Leser kommentieren den Entscheid zu Schutzstatus S
«Ich schäme mich für die Schweiz!»

Der jüngste Entscheid zum Schutzstatus S hat die Leserinnen und Leser aufgewühlt. Den einen geht der Beschluss des Bundesrats nicht weit genug, die anderen sind entrüstet darüber, dass er mitten im Krieg getroffen wurde.
Publiziert: 13:43 Uhr
|
Aktualisiert: 13:44 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/5
Der Schutzstatus S wird bis 2027 weiter bestehen bleiben, der Bundesrat hat aber entschieden, dass eine Einschränkung für neue Ukraine-Flüchtende gelten soll.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Der Schutzstatus S wird eingeschränkt, bleibt aber bis März 2027 bestehen
  • Der Entscheid beschäftigt auch die Community
  • Von der Einteilung der Ukraine bis zum Schutzstatus S: Es wird vieles kritisiert
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Eva_Kunz_Senior Community Editorin_Ringier_3-Bearbeitet.jpg
Eva KunzSenior Community Editorin

Seit Mittwoch ist klar: Der Schutzstatus S wird eingeschränkt. Da nach wie vor Krieg herrscht und eine nachhaltige Stabilisierung in der Ukraine weiterhin nicht in Sicht ist, wird der Schutzstatus S bis zum 4. März 2027 bestehen bleiben.

Und so sieht die Einschränkung aus: Für neue Gesuche unterscheidet das Staatssekretariat für Migration (SEM) neu zwischen ukrainischen Regionen, bei denen eine Rückkehr als «zumutbar» beziehungsweise «nicht zumutbar» eingestuft wird. Als Orientierung galt Norwegen. Dort wird die Ukraine in «sicher» und «unsicher» aufgeteilt; derzeit sind es demgemäss 14 sichere westukrainische Regionen. Die Schweiz geht nicht ganz so weit: Der Bund hat 7 der insgesamt 24 Regionen für eine Rückkehr als zumutbar deklariert: Wolyn, Riwne, Lwiw, Ternopil, Transkarpatien, Ivano-Frankivsk und Tscherniwzi.

Die neue Regelung gilt ab dem 1. November für alle Gesuche, die nach diesem Datum geprüft werden. Auch für jene, die davor eingereicht worden sind. Alle, die den Status S bereits erhalten haben, sind von der Neuerung nicht betroffen.

Dass damit eine weitere Debatte in Gang gesetzt wird, zeigt sich schon allein an der Reaktion der SVP: Die bürgerliche Partei wäre weiter gegangen und kritisiert, dass der Schutzstatus S verlängert wird. Das Versprechen einer vorübergehenden Aufnahme und raschen Rückkehr der Geflüchteten werde von der Regierung einmal mehr gebrochen. 

«Unendliche Geschichte der falschen Versprechungen»

Ein Blick in die Kommentarspalte zeigt bei der Leserschaft ein durchwachsenes Meinungsbild zum neuesten Entscheid, aber auch darüber, wie sicher das kriegsgeplagte Land denn nun sei.

Leserin Heidi Zürcher hätte anders entschieden als der Bund und kritisiert dessen Beschluss scharf: «Wieso bezeichnet die Schweizer Regierung nur den kleinsten Teil der Ukraine als sicher?» Nach ihrem Kommentar zu schliessen, würde sie den norwegischen Ansatz begrüssen. «Und wieso werden die hier weilenden Ukrainer aus diesen Regionen nicht sofort zurückgeschickt? Das sind ja sichere Gebiete.» Zudem vertritt sie den Standpunkt der SVP: Der Schutzstatus S sei rückkehrorientiert, das habe der Bundesrat versprochen.

Auch Thomas Killer stösst sich an der neuen Regelung und wittert weitere Probleme, die auf die Schweiz zukommen könnten. Er befürchtet etwa, dass bereits ab Frühling 2027 die ersten Ukrainer eine B-Bewilligung beantragen werden. «Damit wird der vorübergehende Schutz endgültig zur permanenten Belastung», kommentiert er. «Die unendliche Geschichte der falschen Versprechungen setzt sich fort.» 

«Es geht nicht um Siesta»

Gegen den Schutzstatus S – aber aus Diskriminierungsgründen – ist die Leserin Laura Amacher. Er sei «eine grobe Diskriminierung für alle anderen Flüchtlinge», schreibt sie. «Es gibt keine ‹wichtigeren› Flüchtlinge.»

Im Diskurs um den Schutzstatus S gibt es auch immer wieder die Kritik, aufgenommene Geflüchtete, die temporär in die Ukraine reisen, würden dies aus Spass tun und um Ferien zu machen. Leser René Buser äussert sich dazu sichtlich aufgebracht: Er habe mit Menschen aus der Ukraine zusammengearbeitet: «Wenn diese dorthin reisen, geht es nicht um Siesta, sondern darum, nach Angehörigen zu schauen …»

Nicht wenige Kommentatorinnen und Kommentatoren zeigen sich primär über die Einteilung der Ukraine entrüstet. Sven Garry schreibt dazu: «Das ist nur noch lächerlich ...». Wie man auf der Karte zu den als «zumutbar» deklarierten Regionen sehe, gelte Lwiw als sicher. «Ja ... ?», empört er sich. «Letzte Woche sind dort Bomben gefallen und Menschen getötet worden – und nicht nur letzte Woche, während des ganzen Krieges immer wieder ...»

Eine ähnliche Sicht darauf hat Leser Stefan Schenker. Er schreibt sichtlich aufgebracht: «Ist der Krieg in der Ukraine denn schon vorbei, um überhaupt diese Diskussion führen zu können?!» Solange täglich Bomben und Drohnen kreuz und quer über das Land flögen und zivile Einrichtungen zerstört würden, sei kein Quadratmeter dieses Landes sicher. «Das interessiert die SVP aber 0,0 …»

Bund soll genauer hinschauen

«Unglaublich!», kommentiert Roger Levy. «Da sitzt also ein Bundesrat in seinem sicheren Büro und entscheidet über Krieg und Frieden beziehungsweise über Angst und Hoffnung. Ich schäme mich für die Schweiz!»

Gar etwas zynisch äussert sich Community-Mitglied Ruedi Zimmermann zum neuesten Beschluss des Bundes: «Norwegen und die Schweiz sind wohl die einzigen Länder, die zu wissen glauben, wo die Ukraine sicher ist.» Auch er erwähnt den jüngsten Angriff auf Lwiw. Er schliesst: «Wer den Krieg nur etwas verfolgt, dem ist klar, dass es keine sicheren Gebiete in der Ukraine gibt.»

«Die Ukraine befindet sich in einem fatalen Krieg», schreibt auch Edith Andrea Prêtre, «und sie brauchen unsere Hilfe, Unterstützung!» Dennoch findet sie, die Schweizer Regierung solle genauer hinschauen. «Und kontrollieren, welche Menschen aus der Ukraine unsere Hilfe, Unterstützung brauchen!»

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen
      Meistgelesen