Guthaben auf Debitkarten anstelle von Bargeld an Asylsuchende: Dieses Vorgehen in der Asylsozialhilfe wird in verschiedenen Kantonen diskutiert. Oft würden Asylsuchende gezwungen, Geld an politische oder religiöse Organisationen oder Schlepperbanden im Ausland zu zahlen. Mit den Karten könne dies unterbunden werden, so die Befürwortenden.
Gegnerinnen und Gegner des Vorhabens warnen, dass die betroffenen Menschen, die sich bereits in einer schwierigen Lage befänden, so noch mehr stigmatisiert und diskriminiert würden. Ein Missbrauch der Gelder sei zudem auch mit Bezahlkarten möglich.
2026 legen erste Kantone los
Im Kanton Zug wurde ein entsprechender Vorstoss im Februar angenommen. Dort sollen bereits ab Anfang 2026 rund 200 bis 400 Asylsuchende eine solche Prepaidkarte erhalten. Der Kanton lädt die Unterstützung in Form von Geldguthaben auf die Karte. Bargeldbezüge sind limitiert und Auslandsüberweisungen gesperrt.
Gleiches gilt im Kanton Schwyz, der gemeinsam mit Zug ein Pilotprojekt mit Bezahlkarten im Bereich der Nothilfe startete. Auch dort sollen ab 2026 die ersten Asylsuchenden mit der Karte ausgestattet werden.
Der bernische Grosse Rat hat Mitte September die gesetzliche Grundlage zur Einführung solcher Bezahlkarten für Asylsuchende gelegt. Die Gesetzesänderungen müssen aber noch durch die zweite Lesung in der kommenden Frühlingssession.
Auch im Aargau geht es vorwärts: Der Grosse Rat hat sich mit 74 zu 59 Stimmen für eine Motion von SVP und FDP ausgesprochen, welche die Abgabe einer personalisierten Bezahlkarte vorsieht.
In Nidwalden überwies der Landrat ein Postulat, das die Prüfung einer Einführung der Karte fordert. Ein Bericht des Regierungsrats soll bis etwa Ende des Jahres vorliegen. Gleiches gilt für den Grossen Rat im Wallis, der ein Postulat an den Staatsrat zum Vollzug überwiesen hat.
Pilotprojekt im Thurgau
Im Thurgau wird indes ein Pilotprojekt vorbereitet, wie es Anfang September hiess. Und im Kanton St. Gallen sollen Debitkarten für Asylsuchende ebenfalls eingeführt werden: Mitte September entschied sich der Kantonsrat dafür. Die Regierung muss das Sozialhilfegesetz nun entsprechend anpassen.
Parallel dazu hat der Kanton eine Standesinitiative eingereicht, die den Bund miteinbeziehen will. Die eidgenössischen Räte sollen Voraussetzungen schaffen, um den Kantonen die finanzielle Sozialhilfe für Asylbewerber in Form von Bezahlkarten zu ermöglichen. Der Ständerat gab dem Anliegen keine Folge – noch muss der Nationalrat darüber entscheiden.
Widerstand gegen Bezahlkarte
Gegen das Vorhaben stellen sich Kantone wie Freiburg: Der dortige Grosse Rat lehnte eine entsprechende Motion mit deutlichem Mehr ab. Bezahlkarten würden viel Aufwand für wenig Ertrag verursachen, so der Tenor der Ratsmehrheit.
Auch der Zürcher Kantonsrat hat eine entsprechende Motion abgelehnt. Eine parlamentarische Initiative zum Thema wurde angenommen – über die daraus ausgearbeitete Vorlage muss das Kantonsparlament aber erneut befinden. Ebenfalls abgelehnt wurden analoge Vorstösse etwa in Basel-Stadt, in Obwalden oder in Solothurn.
Das Tessin wiederum kennt eine Bezahlkarte bereits für Personen, die den Schutzstatus S beantragt haben. Einen Vorstoss für die Einführung für Asylsuchende lehnte der Grosse Rat im September aber ab.
In der Romandie gibt es – abgesehen vom Wallis – kaum Vorstösse für die Einführung der Bezahlkarte. So war das Anliegen etwa in der Waadt und Genf bisher kein Thema.
Im Jura wurde ein entsprechender Vorstoss abgelehnt. Im Kanton Neuenburg erhalten Personen aus dem Asylbereich bereits eine Postfinance-Karte für den Bezug ihrer Sozialhilfe. Da dieses System seit mehreren Jahren besteht, stellt sich die Frage nach der Einführung einer anderen Art von Bezahlkarte derzeit nicht.
Analog dazu war die Bezahlkarte in der Deutschschweiz in Kantonen wie Glarus, Uri, Graubünden, Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden bisher kein Thema.
Sozialdirektoren-Konferenz gegen Einführung
Die Kantone sind sich also uneins. So oder so müssten Empfehlungen zu einer Einführung der Bezahlkarte durch die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren (SODK) erlassen werden.
Im Herbst 2024 hatte sich der Vorstand der SODK einstimmig gegen die Einführung ausgesprochen. Dabei bleibt es, trotz zahlreicher neuer Vorstösse in mehreren Kantonen, wie es auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA hiess. Die SODK lehnt die Bezahlkarte weiterhin ab.
Denn ein Missbrauch von Nothilfegeldern sei auch mit Bezahlkarten möglich. Die Asylsozialhilfe sei zudem schon jetzt sehr tief, hiess es auf Anfrage weiter. Zudem erwartet die SODK einen hohen finanziellen und administrativen Aufwand – nicht nur für die Einführung, sondern auch für den «Betrieb» der Karte.
Auch müsste die Bezahlkarte, so die Überlegungen der SODK, bei den Detailhändlern breit akzeptiert sein, damit eine kantonsweite Abdeckung an Geschäften erreicht werde – und nicht jede Unterkunft einzeln Bezahlkarten beschaffen müsste.
Bund hält sich raus
Auch auf Bundesebene sind die Debitkarten seit längerem ein Thema. So überwies der Nationalrat im September des vergangenen Jahres ein Postulat, das die Prüfung einer landesweiten Einführung der Debitkarte als Zahlungsmittel für Asylsuchende verlangte.
Der Ständerat hatte zuvor ein ähnliches Postulat überwiesen. Da die Kantone für die Auszahlungen zuständig sind, sollte der Bundesrat abklären, wie die Kantone bei der Einführung der Karte unterstützt werden könnten.
In seinem im Juni veröffentlichten Bericht hielt der Bundesrat allerdings fest, dass die Kantone für die Ausrichtung der Sozialhilfe allein zuständig seien. Dem Bund stehe diesbezüglich daher weder ein Weisungs- noch ein Aufsichtsrecht zu. Eine Anpassung im Bundesrecht sei nicht nötig, die Kantone könnten die Bezahlkarten auch so einführen.
Der Bericht des Bundesrates führte weiter aus, dass in einer Umfrage 14 Kantone von höheren Kosten ausgehen, falls die Ausrichtung der Sozialhilfe mittels einer Bezahlkarte erfolgen würde; fünf erwarteten tiefere Kosten.