Darum gehts
- Bundesrat verfehlt Zoll-Deal-Ziel mit den USA, Trump beschert der Schweiz 39-Prozent-Schock
- Landwirtschaft und Fleischimporte sind wichtige Themen in Verhandlungen
- Mercosur-Abkommen: 3000 Tonnen Importfleisch-Kontingent bereits vereinbart
Der Bundesrat hat in den Verhandlungen mit den USA das Ziel eines Zoll-Deals spektakulär verfehlt. US-Präsident Donald Trump (79) bescherte der Schweiz vergangene Woche den 39-Prozent-Schock. Jetzt will die Landesregierung noch retten, was es zu retten gibt.
Doch welche Zugeständnisse sollen dem Bund nun zu einem «noch attraktiveren Angebot» verhelfen? Klar ist: Der grosse Dorn im Auge Trumps ist besonders die Pharmaindustrie. Doch für das republikanische Staatsoberhaupt ist auch die Landwirtschaft ein wichtiger Pfeiler. Müssen für den Deal schlussendlich auch die Schweizer Bauern bluten?
Zitrusfrüchte statt Fleisch
Im gescheiterten Angebot der Schweiz kam die Schweizer Landwirtschaft noch gut weg. Wirtschaftsminister Guy Parmelin (65) und das Verhandlungsteam um Staatssekretärin Helene Budliger Artieda (60) boten nur bei Produkten Hand, wo die Schweiz sowieso importiert: Amerikanische Orangen, Meeresfrüchte oder Nüsse sollten von Zollsenkungen profitieren. Noch hat der Vorschlag bei der US-Regierung nicht gefruchtet.
Der Elefant im Raum war in Bundesbern jedoch die Einfuhr von US-Rindfleisch. Im Gegensatz zu Zitrusfrüchten würde der Bundesrat damit die lukrative Schweizer Fleischindustrie einem Preiskampf aussetzen, befürchteten die bäuerlichen Interessengruppen.
Nach Trumps Entscheid in der Nacht auf den 1. August bleibt es aber still. Während andere Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter bereits auf den Putz hauen, taucht der Bauernverband ab.
Bauernverband taucht ab
Auch auf Anfrage zeigt man sich schmallippig. «Die von den USA verhängten Strafzölle basieren allein auf dem Handelsdefizit», sagt Bauernverbands-Direktor Martin Rufer (48). Die Zölle für sensible Schweizer Landwirtschaftsprodukte wie Fleisch würden daher keine Schuld tragen. «Weitergehende Einschätzungen auf Basis von Spekulationen und das Ausspielen von Sektoren gegeneinander sind nicht sinnvoll.»
Ist die Sorge also verflogen? «Bundesrat Parmelin und das Staatssekretariat für Wirtschaft haben uns zugesichert, dass das Fleisch bei einem möglichen Deal mit den USA nicht angerührt wird», sagt der Zürcher SVP-Nationalrat und Meisterlandwirt Martin Haab (63) zu Blick.
Zumal bereits in dem im Juli abgeschlossenen Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten ein Kontingent von 3000 Tonnen Importfleisch innerhalb des WTO-Kontingents vereinbart wurde. «Das können wir Bauern aushalten und gehen nicht gleich auf die Barrikaden», sagt Haab. «Wenn dann aber auch bei den USA das Fleisch in den Fokus rückt, wird es happig.»
Gibt es dafür mehr Bauern-Subventionen?
Besonders Ex-Diplomat Thomas Borer (68) unterstrich am Sonntag nach dem Zollentscheid, dass ein Entgegenkommen beim Fleisch durchaus gewinnbringend sein könnte. «Landwirtschaftliche Produkte einzubeziehen, ist wichtig für Präsident Trump», sagte Borer im Interview mit CH Media. «Er fühlt sich seinen Wählern im Mittleren Westen verpflichtet.»
Doch wie will dies der Bundesrat bei den sowieso angeschlagenen Landwirtinnen und Landwirten umsetzen? Der freie Handel mit den USA scheiterte bisher am Widerstand der Bauernlobby. «Der Bund muss der Schweizer Landwirtschaft möglicherweise mit weiteren Subventionen entgegenkommen», so Borer. «Diese Kröte muss man wohl schlucken.»
Dreifache Ohrfeige für die Fleischbranche
Für Haab wäre ein Zugeständnis beim Rindfleisch sowieso eine dreifache Ohrfeige. «Durch das Entlastungspaket will die Regierung bereits bei der Fleischbranche sparen», sagt er. So sollen unter anderem die Kontingente für importiertes Rindfleisch zukünftig nicht mehr an die Inlandleistung gebunden werden. Dazu forciere Bundesbern in der Lebensmittel- und Agrarpolitik einen bewussteren Fleischkonsum. «In diesem Zusammenhang plötzlich zollfreies Importfleisch zu erlauben, wäre absurd.»
Ob das US-Fleisch bei den Schweizerinnen und Schweizern überhaupt ankäme, ist sowieso fraglich. Da viele amerikanische Bauern ihre Kühe mit Hormonen zu Höchstleistungen spritzen und auch weitere in der Schweiz verbotene Züchtungsmethoden anwenden, müssten ihre Produkte hierzulande gleich mehrfach deklariert werden.
Nachbessern müsse man also bei anderen Branchen, so Haab. «Beim Fleisch entgegenzukommen, macht den Braten nicht feiss.» Die Pharma- und Goldindustrie seien die Verursacher der Horror-Zölle. «Da muss man nicht die Landwirtschaft opfern.»