Darum gehts
- Kantone und Gemeinden fordern schnellere Asylverfahren zur Kostenreduzierung
- Ständeräte planen Verschärfungen im Asylgesetz durch Hintertür
- Hälfte der 1184 Wiedererwägungsgesuche 2024 innerhalb von sechs Monaten gestellt
Kantone und Gemeinden ächzen unter langen Asylverfahren – für sie bringen diese oft hohe Kosten und Schwierigkeiten bei der Unterbringung. Ende Oktober waren schweizweit 21'919 Asylgesuche hängig. Vor allem bei der zweiten Instanz im Asylverfahren, dem Bundesverwaltungsgericht (BVGer), stapeln sich die Fälle.
Zwischen Bund und Kantonen sorgt dies immer wieder für dicke Luft. Besonders seit der Bundesrat sein Sparpaket präsentiert hat – darin ist vorgesehen, dass der Bund den Kantonen weniger lange Beiträge für Geflüchtete zahlt. Damit schiebe der Bund die Kosten im Asylbereich schlicht auf die Kantone ab, kritisiert die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK). Von echten Einsparungen könne keine Rede sein.
Ständeräte wollen strengeres Gesetz
Die Kantone erhalten nun Schützenhilfe von den zuständigen Ständeräten und Ständerätinnen. Quasi durch die Hintertür wollen sie die Asylverfahren beschleunigen, um die Kantone zu entlasten. Dafür haben sie in der Finanzkommission im Rahmen der Behandlung des Sparpakets einstimmig Verschärfungen ins Asylgesetz aufgenommen – der Bundesrat hatte diese gar nicht beantragt.
«Es geht darum, unbegründete Gesuche schnell zu erledigen», sagt Mitte-Ständerat Benedikt Würth (57, SG). Die Kommission will sowohl Wiedererwägungs- als auch Mehrfachgesuche beschränken. Sie sollen sofort abgeschrieben werden, wenn sie innerhalb eines halben Jahres nach einem Asyl- oder Wegweisungsentscheides eingereicht werden.
Der Vorteil des politischen Manövers der Ständeräte und Ständerätinnen: Es geht schnell. Im Rahmen des Entlastungspakets wird das Asylgesetz sowieso aufgeschnürt. Es ist also einfacher, die Änderungen gleich dort vorzunehmen, als einen separaten Gesetzesprozess anzustossen. Ausserdem – so wohl das Kalkül – könnten asylpolitische Verschärfungen eher angenommen werden, wenn sie als Teil eines grösseren Kompromisses verhandelt werden.
Wie viele Gesuche wären betroffen?
Man wolle den Kantonen wenigstens etwas unter die Arme greifen, so Würth. «Die Massnahmen werden die Lastenverschiebung zwar nicht aufwiegen, dafür aber schnell greifen.»
Wiedererwägungs- oder Mehrfachgesuche können von Asylsuchenden genutzt werden, wenn sich nach einem Entscheid neue, wesentliche Fakten ergeben haben. Sind die neuen Informationen relevant für die Anerkennung einer Person als Flüchtling, kann ein neuer Antrag eingereicht werden – also ein Mehrfachgesuch. Wenn die Informationen relevant sind für die Wegweisung einer Person, kann sie ein Wiedererwägungsgesuch stellen – also darum bitten, den Entscheid zur Wegweisung nochmals zu überprüfen.
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat auf Anfrage von Blick eine Auswertung erstellt. Sie zeigt: Die neue Regelung würde vor allem viele Wiedererwägungsgesuche direkt vom Tisch wischen. Die Hälfte der 1184 Gesuche, die 2024 eingereicht wurden, erfolgte innerhalb von sechs Monaten nach dem Vorentscheid. Bei den 2577 Mehrfachgesuchen, die 2024 eingereicht wurden, wären 15 Prozent betroffen.