hat Salzmann nun einen Antrag eingereicht, damit die IT den Fall analysiert und allfällige Massnahmen gegen solchen «Mail-Terror» vorschlagen kann.