«Ufos über dunkler Stadt»? Meret Oppenheims Geheimnis
Diese Schweizer Sterne hängen jetzt über Kanzler Merz

Ein Coup für die Schweizer Künstlerin: Im Bundeskanzleramt in Berlin, über dem Regierungstisch, hängt nun ein Werk von Meret Oppenheim. Ihre «Sterne» könnten zu TV-Stars werden – oder sind es schwebende Ufos?
Publiziert: 17:00 Uhr
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Aktualisiert: 17:26 Uhr
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Jede Woche tagt das Kabinett von Bundeskanzler Friedrich Merz im Kanzleramt in Berlin.
Foto: Imago/dts Nachrichtenagentur

Darum gehts

  • Im Berliner Kanzleramt hängt Meret Oppenheims Werk «Neue Sterne» über dem Kabinettstisch
  • Es ersetzt Kirchner-Werk, das für eine Ausstellung nach Bern kam
  • Die geheimnisvollen Sterne sind nun im Zentrum der Macht präsent
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sven AltermattCo-Ressortleiter Politik

Dort, wo die Grossen der deutschen Politik über die wichtigen Fragen streiten, hängt seit kurzem ein Stück Schweizer Kunstgeschichte: Geheimnisvolle Sterne leuchten über Deutschlands mächtigstem Tisch! Im Kabinettssaal des Bundeskanzleramts in Berlin, direkt über dem langen Tisch der Regierung von Kanzler Friedrich Merz (69), prangt ein Werk von Meret Oppenheim (1913–1985).

Das Bild der Schweizer Künstlerin taucht nun regelmässig im Hintergrund von Fotos in den Medien auf. Ein Coup! Doch für Schlagzeilen sorgte bisher nicht das, was jetzt dort hängt – sondern das, was verschwunden ist.

Per Kran aus dem Kanzleramt abtransportiert

Der Hintergrund: Ein Gemälde des Malers Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938) ist im Spätsommer per Kran aus dem Kanzleramt gehoben und nach Bern transportiert worden. Das monumentale Werk «Sonntag der Bergbauern» reiste für eine grosse Ausstellung ins Kunstmuseum Bern. Das Bild hing seit vielen Jahren im Kabinettssaal. 

Das Kunstmuseum Bern dazu: «Einem breiten Publikum ist das Gemälde dadurch bekannt, dass es beinahe Abend für Abend in den deutschen Fernsehnachrichten im Hintergrund der Kabinettssitzungen der deutschen Regierung sichtbar ist.» In der Ausstellung «Kirchner x Kirchner» ist es nun erstmals seit 1933 wieder zusammen mit Kirchners Werk «Alpsonntag. Szene am Brunnen» zu sehen.

Kaum beachtet wurde bisher jedoch, was Kirchners Platz im Herzen der deutschen Politik ersetzt: eine Leihgabe aus der Schweiz – «Neue Sterne» von Meret Oppenheim. Das grossformatige Gemälde der Basler Surrealistin ist eines ihrer Spätwerke und gehört dem Kunstmuseum Bern, das es vorübergehend nach Berlin ausgeliehen hat.

Was will uns Oppenheim damit sagen?

Oppenheims Werk ist schwerer lesbar als Kirchners Bergszene. Zu sehen sind sieben farbige, rhombusartige Formen in einer düsteren Landschaft. Was genau soll das sein? Meret Oppenheim selbst gab keine Antwort. Sie war bekannt dafür, ihre Arbeiten nicht zu erklären. Die Kunst soll für sich selbst sprechen.

Die Interpretationen? Die «NZZ» schrieb einmal über die «Neuen Sterne»: «Wie ausgebreitete Tücher segeln diese bunten Sterne in einer verflüchtigten Landschaft, in der das Solide nur noch dunkle Erinnerung ist.» Und die Kunstkritikerin der Zeitung «Der Bund» fühlte sich vor bald zwanzig Jahren an ein «apokalyptisch anmutendes Gemälde» erinnert. Die sieben leuchtend farbigen Rhomben schwebten «wie Ufos über einer dunklen Stadt».

Vielleicht stellen die Oppenheim-Sterne zwischen Macht und Meinung im Kabinettssaal also einfach still eine Frage: Wer blickt hier noch durch?

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