«Eines erlitt einen Sniper-Schuss durchs Wadenbein»
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Verletzungen der Gaza-Kinder:«Eines erlitt einen Sniper-Schuss durchs Wadenbein»

13 weitere sollen kommen – Bund über umstrittene Rettungsaktion
Sieben Kinder und 27 Begleitpersonen aus Gaza auf dem Weg in die Schweiz

Der Bund plant, 20 schwer verletzte Kinder aus Gaza in der Schweiz zu behandeln. An einer Medienkonferenz informierte er über den Stand der humanitären Operation. Kantone wie Aargau und Bern sind dagegen – ebenso die Zürcher SVP-Regierungsrätin Natalie Rickli.
Publiziert: 13:53 Uhr
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Aktualisiert: 18:00 Uhr
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Kinder leiden besonders heftig unter dem Krieg im Gazastreifen – Foto von Mitte August 2025 in Gaza-Stadt.
Foto: Anadolu

Darum gehts

  • Bundesrat plant Aufnahme verletzter Kinder aus Gaza in Schweizer Spitälern
  • Kantone sind uneinig über die Aufnahme der Kinder
  • 20 schwer verletzte Kinder sollen mit Rega und Luftwaffe in die Schweiz gebracht werden
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Der Bundesrat will helfen: 20 schwerverletzte Kinder aus dem Gazastreifen sollen mit der Rega in die Schweiz gebracht und in hiesigen Spitälern gesund gepflegt werden. Der Entscheid ist vor wenigen Wochen publik geworden. 

Am Freitagnachmittag informierten die Verantwortlichen um Vincenzo Mascioli (55), Staatssekretär für Migration, und Lukas Engelberger (50, Mitte), Gesundheitsdirektor des Kantons Basel-Stadt, an einer Medienkonferenz in Bern, wie es mit der humanitären Aktion weitergeht.

Diese sechs Kantone nehmen die Gaza-Kinder auf

Bereits am Freitagmittag waren sieben palästinensische Kinder zusammen mit 27 Begleitpersonen aus der jordanischen Hauptstadt Amman in Richtung Schweiz gestartet. In Flugzeugen der Rega und der Schweizer Luftwaffe sind sie am Abend in Zürich, Lugano sowie Genf gelandet – und kurz nach Landung umgehend in Universitäts- und Kantonsspitäler in folgenden Kantonen gebracht worden:

  • Genf
  • Waadt
  • Tessin
  • Basel-Stadt
  • Luzern
  • St. Gallen

«Die Kinder haben schwere, gravierende Kriegsverletzungen», sagte Mascioli vor den Medien. Dazu gehören Splitterwunden, schwere Brüche oder gar ein Scharfschützenschuss durch das Wadenbein.

In einer zweiten Aktion, voraussichtlich im November, sollen weitere Kinder aufgenommen werden. «20 Kinder mag wenig erscheinen», so Mascioli. «Es ist so, dass diese Hilfe wirklich wichtig ist.» Mehrere Hundert Personen seien gestorben, während sie auf solche Aktionen gewartet haben. Rund 20 andere Staaten hätten solche Aktionen durchgeführt. «Für wen diese Aktion absolut von grösster Bedeutung ist, sind die 20 Kinder selbst.»

Widerstand aus den Kantonen

Bereits in den vergangenen Tagen hatte das Vorhaben des Bundes für Schlagzeilen gesorgt. Die Kantone stehen nämlich nicht geeint hinter dem Entscheid. Basel-Stadt, Tessin, Jura, Neuenburg, Genf und Wallis sagen einer Aufnahme zu. Hingegen lehnen Kantone wie Aargau und Bern ab, die Spitäler für die Kinder zu öffnen.

Im Kanton Zürich sind die 20 Kinder zum Politikum geworden. Gesundheitsdirektorin Nathalie Rickli (48, SVP) lehnte die Aufnahme zuerst ab, wie Blick publik machte. Linke reagierten darauf mit Postulaten und einer Unterschriftensammlung. Der Gesamtregierungsrat hat noch keinen Entscheid getroffen.

«Mein Leben hier ist unerträglich»
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Menschen aus Gaza erzählen:«Mein Leben hier ist unerträglich»

Der zuständige Aargauer Regierungsrat Jean-Pierre Gallati (59, SVP) begründete den ablehnenden Entscheid unter anderem mit Sicherheitsaspekten im Zusammenhang mit der Begleitung der Kinder. Konkret wird befürchtet, dass sich unter den 80 Angehörigen, die die Kinder begleiten, Personen mit Verbindungen zur Hamas befinden können. Andere Kantone lehnen die Aufnahme ab, weil es an nötigen Kapazitäten fehlt.

Sicherheitsbedenken seien unberechtigt

Mascioli versuchte die erhobenen Sicherheitsbedenken zu beschwichtigen: Die Sicherheitsbehörden der Schweiz hätten ihre Arbeit gemacht. Die Personen seien zuvor nach Israel gebracht worden. «Wir können davon ausgehen, falls Zweifel an der Sicherheit bestanden hätten, hätten die Personen nicht nach Israel einreisen können.»

