Nur ausgesuchter Kreis darf Verträge sehen – und muss schweigen
Jetzt bekommt die SVP Einblick in die Geheimakte EU-Deal

Die Vertragsentwürfe zum neuen EU-Deal sind noch geheim. Ein ausgesuchter Kreis bekommt nun aber doch Einblick. Unter strengen Bedingungen und es gilt Vertraulichkeit.
Publiziert: 23.04.2025 um 13:31 Uhr
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Aktualisiert: 23.04.2025 um 19:29 Uhr
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SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi wird am 7. Mai in die EU-Abkommensentwürfe Einblick nehmen.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Neuer EU-Deal: Geheimhaltung und exklusive Einsichtnahme für ausgewählte Personen
  • Parteien erhalten Zugang zu Vertragsentwürfen unter strengen Bedingungen
  • SVP schickt zwei Vertreter am 7. Mai zur Einsichtnahme ins EDA
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Es ist das bestgeschützte Papier der Schweiz: der neue EU-Deal. Voraussichtlich im Mai werden die endgültigen Texte paraphiert. Öffentlich werden sie aber erst mit dem Start der Vernehmlassung, welche noch vor den Sommerferien erfolgen soll. So lange bleibt der Text geheim. Das sorgte für Kopfschütteln im Bundeshaus.

Bloss: Ausgesuchte Personen erhielten trotzdem Zugang zu den Entwürfen. So etwa Mitte-Ständerat Benedikt Würth (57, SG), wie er auf Anfrage bestätigt. Demnach konnte er ein Mitglied des Sounding Boards begleiten. In Letzterem sind verschiedene Organisationen vertreten, welchem dem Bundesrat quasi als Feedback-Gremium zum EU-Prozess dienen. Er habe die Texte zwar gesehen, so Würth, «bin aber an die Vertraulichkeit gebunden, sodass ich deshalb keine inhaltlichen Angaben machen kann».

Vorzugsbehandlung sorgte für Stunk

Die Vorzugsbehandlung sorgte für Stunk unter der Bundeshauskuppel. Den Ärger bekam auch das Aussendepartement von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis (64) mit. Und es reagierte: Mitte April verschickte der für das Dossier zuständige EDA-Staatssekretär Alexandre Fasel den Parteispitzen eine exklusive Einladung. Je zwei Personen pro Partei dürfen sich die Textentwürfe zum EU-Abkommen anschauen – zumindest die englische Version.

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Allerdings unter Bedingungen: Einsichtnahme gibt es nur vor Ort in einem extra reservierten Büro im Aussendepartement beim Schweizer Chefunterhändler Patric Franzen. Fotos vom Vertragstext dürfen keine gemacht werden. Notizen sind nur handschriftlich erlaubt. Und: Wer sich die Geheimakte anschaut, muss eine Vertraulichkeitserklärung unterschreiben und über die Inhalte schweigen.

Parteien nehmen Einblick

Die Parteien wollen sich die Gelegenheit jedenfalls nicht entgehen lassen. Allen voran die SVP nicht, welche den «EU-Unterwerfungsvertrag» – wie sie es nennt – als einzige Partei vehement bekämpft. Sie schickt Vizepräsidentin Magdalena Martullo-Blocher (55) und Fraktionschef Thomas Aeschi (46) auf Mission. «Wir haben am 7. Mai während der Sondersession einen Termin im EDA – eine Zeitlimite haben wir dabei nicht», sagt Aeschi gegenüber Blick. Gerne hätte die SVP eine grössere Delegation geschickt, was vom EDA aber verwehrt worden sei.

Aeschi weiss auch bereits, auf welche Inhalte er sein Augenmerk richten will. «Wir werden die entscheidenden Kernpunkte genau anschauen.» Dazu zählt er etwa die Formulierungen bezüglich der dynamischen Rechtsübernahme oder in Sachen Schutzklausel und Personenfreizügigkeit. Auch die Rolle des Europäischen Gerichtshofs und die Verbindlichkeit von dessen Urteilen will er genau unter die Lupe nehmen. Die Kohäsionszahlungen von jährlich 350 Millionen Franken stossen ebenfalls auf Aeschis Interesse. «Ich möchte etwa wissen, ob auch eine allfällige Aussetzung der Zahlungen im Vertrag geregelt ist.»

Aeschi erhofft sich von der Einsichtnahme zumindest gleich lange Spiesse für alle Parteien und einen gewissen Informationsvorsprung. «Damit können wir uns auf besser auf die heiklen Punkte konzentrieren und entsprechende Vorarbeiten aufgleisen – haben wir die übrigen Parteien voraussichtlich doch gegen uns.»

Grüne: «Entscheidend sind die grossen Punkte»

Auch die andern Fraktionen lassen sich die Vorzugsbehandlung nicht entgehen. Bei der FDP ist etwa Parteichef Thierry Burkart (49) mit von der Partie. Bei der SP ist die Delegation noch unklar.

Die Grünen wiederum werden zwei Mitglieder der Aussenpolitischen Kommission ins EDA schicken. «Transparenz ist wichtig. Wir werden uns die Texte genau anschauen», erklärt Parteichefin Lisa Mazzone (37). Weniger wichtig seien aber juristische Details bis hinter das letzte Komma. «Entscheidend sind die grossen Punkte samt den inländischen Massnahmen, besonders beim Lohnschutz.»

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