Umstrittenes Vorkaufsrecht in Zürich – was läuft anderswo?
Hier zittern die Immo-Konzerne vor staatlichen Grossinvestoren

Im Kanton Zürich sollen Städte und Gemeinden bald auch auf dem Wohnungsmarkt mitmischen können. Dadurch soll mehr günstiger Wohnraum entstehen. In anderen Kantonen schnuppern linke Parteien ebenfalls Frühlingsluft.
Publiziert: 13:39 Uhr
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Zürich stimmt am 30. November über das Vorkaufsrecht für die Gemeinden ab.
Foto: Sven Thomann

Darum gehts

  • Zürcher Wohnungsmarkt zittert wegen drohendem Vorkaufsrecht für Gemeinden
  • Initiative für bezahlbare Wohnungen stösst auf Unterstützung und Kritik
  • Lausanne hat das Vorkaufsrecht bisher nur 15 Mal eingesetzt
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

Der Zürcher Wohnungsmarkt zittert. Bald könnten zahlreiche «Grossinvestoren» das Immo-Gefüge des Kantons erschüttern. Der Grund: das drohende Vorkaufsrecht für die Gemeinden.

Mit der Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen», die am 30. November an die Urne kommt, sind laut den Befürwortern im teuren Kanton wieder mehr bezahlbare Wohnungen möglich. Städte und Gemeinden sollen zukünftig Grundstücke und Liegenschaften kaufen können, bevor sie an private Investoren gehen. Zürich wäre erst der zweite Kanton in der Schweiz, der ein solches Instrument einführt. Doch weitere könnten bald folgen.

Werkzeug würde nur selten eingesetzt werden

Neben der SP und verschiedenen Wohnbaugenossenschaften kämpfen in Zürich unter anderem auch Grüne, die Alternative Liste, GLP und die EVP für das neue Instrument. Auch die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch (65, SP), der Winterthurer Stadtpräsident Michael Künzle (60, Mitte) und Barbara Thalmann (59, SP), Stadtpräsidentin von Uster, rühren die Werbetrommel.

In der Immobilienbranche herrscht Unverständnis: Ihnen würde mit dem Vorkaufsrecht quasi ein übermächtiger Konkurrent vor die Nase gesetzt. Das wirke abschreckend – und hemme letztlich gar den Wohnungsbau, warnen sie.

Das Ja-Lager beruhigt: Die neue Regelung würde nur bei problematischen Immo-Deals greifen. Und schlägt eine Gemeinde zu, würde sie natürlich die beteiligten Parteien entschädigen. «Es verliert niemand etwas, aber bezahlbarer Wohnraum wird geschützt», sagte das Komiteemitglied Mark Wisskirchen (62, EVP), Finanzvorsteher in Kloten, gegenüber dem «Tages-Anzeiger».

Vorbild ist der Kanton Waadt

Als Vorbild nennen die Initiantinnen und Initianten oft die Stadt Lausanne. Im Kanton Waadt ist ein ähnliches Vorkaufsrecht bereits seit 2020 in Kraft. In der Westschweiz sind die Grenzen jedoch enger gesteckt, als es in Zürich der Fall wäre: Die Gemeinden dürfen nur eingreifen, wenn damit Sozialwohnungen geschaffen werden, die betroffenen Grundstücke grösser als 1500 Quadratmeter sind und sie sich in einem Bezirk befinden, in dem es weniger als 1,5 Prozent leere Wohnungen hat.

In Zürich hat die Vorlage gute Chancen. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GFS Bern hätte Ende Oktober fast ein Drittel der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ein Ja in die Urne gelegt.

In anderen Hochpreis-Kantonen schnuppern die linken Parteien daher Frühlingsluft: In Genf will der kantonale Mieterverband, dass das bereits bestehende Vorkaufsrecht für Grundstücke bald auch bei Immobilienkäufen angewendet werden kann.

Die grosse Erschütterung wird es wohl nicht

Im Kanton Zug lancierten Grüne, SP, EVP und die Christlichsoziale Partei zusammen mit Mieterverband sowie Wohngenossenschaften vor einigen Wochen ebenfalls eine Volksinitiative mit derselben Forderung. Und auch in der Stadt Luzern wird sich die Stimmbevölkerung aufgrund einer SP-Vorlage nächstens mit dem Vorkaufsrecht auseinandersetzen müssen.

Ein Blick nach Lausanne zeigt: Die grosse Erschütterung im Wohnungsmarkt haben die Immo-Investoren kaum zu befürchten. Die viertgrösste Stadt der Schweiz hat das Vorkaufsrecht bisher spärliche 15 Mal eingesetzt.

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