Darum gehts
- Bundesrat will scharfe Schutzklausel bei EU-Zuwanderung
- Vier harte Indikatoren mit Schwellenwerten für Prüfung der Schutzklausel
- Nettozuwanderung-Schwellenwert wurde 2008 und 2013 überschritten
Migrationsminister Beat Jans (60) markiert beim EU-Deal Härte: «Für den Bundesrat war immer klar, dass es gewisse Sicherheiten braucht!» So wie die Schutzklausel, die der Bund neu einseitig aktivieren kann, wenn die EU-Zuwanderung hierzulande zu «schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Problemen» führt.
Damit reagiert Jans auf die in der Bevölkerung spürbaren Ängste rund um die Migration. Er liefert nun die Beruhigungspille, die diese Sorgen vertreiben soll.
Gegenmittel für den Notfall
Für den Notfall hält er allerlei Gegenmitteln parat, die er der Patientin Schweiz verabreichen kann. Vorgesehen sind etwa die Festlegung von Höchstzahlen bei der Zuwanderung oder ein Inländervorrang. Ebenso die Beschränkung des Aufenthaltsrechts bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit oder eine eingeschränkte Aufenthaltsdauer für die Stellensuche. Solche Schutzmassnahmen wären für die gesamte Schweiz oder einzelne Kantone, aber auch für bestimmte Branchen möglich.
Der Bundesrat öffnet den Notfallkoffer aber nur, wenn die Symptome stimmen. Vorgesehen sind vier harte Indikatoren samt Schwellenwerten. Steigen diese innert Jahresfrist ausserordentlich an, muss der Bundesrat die Auslösung der Schutzklausel zwingend prüfen.
Vier harte Indikatoren
Die konkreten Zahlen wird der Bundesrat zwar erst später in einer Verordnung definieren. Das Staatssekretariat für Migration legt aber mögliche Parameter vor:
- Nettozuwanderung: Im Bereich der Zuwanderung setzt der Bund die jährliche EU-Nettozuwanderung ins Verhältnis zur ständigen Wohnbevölkerung. Übersteigt diese den Schwellenwert von 0,74 Prozent, wird die Schutzklausel geprüft. Der Wert wurde seit Einführung der Personenfreizügigkeit zweimal – in den Jahren 2008 und 2013 – überschritten. Nah dran war man damit auch 2023, als der Anteil mit 0,73 Prozent nur knapp unter der Schwelle lag. Gerade mal 1215 Zuwanderer mehr hätten gereicht, um den Schwellenwert zu reissen.
- Grenzgänger: Die Zahl der Grenzgänger wird im Vergleich zur Zahl aller Beschäftigten angeschaut. Bei einem Schwellenwert von 0,34 Prozent wäre die Schutzklausel in den Jahren 2011 und 2022 zur Debatte gestanden.
- Arbeitslosigkeit: Bei der Arbeitslosigkeit wird nicht nur die Arbeitslosigkeit von EU-Staatsangehörigen gemessen, sondern die allgemeine Arbeitslosigkeit in der Schweiz. Eine Zunahme von 30 Prozent als Schwellenwert wäre seit Einführung der Personenfreizügigkeit viermal – 2002, 2003, 2009 und 2020 – überschritten worden.
- Sozialhilfequote: Eine Zunahme der Anzahl Sozialhilfebezüger mit EU-Staatsangehörigkeit um 12 Prozent als Schwellenwert wurde bisher zwar noch nie erreicht. Dennoch will der Bund einen Wert festlegen, «da hier ein hohes Kostenrisiko für die Kantone und Gemeinden besteht».
Bei den vier harten Indikatoren bleibt es aber nicht. Bis Ende Jahr muss Jans ein Monitoring-Konzept vorlegen, in welches weitere Bereiche einfliessen sollen. Beispielsweise in den Gebieten Zuwanderung, Arbeitsmarkt, Wohnungswesen, Verkehr oder soziale Sicherheit.
So könnte der Bundesrat die Schutzklausel in Betracht ziehen, wenn der Leerwohnungsbestand markant sinkt oder der Lohndruck in bestimmten Branchen zunimmt.
Hat der Bundesrat den Mut dazu?
Doch unabhängig von den jeweiligen Indikatoren – die Gretchenfrage bleibt: Ist der Bundesrat auch bereit, im Ernstfall die Notbremse zu ziehen?
Die Hürde dürfte hoch sein, wie Jans mit Blick auf mögliche Nebenwirkungen antönte. «Eine Aktivierung der Schutzklausel muss gut überlegt sein.» So sei die Wirtschaft auf eine gewisse Zuwanderung angewiesen. Die Klausel sieht er daher nur als letztes Mittel, um mit der Migration verbundene Probleme anzugehen. Und diese müssen effektiv auf die EU-Zuwanderung zurückzuführen sein, andere Faktoren wie etwa eine Flüchtlingswelle zählen da nicht.
Die SVP glaubt daher nicht, dass der Bundesrat den Mut hätte, die Schutzklausel zu nutzen. Noch während der Medienkonferenz warf sie Jans «Lug und Trug» vor. Dieser konterte: «So entschieden, wie der Bundesrat die Schutzklausel in den Verhandlungen eingefordert hat, so ist er auch bereit dazu, diese zu aktivieren.»
Im Dezember trafen sich die damalige Bundespräsidentin Viola Amherd (62) und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (66) in Bern, um den Abschluss der Verhandlungen zu feiern. Das sind die wichtigsten Punkte
- Mit dem neuen Abkommen sollen die Spielregeln genauer festgelegt werden: Bei einzelnen Abkommen, wie zum Beispiel der Personenfreizügigkeit übernimmt die Schweiz EU-Recht. Volk oder Parlament können das ablehnen – dann drohen Strafen. Darüber entscheidet schlussendlich ein Schiedsgericht, dass den EU-Gerichtshof beizieht. Entscheiden wird das Schiedsgericht.
- EU-Bürger können in die Schweiz ziehen und hier arbeiten. Der Bund hat hier aber Ausnahmen erreicht, zum Beispiel bei Landesverweisungen für Straftäter und dem Aufenthaltsrecht. Der Lohnschutz soll über ein dreistufiges Konzept gesichert werden. Künftige Anpassungen, die das Schutzniveau verschlechtern, muss die Schweiz nicht übernehmen.
- Die bisherige Schutzklausel bei der Einwanderung wird konkretisiert. Die Schweiz kann sie einseitig aktivieren.
- Künftig dürfen auch ausländische Bahnen wie Flixtrain auf Schweizer Schienen fahren.
- Neue Verträge gibt es unter anderem beim Strom, der Gesundheit oder Lebensmittelsicherheit.
- Die Schweiz darf wieder bei EU-Programmen wie dem Studenten-Austauschprogramm Erasmus mitmachen.
- Die Schweiz überweist ab 2030 jährlich 350 Millionen Franken. Das Geld fliesst in Entwicklungsprojekte in EU-Ländern wie Bulgarien, Estland oder Kroatien.
Zum ausführlichen Artikel geht es hier.
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