Die Kinder und ihre Begleitpersonen durchlaufen ein Asylverfahren in der Schweiz – in der Regel in dem Kanton, in dem die Kinder in einem Spital medizinisch versorgt werden. Ausnahme ist St. Gallen: Im dortigen Kantonsspital werden zwei Kinder betreut. Der Kanton Appenzell Ausserrhoden nimmt die Verletzten und deren Begleitpersonen in seinen Asylstrukturen auf.

Für die Evakuierung und Transport der gesamten Operation ist laut dem Bund ein Kostendach von 600'000 Franken festgelegt. Die Kosten für die Behandlungen würden von den Standortkantonen der Spitäler oder den Spitälern übernommen, falls sie nicht durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung gedeckt sind.

16:29 Uhr

Ende der Medienkonferenz

Die Medienkonferenz ist zu Ende. Damit endet auch dieser Liveticker.

16:24 Uhr

600'000 Franken für Evakuierung

Ein Journalist fragt nach den Mitteln, die für die Aktion aufgewendet werden. «Wir haben für die Evakuierung und Transport der gesamten Operation ein Kostendach von 600'000 Franken festgelegt», sagt Silvio Flückiger vom Aussendepartement.

16:17 Uhr

«Wir appellieren nicht an die Kantone»

«Nein, wir appellieren eigentlich nicht an die Kantone», sagt Mascioli. Die Kantone stehen nämlich nicht geeint hinter dem Entscheid – einige wollen keine Kinder aufnehmen. 

Bereits vor Entscheidung des Bundes haben Kantone von sich aus ihre Bereitschaft erklärt, an solchen Aktionen teilzunehmen, so Mascioli. «Der Bund ist sicherlich froh, wenn die Kantone bereit sind, die Kinder zu versorgen. Es müssen auch nicht alle Kantone teilnehmen.» Man gehe davon aus, dass die Plätze für die 20 Kinder gesichert seien. Man sei noch in Gesprächen. 

16:14 Uhr

Fünfjähriges Kind mit offener Femurfraktur

Unter den sieben Kindern sei ein fünfjähriges Kind mit offener Femurfraktur, so Antonucci auf Nachfrage. Es habe Kinder mit Beckenfrakturen nach Explosionen. Ein Kind habe ein Scharfschützenschuss durch das Wadenbein erlitten. 

Die medizinischen Informationen über die Kinder seien gering. Auch für die Schweizer Spitäler würde die Behandlung eine Herausforderung. Mädchen und Buben seien unter den Kindern etwa gleich vertreten.

16:09 Uhr

4000 Kinder warten auf Evakuierung – wie wird selektioniert?

Valerio Antonucci ist operativer Leiter «medizinische Evakuierung Gaza» beim Verteidigungsdepartement. Er erklärt, nach welchen Kriterien die Kinder selektioniert wurden. Etwa 4000 Kinder seien auf der Evakuationsliste. Schon vor Ort werden sie auf eine Prioritätenliste gesetzt. Weiter schauen die Länder, die Patienten aufnehmen, auf Kriterien wie Transportierbarkeit und dass man Familien nicht auseinanderreisse. Niemand würde gegen seinen Willen aus dem Land geschafft.

Der Zwischenstopp in Jordanien sei auch dafür da, die Patienten nochmals zu begutachten. Gestern Abend sei man erneut durch jedes Patientendossier gegangen und die letzten Informationen seien durchgegeben worden. Die Zuteilung an die Kantone erfolge gemäss medizinischen Kriterien. 

16:02 Uhr

Flückiger erklärt Ablauf der Operation

Silvio Flückiger, stellvertretender Leiter Humanitäre Hilfe und Chef Operationen beim Aussendepartement, erklärt nun die Schritte der Operation. Das Aussendepartement sei zuständig für die Evakuation und den Transport in die Schweiz. Rasch sei klar geworden, dass man ein Transitland brauche, um die Kinder medizinisch zu stabilisieren und die Angehörigen über die Ausreise in die Schweiz zu informieren. Dafür sei Jordanien ausgewählt worden. Andere Länder hätten damit gute Erfahrungen gemacht, und in Amman habe die Schweiz eine Botschaft. 

«96 Prozent der Gesundheitseinrichtungen im Gazastreifen sind gemäss WHO zerstört», so Flückiger. 15'000 Personen warten auf eine medizinische Evakuation. Im Umfang von 125 Millionen Franken leiste die Schweiz seit Kriegsbeginn Hilfe vor Ort. Wegen der Situation vor Ort sei die Schweiz bereit, ein zusätzliches Hilfspaket von 2 Millionen Franken zu schnüren. Das hat Bundesrat Cassis gestern verkündet. Die Evakuation würde die Hilfe vor Ort ergänzen. 

