Darum gehts
- SP-Machtkampf um Zürcher Stadtratssitze und Präsidium hat begonnen
- Mandy Abou Shoak fordert als junge Muslimin die SP-Elite heraus
- Es geht um zwei vakante SP-Sitze in der neunköpfigen Stadtregierung und das Stadtratpräsidium
Der Kampf um die Sitze im Zürcher Stadtrat – und um das Stadtpräsidium – ist entbrannt. Mittendrin steht ein neues Gesicht der Zürcher SP: Mandy Abou Shoak (36). Sie ist jung, eine Person of Color, Feministin und Muslimin – und fordert trotz kurzer Politkarriere die etablierte SP-Spitze heraus.
Am Donnerstagabend wird es ernst für den SP-Shootingstar: Die Delegierten der Stadtpartei bestimmen, wer offiziell für die Partei ins Rennen geht. Konkret geht es um vier der neun Sitze in der künftigen Stadtregierung – und um das Stadtpräsidium, das mit grosser Wahrscheinlichkeit an die SP gehen wird.
Denn: Der Sprung auf das Ticket ist für SP-Mitglieder meist die grössere Hürde als die eigentliche Wahl. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt: Wer von der Partei nominiert wurde, wurde auch gewählt.
Mandy Abou Shoaks direkter Kontrahent im Rennen um das Stadtpräsidium ist der erfahrene Raphael Golta (49). Auf die beiden frei werdenden Sitze im Stadtrat – durch die Rücktritte von Corine Mauch (65) und André Odermatt (65) – schielen zudem Céline Widmer (47), Tobias Langenegger (39) und Gabriela Rothenfluh (50). Der Machtkampf spitzt sich langsam, aber sicher zu. Diese Köpfe sind im Rennen:
Mandy Abou Shoak (36)
Seit 2023 politisiert Mandy Abou Shoak als Zürcher Kantonsrätin. Sie ist gebürtige Sudanesin und als Kleinkind mit ihren Eltern in die Schweiz geflüchtet. Bis sie im April ihre Kandidatur für das Stadtpräsidium bekannt gab, war die 36-Jährige weitgehend unbekannt.
Doch seither steht sie im Rampenlicht. Abou Shoak scheint jenen Menschen Hoffnung zu geben, die sich bisher politisch nicht vertreten oder gesehen fühlten. Sie wäre die erste Stadtpräsidentin mit Migrationshintergrund. So sagte sie selbst zur «Republik»: «Meine ganze Existenz ist politisch.»
Abou Shoak bietet der SP die Chance auf ein diverses Ticket – eines, das die Partei selbst auch gerne von anderen Parteien einfordert. Doch bevor sie Stadtpräsidentin werden kann, muss sie zunächst den Sprung in die Stadtregierung schaffen.
Raphael Golta (49)
Abou Shoaks Vorhaben, direkt vom Kantonsrat ins Stadtpräsidium wechseln zu wollen, kam wohl auch für die Zürcher SP überraschend. Dabei galt es zuvor bereits fast als sicher, dass Raphael Golta – seit elf Jahren Sozialvorsteher im Zürcher Stadtrat – die Nachfolge von Corine Mauch antreten würde.
Nun steht die SP vor einer Richtungsentscheidung: Setzt sie auf eine politische Newcomerin, die das Potenzial hat, neue Wählerschichten zu mobilisieren? Oder vertraut sie auf einen erfahrenen, dossierfesten Politiker, der seit Mauchs Rücktritt als Kronprinz gilt?
Eine heikle Wahl – zu der sich sowohl Delegierte als auch nationale SP-Grössen bislang mehrheitlich nicht äussern wollten. Golta jedoch hat einen entscheidenden Vorteil: Er sitzt bereits seit Jahren in der Stadtregierung.
Céline Widmer (47)
Als direkte Nachfolgerin von Corine Mauch nahm sich Nationalrätin Céline Widmer selbst aus dem Rennen. Aber die Bundesparlamentarierin will gerne in den Stadtrat einziehen. Mit nationaler Bekanntheit und einem guten Netzwerk steht sie dafür in einer Pole-Position. Sie gelte parteiintern als «fleissige Arbeitsbiene», brachte es die «NZZ» auf den Punkt.
Tobias Langenegger (39)
Keine grosse Überraschung war die Kandidatur von Tobias Langenegger. Seit 2015 im Kantonsrat, gilt er als kompromissbereit über Parteigrenzen hinweg – zugleich aber als Politiker mit klar linker Haltung. Seine politischen Schwerpunkte sind Finanzgeschäfte sowie das Thema Wohnen, was in der Stadt Zürich von grosser Bedeutung ist.
Gabriela Rothenfluh (50)
Auch Gabriela Rothenfluh blickt auf eine langjährige Karriere in der SP zurück. Sie ist Präsidentin der Kreisschulbehörde Waidberg, war sieben Jahre Mitglied des Gemeinderats und präsidierte vier Jahre lang die Stadtzürcher SP. Bereits 2018 stand eine mögliche Stadtratskandidatur im Raum – damals sagte sie jedoch ab. Offenbar rechnet sie sich heute bessere Chancen aus.