Palantir-CEO Alexander Karp zeichnet ein düsteres Bild von Europa
«Ich will, dass es der Schweiz gut geht»

Alexander Karp, CEO des amerikanischen Tech-Unternehmens Palantir, spricht ungefiltert über Europas Schwächen, über die Stärke der Schweiz und sein Bekenntnis zu westlichen Werten. Sein Fazit: Europa schläft, die Schweiz sollte nicht mitträumen.
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Alexander Karp (r.) gehört zu den einflussreichsten Tech-CEOs. Hier trifft sich der Palantir-Chef mit Tesla- und X-CEO Elon Musk im US-Kapitol in Washington – auf Einladung des New Yorker Senators Chuck Schumer.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Palantir-CEO Alexander Karp zeigt sich offen und warnt die Schweiz
  • Karp sieht Europa in einem gefährlichen Dämmerschlaf und kritisiert Migrationspolitik
  • Palantir wurde 2003 gegründet und arbeitet mit westlichen Armeen zusammen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Peter HossliReporter & Leiter Journalistenschule

Das Haar zerzaust, das Deutsch makellos: Der Amerikaner Alexander Karp (58) führt ein High-Tech-Unternehmen, das westliche Armeen mit Software versorgt, die hilft, Kriege zu gewinnen. Er gilt als hochintelligent, ist Legastheniker und spricht lieber über Filme und Literatur als über künstliche Intelligenz.

In der neuen Ausgabe des Magazins «Interview by Ringier» zeigt sich der geheimnisumwitterte Palantir-CEO ungewohnt offen. Er zeichnet ein düsteres Bild Europas, lobt die Schweiz – und warnt sie vor einer Annäherung an die EU.

Er mag unser Land

Sich selbst beschreibt er als «konventionellen Rechts-der-Mitte-Schweizer», so Karp, der in Frankfurt Philosophie und an der Stanford University Recht studiert hat. «Mir gefallen eure Schulen, eure Sicherheit, eure direkte Demokratie», sagt der Milliardär. Das Land liege ihm am Herzen. «Ich will, dass es der Schweiz gut geht. Sonst würde ich ja nicht mit Ihnen reden.»

Das Geschäftsmodell von Palantir fasse er gegenüber Kunden gern knapp zusammen: «Wir sind wie ein Schweizer Unternehmen. Wir bauen gute Produkte und wollen dafür anständig bezahlt werden.»

Gemeinsam mit dem deutsch-amerikanischen Risikokapitalisten Peter Thiel (58) gründete er 2003 Palantir – als Reaktion auf die islamistischen Anschläge vom 11. September 2001 in den USA. Die beiden wollten Software entwickeln, die künftig Terroranschläge verhindern kann.

«Uns prägt der Kulturkreis der Schweiz»

Kulturell, sagt Karp, sei Palantir weit mehr als ein amerikanisches Unternehmen. «Uns prägt der Kulturkreis der Schweiz, von Liechtenstein, Österreich, Bayern und Tirol», erklärt er beim Treffen in Sun Valley, Idaho. Für den Erfolg der Firma sei insbesondere das «Alemannische» entscheidend: «Die Fähigkeit, in die Tiefe zu gehen. Sich bewusst zu sein, dass Tiefe keine Entschuldigung ist für unbrauchbare Produkte.»

Bewusst arbeite das Unternehmen im Stillen: «Quiet in the streets, hard in the sheets» sei das, was Palantir mache: unauffällig, aber wirkungsvoll. «Was ja auch sehr schweizerisch ist. Ihr wollt nicht auffallen, aber was ihr macht, ist ausgezeichnet.» 

Während vielerorts die Dominanz amerikanischer Tech-Konzerne kritisiert wird, sieht Karp Europa in einem gefährlichen Dämmerschlaf. «Dort fehlt vielen das Bewusstsein für diese Entwicklung – und damit die Bereitschaft, sich ihr zu stellen.»

Scharf fällt seine Kritik an der europäischen Migrationspolitik aus. Karp spricht von einer politischen Klasse, die den Kontakt zur Realität und zur eigenen Bevölkerung verloren habe. «In Europa klafft eine Lücke zwischen dem, was die Bürger denken, und dem, was die Politiker behaupten. Sie tun so, als gäbe es das Problem nicht», analysiert er.

Er redet ohne Umschweife

Hinter verschlossenen Türen, sagt er, klängen dieselben Politiker anders. Migration beeinflusse Kriminalität, soziale Integration und Kapitalströme. Dass darüber nicht offen gesprochen werde, führe zu «seltsamen politischen Bewegungen, die zwangsläufig entstehen, weil niemand die Wahrheit ausspricht». 

Mit europäischen Entscheidungsträgern redet Karp ohne Umschweife. «Ich sage ihnen: ‹Die Situation in Europa ist düster. Wenn ihr das nicht anerkennt, bleibt sie düster.›» Deutschen Politikern, die ihn danach bisweilen aus dem Büro werfen, hält er entgegen: «Man betrachtet euch wie die Innenstädte in Amerika.»

Der Schweiz rät er, für sich selbst zu schauen. «Ich hoffe, dass sich Europa verändert, aber ich kann das nicht erkennen. Daher sollte die Schweiz eine engere Allianz mit den USA anstreben.» Eine engere Anbindung an die Europäische Union hält er für einen Irrweg. «Ich sage nicht, was richtig oder falsch ist. Ich sage nur: Es wird nicht funktionieren.»

Die Einwanderungspolitik sollte die Schweiz ändern. «Sie muss auf hochqualifizierte Zuwanderung setzen, wie Singapur das macht – und nicht jedem Europäer freien Zugang gewähren», sagt Karp und illustriert seine Kritik: «Einer meiner Mitarbeiter hier bei Palantir spricht perfekt Deutsch, hat Schweizer Vorfahren und würde gern in die Schweiz gehen. Aber das ist schwierig, weil er Amerikaner ist.»

Die moralische Kraft des Westens

Karp ist überzeugt von der moralischen Kraft des Westens. «Glaube ich an die westliche Überlegenheit mit Amerika an der Spitze? Ja. Sie ist nicht gottgegeben, aber das Beste, was wir erreichen können.» Aus dieser Haltung leitet er Palantirs umstrittene Zusammenarbeit mit Armeen und Geheimdiensten ab. «Wer seinen Willen nicht militärisch durchsetzen kann, überlässt das Feld anderen moralischen Systemen», sagt er. «Amerika muss stark bleiben – und diese Macht möglichst selten einsetzen. Nur so bleibt unsere Moral auch in 100 Jahren erhalten.»

Zum westlichen Block zählt Karp ausdrücklich auch Teile des Nahen Ostens: «Neben den traditionell westlichen Ländern auch Saudi-Arabien, die Emirate, Bahrain – und Israel.»

Mit China, Russland oder Iran jedoch kooperiert Palantir nicht: «Aus moralischen Gründen. Ich will, dass der Westen stark ist.»

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