15:58 Uhr

«Wollen humanitäre Verantwortung wahrnehmen»

Jetzt spricht Lukas Engelberger, Gesundheitsdirektor des Kantons Basel-Stadt. Der Kanton hat Bereitschaft erklärt, Kinder aus Gaza aufzunehmen. «Der brutale Angriff auf Israel hat uns schockiert.» Man nehme grosse Anteilnahme am Konflikt, der daraufhin ausgebrochen ist. Besonders Kinder im Gazastreifen seien auf Hilfe angewiesen. «Wir wissen, dass wir nur einen kleinen Teil der Betroffenen erreichen können. Wir wissen aber auch, dass wir nicht allein tätig sind.» Die Aktion stehe in der humanitären Tradition der Schweiz. «Wir wollen bei dieser Gelegenheit unsere humanitäre Verantwortung wahrnehmen.» 

15:54 Uhr

Mascioli spricht zu Sicherheitsbedenken

Die 34 Personen, die heute ankommen würden, seien sieben Kinder und mehrere Begleitpersonen. Mascioli nimmt Bezug auf Sicherheitsbedenken, die zuvor geäussert wurden. Die Sicherheit sei hoch gewichtet worden, und die Sicherheitsbehörden der Schweiz hätten ihre Arbeit gemacht. Die Personen seien zuvor nach Israel gebracht worden. «Wir können davon ausgehen, falls Zweifel an der Sicherheit bestanden hätten, hätten die Personen nicht nach Israel einreisen können.»

In einer zweiten Aktion voraussichtlich im November sollen weitere Kinder aufgenommen werden. «20 Kinder mag wenig erscheinen», so Mascioli. «Es ist so, dass diese Hilfe wirklich wichtig ist.» Mehrere Hundert Personen seien gestorben, während sie auf solche Aktionen gewartet haben. Rund 20 andere Staaten hätten solche Aktionen durchgeführt. «Für wen diese Aktion absolut von grösster Bedeutung ist, sind die 20 Kinder selbst.»

15:50 Uhr

«Kinder haben schwere, gravierende Kriegsverletzungen»

«Wir wissen alle, wie gross das menschliche Leid im Nahen Osten ist», beginnt Vincenzo Mascioli, Staatssekretär für Migration. Der Entscheid gehe auf einen gemeinsam gefällten Entscheid von drei Bundesräten zurück: von Beat Jans, Ignazio Cassis und Martin Pfister. 

«Das war eine komplexe und anspruchsvolle Aktion.» Momentan sei sie in einer kritischen Phase: Flugzeuge der Rega und der Luftwaffe sind derzeit in der Luft. Die Kinder würden kurz nach Landung umgehend in sechs verschiedene Spitäler gebracht. «Die Kinder haben schwere, gravierende Kriegsverletzungen.» Insbesondere auch Splitterverletzungen. 

Die Flugzeuge landen in Zürich, Lugano und Genf.

15:45 Uhr

Sieben Kinder aus Gaza und Angehörige kommen bald in der Schweiz an

Sieben palästinensische Kinder sind am Freitagmittag von Amman in Jordanien Richtung Schweiz gestartet. Sie sollen in mehreren Kantonen medizinisch versorgt werden. Mit dabei sind auch 27 Begleitpersonen der Kinder, wie der Bund am Nachmittag mitteilte.

Wie die Nachrichtenagentur Keystone-SDA aus gut informierten Quellen weiss, waren die Kinder und deren Angehörige am Mittwoch vom Gazastreifen nach Jordanien gebracht worden. Nun – zwei Tage später – werden sie in die Schweiz geflogen.

Drei Rega-Flugzeuge

Über den Fluginformationsdienst Flightradar24 sind derzeit drei Rega-Flugzeuge unterwegs von Amman in die Schweiz. Sie starteten zwischen 13.30 und 14 Uhr in der jordanischen Hauptstadt. Ein Flugzeug soll kurz nach 17 Uhr in Lugano landen, zwei Maschinen sollen kurz vor 18 Uhr Zürich erreichen.

Die Flüge sind Teil einer seit längerem geplanten humanitären Operation. Diese findet in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Médecins Sans Frontières (MSF) und der Schweizerischen Rettungsflugwacht (Rega) statt.

Asylverfahren in der Schweiz

Nach Ankunft in der Schweiz werden die Kinder in Universitäts- und Kantonsspitäler der Kantone Genf, Waadt, Tessin, Basel-Stadt, Luzern und St. Gallen gebracht und dort medizinisch behandelt. «Sie leiden alle unter Kriegsverletzungen und benötigen sehr spezialisierte medizinische Behandlungen», hiess es in der Mitteilung.

Die Kinder und ihre Begleitpersonen durchlaufen ein Asylverfahren in der Schweiz – in der Regel in dem Kanton, in dem die Kinder in einem Spital medizinisch versorgt werden. Ausnahme ist St. Gallen. Im dortigen Kantonsspital werden zwei Kinder betreut. Der Kanton Appenzell Ausserrhoden nimmt die Verletzten und deren Begleitpersonen in seinen Asylstrukturen auf.

Die Kosten für die Behandlungen werden von den Standortkantonen der Spitäler oder den Spitälern übernommen, falls sie nicht durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung gedeckt sind, wie der Bund weiter mitteilte.

Die Vorbereitungen für eine zweite Operation und die Evakuierung von 13 weiteren Kindern und ihren Begleitpersonen laufen laut den Behörden bereits.

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