Darum gehts
- Ärzte fordern vermehrt Bargeld für Eingriffe, die von der Grundversicherung gedeckt sind
- Patientenorganisationen bezeichnen diese Praxis als rechtlich und ethisch fragwürdig
- 32 Meldungen zu solchen Forderungen gingen in den letzten sechs Monaten ein
Ärztinnen und Ärzte fordern vermehrt Bargeld für Eingriffe. Das berichten Patientenorganisationen in den Tamedia-Zeitungen. 32 Meldungen zu solchen Forderungen gingen in den letzten sechs Monaten bei den sieben Patientenstellen ein, die im schweizerischen Dachverband zusammengefasst sind.
«Diese betreffen die ganze Schweiz, mit einer Häufung im Raum Zürich», sagte Mario Fasshauer, Geschäftsleiter der Patientenstelle Zürich, zu den Tamedia-Zeitungen. Der Arzt oder die Ärztin habe jeweils angegeben, ohne eine Zusatzzahlung erst in sechs Monaten oder überhaupt nicht operieren zu können. Bei den Fällen sei es immer um Eingriffe gegangen, die durch die Grundversicherung gedeckt wären.
«Rechtlich und ethisch fragwürdig»
«Diese Praxis ist für uns ein grosses Ärgernis», sagte Fasshauer gegenüber Tamedia. Solche Forderungen seien rechtlich und ethisch höchst fragwürdig, heisst es in einem Aufruf der Patientenstelle.
Man analysiere derzeit mehrere solcher Fälle. «Die geforderten Summen decken einen breiten Bereich ab, 8000 Franken sind bis jetzt das Höchste», erklärte Fasshauer. Er vermutet eine Zunahme dieser Fälle in letzter Zeit. Besonders betroffen seien Belegärzte, die eigenverantwortlich an Spitälern operieren. Die tatsächliche Verbreitung dieser Praxis ist jedoch unklar, da viele Fälle vermutlich nicht gemeldet würden.
Fachgesellschaften haben keine Kenntnis davon
Wichtig ist die Unterscheidung zu legalen Zuschlägen für Zusatzleistungen (wie Chefarztbehandlung oder Einzelzimmer). Die problematischen Forderungen erfolgen ohne Belege oder vertragliche Grundlage – für Patientinnen und Patienten entsteht dadurch eine heikle Situation. Die Schweizerische Patientenorganisation rät deshalb, solche Zahlungen zu verweigern und eine Zweitmeinung einzuholen.
Die meisten von Tamedia angefragten Fachgesellschaften, Berufsverbände und kantonalen Behörden geben an, keine konkreten Fälle zu kennen. Einzig die Gesundheitsdirektion Zürich berichtet von einigen Beschwerden in den letzten Jahren. «Wir stellten in keinem Fall eine unzulässige Mehrleistung fest», teilt sie mit.
Während einige Stellen die Praxis klar als unzulässig einstufen, sehen andere einen gewissen Spielraum. Die Ärztegesellschaft Zürich verweist auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Krankenversicherungsgesetzes. Beim Kanton Bern heisst es, jeder Fall müsse einzeln geprüft werden.