Darum gehts
- Franz Grüter verlässt Green.ch und konzentriert sich auf die Politik
- Grüter erlebte technologische Entwicklungen von Modems bis ChatGPT
- Nach 30 Jahren gab er Ende Oktober 2025 den Verwaltungsratsvorsitz ab
SVP-Nationalrat Franz Grüter (62) setzte vor 30 Jahren alles auf eine Karte. «Als wir unsere Firma gegründet haben, blieben mir noch 500 Franken auf dem Konto», sagt er im Gespräch mit Blick. In einer Zeit, in der eine Stunde Surfen acht Franken kostete, gründete Grüter eine Internetfirma, aus der im Jahr 2008 durch die Übernahme der Provider Green.ch wurde. In diesen Wochen nun trat er als Verwaltungsratspräsident zurück. Wie ist es, nach so langer Zeit loszulassen?
In drei Jahrzehnten erlebte Grüter, wie Modems piepsten und ChatGPT aufkam. «Anfangs besuchte ich kleine Firmen und warb wie ein Missionar für E-Mails. Oft hiess es: ‹Wir haben doch Fax!›» Heute unvorstellbar.
«Die ganzen Veränderungen waren extrem», sagt Grüter. Ihm habe Offenheit geholfen. «Ich rate jedem, Neues auszuprobieren. Künstliche Intelligenz kann auch Seniorinnen und Senioren helfen.»
Helfen bald menschliche Roboter im Haushalt?
Die Innovationen werden weitergehen. «Ich glaube, wir werden bald menschenähnliche Roboter haben, die uns im Haushalt helfen. Und das selbständige Autofahren steht vor der Tür.» Angst davor bringe nichts. «Als die Leute noch Kutschen fuhren, hatten auch viele Leute Respekt vor dem Automobil. Doch der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten.»
Grüter selbst setzt jetzt ausschliesslich auf die Politik. «Die Abstimmung über den EU-Unterwerfungsvertrag ist die wichtigste Entscheidung in den kommenden Jahren. Jetzt kann ich mich voll darauf konzentrieren.» Die Schweiz will ihre Beziehungen mit der EU neu regeln. Dabei gibt es neue Spielregeln und Verträge. Die SVP stellt sich dezidiert dagegen, spricht von «Unterwerfungsvertrag».
Sein Parteikollege David Zuberbühler (46) aus Appenzell Ausserrhoden verliess den Nationalrat, um sich seiner Firma zu widmen. Grüter wählt den umgekehrten Weg. «Mit 62 blicke ich dankbar auf mein Lebenswerk. Das ist eine andere Ausgangslage.»
Der Abschied fiel ihm leicht, so der Luzerner. «Es gehört dazu. Ich habe mit Roger Süess einen hervorragenden Nachfolger.» Viele Unternehmen scheitern daran, die alte Führung abzulösen. «Wenn der Chef trotzdem täglich im Betrieb auftaucht und überall mitredet, schadet das der Firma.»
Früh mit der Nachfolger-Suche beginnen
Wichtig sei, früh einen Nachfolger zu suchen. «Man darf nicht warten, bis man 60 oder 70 ist», so Grüter. «Und man muss das Wohl des Unternehmens im Blick haben. Zu oft wird ein Familienmitglied eingesetzt, das weder will noch kann.»
Seine drei Kinder schlugen alle einen anderen Weg ein. «Natürlich sprachen wir beim Znacht darüber, dass ich bald aufhöre, aber das war kein grosses Thema.» Solche Gespräche seien schwierig. «Wer nicht selbst so etwas aufgebaut hat, kann kaum nachvollziehen, wie emotional so ein Abschied ist.»
Schon 2016 gab Grüter die operative Führung ab, blieb aber als Verwaltungsratspräsident. «Darum ist es jetzt nicht ganz so hart. Ich habe noch keine Entzugserscheinungen.» So ganz loslassen kann er die Technik dennoch nicht: Kürzlich reiste er ins Silicon Valley, um selbstfahrende Autos zu testen.