Nervenkrieg um Zoll-Deal
Hat Trump die Schweiz vergessen?

US-Präsident Donald Trump hat für den 1. August höhere Zölle auf Importe aus zahlreichen Ländern angekündigt – falls bis dahin keine Einigung mit deren Regierungen erzielt wird. Die Schweiz wartet weiter. Bis zur letzten Minute? Blick hat sich in Bern umgehört.
Publiziert: 16:50 Uhr
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Aktualisiert: 22:39 Uhr
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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Donald Trump schlossen am Sonntag in Schottland ein Handelsabkommen.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Schweiz wartet auf Klarheit über US-Zölle, Frist läuft am 1. August ab
  • US-Zölle von 31 Prozent drohen, Handelskammer hofft auf 10 Prozent oder weniger
  • US-Handelsminister erklärt, dass es nach dem 1. August keine weiteren Verlängerungen geben werde
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

Vietnam, Japan oder die EU haben, was sich die Schweiz wünscht: Klarheit über die künftigen US-Zölle!

Ausgerechnet am Schweizer Nationalfeiertag läuft die Nachfrist im Streit um US-Strafzölle ab. Länder, die sich bis dahin nicht mit der US-Regierung einigen, müssen mit Vergeltungsmassnahmen rechnen. Schweizer Exporteure könnten ab dem 1. August mit Zöllen von bis zu 31 Prozent belegt werden.

War Trump mit anderem beschäftigt?

Öffentlich geben sich zahlreiche Wirtschaftsvertreter zuversichtlich, dass in letzter Sekunde doch noch eine Einigung erzielt wird und die Schweiz vielleicht doch noch mit niedrigen Zöllen rechnen kann. Rahul Sahgal (47), der Chef der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer, sagte gegenüber der «NZZ», dass sich US-Präsident Donald Trumps (79) Aufmerksamkeit in den letzten Tagen auf andere Dinge verlagert habe, etwa die Verhandlungen mit Japan oder die Epstein-Affäre. 

Er hofft auf baldige Klarheit aus Washington, die Schweiz habe ja gut verhandelt: «Ich halte es für realistisch, dass die Schweiz einen Zusatzzoll von 10 Prozent oder weniger erhält.»

Was ist mit dem guten Draht zu Trump passiert?

Gespannt schaut die Schweizer Exportwirtschaft auch auf Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61). Jüngst sagte sie, nach einem Gespräch mit Trump, im Interview mit Blick: «Ich fand offensichtlich den Zugang zu ihm.» Doch was ist seither mit ihrem guten Draht passiert?

Im Mai traf sie in Genf den US-Finanzminister Scott Bessent (62). Danach verkündete sie stolz, die Schweiz werde «eines der nächsten Länder» sein, mit denen eine Einigung im Zollstreit erzielt werde. Seither hält sich die Bundespräsidentin zurück – und auch die Verwaltung in Bern gibt sich abwartend. Hat Trump die Schweiz etwa vergessen?

Den letzten Deals, die Trump abgeschlossen hat, gingen meist persönliche Gespräche voraus. So traf EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (66) den US-Präsidenten am Sonntag – kurz darauf wurde bekannt, dass die meisten EU-Importe «nur» mit 15 Prozent Zoll belegt werden.

Die Schweiz hingegen hat keinen Termin mehr – und auch die Parlamentarier der aussenpolitischen Kommissionen tun derzeit vor allem eines: abwarten und hoffen, dass der Zoll-Hammer doch noch abgewendet werden kann.

Mischt sich der Kongress noch ein?

Allerdings scheinen nicht alle in der Verwaltung über das Schweigen der USA traurig zu sein. Blick hat sich in Bern umgehört. Namentlich will sich zwar niemand zitieren lassen – doch Involvierte weisen darauf hin, dass viele Deals nicht besonders gut ausgefallen sind.

Ab dem 1. August erheben die USA etwa Zölle von 19 Prozent auf Importe aus den Philippinen. Im April waren auf Trumps berüchtigter Zoll-Tafel noch 17 Prozent vorgesehen. Der Deal fiel also nicht zugunsten von Präsident Prabowo Subianto (73) aus – obwohl er eigens ins Weisse Haus gereist war.

Was andererseits etwas Hoffnung macht: Die Schweiz befinde sich in einem Ländertopf mit trumpfreundlichen Staaten wie Argentinien oder Israel, heisst es in Bern – und man hoffe, sich irgendwie noch durchschleichen zu können.

Zudem wird in Bundesbern gemunkelt, dass die rechtliche Grundlage für die US-Zölle auf wackeligen Beinen stehe – und vom Kongress oder von Gerichten noch angegriffen werden könnte.

US-Handelsminister Howard Lutnick (64) erklärte in der Sendung «Fox News Sunday», dass es nach dem 1. August keine weiteren Verlängerungen oder Nachfristen geben werde. Gleichzeitig liess er aber Spielraum erkennen: «Grosse Volkswirtschaften» könnten die Handelsgespräche mit den Vereinigten Staaten fortsetzen, sagte er.

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