Darum gehts
- Bundesverwaltungsgericht: Wegweisung nach Griechenland für anerkannte Flüchtlinge zulässig und zumutbar
- Mangelnde Sprachkenntnisse keine Rechtfertigung für fehlende Bemühungen um Integration
- Afghanische Familie lebte 30 Tage in Container, dann 1,5 Monate in Zelt
Das Bundesverwaltungsgericht hält in einem am Donnerstag publizierten Urteil fest, dass es für anerkannte Flüchtlinge in Griechenland nach wie vor diffizil sei, sich eine Existenzgrundlage zu schaffen. Für Familien mit Kindern sei es insbesondere schwierig, eine Wohnung zu finden.
Trotz aller Widrigkeiten sei eine Wegweisung aus der Schweiz nach Griechenland zulässig und zumutbar, wenn die Betroffenen keine konkreten Anstrengungen unternommen hätten, um in Griechenland Fuss zu fassen. Diese müssten bei Bedarf bei staatlichen Einrichtungen, Sozialbehörden oder Nichtregierungsorganisationen um Unterstützung anfragen.
Sprachbarriere gilt nicht
Mangelnde Griechisch- oder Englischkenntnisse lässt das Bundesverwaltungsgericht als Rechtfertigung für fehlende Bemühungen nicht gelten. Es verweist darauf, dass mit der Hilfe von Übersetzungsapps, Dolmetschern oder Landsleuten mit längerem Aufenthalt durchaus die Möglichkeit bestehe, um mit Behörden oder Mitgliedern von Organisationen zu kommunizieren.
Auch seien auf verschiedenen Websites Informationen in verschiedenen Sprachen verfügbar, die Flüchtlingen als Hilfestellung für das Leben in Griechenland dienen könnten. Dort seien teilweise auch Hinweise auf Anlaufstellen aufgeführt, die Unterstützung bieten würden. Einzig der Verweis auf schwierige Aufenthaltsbedingungen reicht laut Gericht nicht, damit eine Wegweisung unzulässig oder unzumutbar ist.
Afghanische Familie in Flüchtlings-Camp
Im konkreten Fall erachtete das Staatssekretariat (SEM) die Wegweisung eines afghanischen Ehepaars mit zwei minderjährigen Kindern und einer erwachsenen Tochter als zulässig. Die Familie war nach einem fünfjährigen Aufenthalt in der Türkei auf eine griechische Insel weitergereist. Der Name der Insel ist im Urteil anonymisiert.
Sie lebten gut einen Monat in einem Container eines Flüchtlings-Camps, bis die Eltern und die minderjährigen Kinder einen Schutzstatus erhielten. Nach 30 Tagen mussten sie den Container räumen. Weil sie keine Wohnung hatten, lebte die Familie in einem Zelt, das sie hinter dem Camp aufstellte. Dort wartete sie eineinhalb Monate, bis auch die Tochter internationalen Schutz erhielt, wie aus dem Urteil hervorgeht.
Mit Erlangung des Schutzstatus' erhielten sie Ausweisdokumente und die gesamte Familie verliess die Insel Richtung Festland. Dort hatte sie gemäss eigenen Angaben keinen Zugang zu Unterbringungen oder medizinischer Versorgung. Wegen des Elends und der Perspektivlosigkeit habe die Familie entschieden, in die Schweiz weiterzureisen. Das Geld für die Pässe und die Flugtickets hätten sie von verschiedenen Verwandten geliehen.
Das Urteil ist abschliessend und kann nicht beim Bundesgericht angefochten werden.