Sperrfrist für Volksbegehren?
SVP-Gartmann will Wiederholungstätern das Handwerk legen

SVP-Nationalrat Walter Gartmann fordert, klar abgelehnte Volksinitiativen für Jahre zu blockieren. Initiativen wie das Tierversuchsverbot sollen nicht mehr rasch neu eingereicht werden dürfen.
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In der Schweiz gibt es keine Sperrfrist für abgelehnte Volksbegehren.
Foto: JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Darum gehts

  • SVP-Nationalrat Walter Gartmann fordert eine Sperrfrist für wiederholte Volksbegehren
  • Initiativen mit weniger als 40 Prozent Zustimmung sollen blockiert werden
  • 2021 lehnten 60 Prozent Trinkwasserregulierungen ab
  • 2022 gab es beim Tierversuchsverbot 80 Prozent Ablehnung
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

Mehr Regulierungen zum Wohle des Schweizer Trinkwassers? Die Idee verwarfen 2021 über 60 Prozent der Schweizer Stimmbevölkerung. Ein Verbot von Tierversuchen? Das lehnten ein Jahr später sogar fast 80 Prozent an der Urne ab. Dennoch: Beide Forderungen kommen bald wieder vors Volk, auch wenn in leicht abgeänderter Form.

Sowohl der Trinkwasserschutz – nun als Teil der Ernährungsinitiative – als auch das Tierversuchsverbot wurden letztes Jahr erneut bei der Bundeskanzlei eingereicht. Ist das direkte Demokratie oder sinnlose Drängelei? Letzteres, findet SVP-Nationalrat Walter Gartmann (56, SG). Er fordert vom Bundesrat eine Sperrfrist, um Wiederholungstätern das Handwerk zu legen.

Nicht alle gescheiterten Initiativen eingeschlossen

Aktuell gibt es für Volksbegehren keine Vorgaben, wenn es um zweite Versuche geht. Gartmann will dies zwar ändern, jedoch nicht gleich in jedem Fall verhindern.

So wäre etwa die Neuauflage der Konzernverantwortungs-Initiative, die dieses Jahr eingereicht wurde, vom Vorschlag des SVP-Parlamentariers nicht tangiert. Die Original-Vorlage scheiterte 2020 trotz 50,7 Prozent Ja-Stimmen am Ständemehr – als erst zweite Volksinitiative überhaupt. Auch Nachschüsse zu angenommenen Initiativen – so etwa die Durchsetzungs-Initiative aus Gartmanns eigener Partei – wären weiter möglich.

Vielmehr soll der Initiativen-Blocker nur für Begehren gelten, die weniger als 40 Prozent Ja-Stimmen erhielten, schreibt Gartmann in seinem Vorstoss. Ein solches Resultat drücke einen «unmissverständlichen Volkswillen» aus. In den letzten Jahren sei aber «vermehrt festzustellen», dass die klar abgelehnten Volksinitiativen oder Referenden in sehr ähnlicher Form rasch erneut vors Volk kämen.

Express-Neuauflagen verheerend für Demokratie

Solche Express-Neuauflagen würden die Schweizer Demokratie untergraben, so Gartmann. Zum einen leide die Glaubwürdigkeit der Entscheide sowie das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik. Zum anderen sorgen sie für Mehrkosten bei Bund und Kantonen. Auch würde mit solchen Vorlagen gar eine generelle Abstimmungsmüdigkeit drohen.

Als Beispiel nennt Gartmann auch die Juso-Erbschaftssteuer. Bereits am Tag der Niederlage sei von den Befürwortern eine weitere Initiative angekündigt worden. «Man zeigt null Respekt gegenüber dem Volkswillen», sagt der Nationalrat zu Blick. Er habe gar bereits mit dem Gedanken gespielt, für solche «Zwängereien» eine Kostenbeteiligung zu fordern. «Aber dies entspricht nicht meinem Demokratieverständnis.»

Bundesrat muss definieren, was als ähnlich gilt

Dennoch: Erneute Abstimmungen über die Versteuerung von Erbschaften oder ein Tierversuchsverbot dürften laut Gartmann zukünftig nicht mehr so schnell passieren. Dafür solle der Bundesrat definieren, wie lange eine Sperrfrist gelten soll und was denn genau als «gleiche oder ähnliche» Vorlage gelte. Ebenfalls sollen allfällige Ausnahmen bei «grundlegend veränderten Rahmenbedingungen» geprüft werden.

Ein einfaches Unterfangen ist das keineswegs: Neben gesetzlichen Anpassungen müsste der Bund nämlich auch die Bundesverfassung abändern. Ob sich die Landesregierung oder das Parlament mit Gartmanns Vorschlag anfreunden können, wird sich nächstes Jahr zeigen.

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