Kostenexplosion bei der IV
Baume-Schneider will für Junge nur noch «Rente light»

Die IV-Finanzen verschlechtern sich aufgrund eines massiven Anstiegs bei den Neurenten. Die nächste IV-Revision soll deshalb einen Fokus auf junge Menschen richten. Geprüft wird dabei eine «Integrationsleistung» anstelle einer IV-Rente für Junge.
Publiziert: 00:35 Uhr
|
Aktualisiert: 06:45 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/5
Bei den Neurenten macht der Anstieg von jungen Menschen mit psychischer Erkrankung Sorgen.
Foto: imago/Westend61

Darum gehts

  • IV-Finanzen verschlechtern sich aufgrund massiven Anstiegs bei Neurenten
  • Bundesrätin plant neue IV-Revision mit Fokus auf junge Menschen
  • 2023 meldeten sich rund 12'000 Personen im Alter von 13 bis 24 Jahren bei IV an
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
RMS_Portrait_AUTOR_1047.JPG
Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Die IV-Finanzen verschlechtern sich. Grund dafür ist ein massiver Anstieg bei den Neurenten in den letzten zwei Jahren. Lag der Anteil der Neurentner an der erwerbsfähigen Bevölkerung im Jahr 2013 noch bei 2,6 auf 1000 Personen, stieg er letztes Jahr auf 3,7.

Zum jüngsten Anstieg trugen insbesondere Personen mit psychischen Erkrankungen bei. Mittlerweile wird gut jede zweite Neurente aufgrund einer psychischen Krankheit gesprochen, bei jungen Erwachsenen sind es fast zwei Drittel. Experten warnen bereits vor einer «riesigen Welle». Allein im Jahr 2023 meldeten sich rund 12'000 Personen im Alter von 13 bis 24 Jahren bei der IV an, 2800 Neurenten wurden gesprochen.

Hier will Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (61) in ihrer neuen IV-Revision ansetzen. Schon heute gilt zwar der Grundsatz «Eingliederung vor Rente». Doch die Integrationsbestrebungen in den Arbeitsmarkt sollen weiter verstärkt werden. 

Abrutschen in Rente verhindern

Einen Fokus legt sie dabei auf junge Menschen. Diskutiert wird dazu anstelle einer IV-Rente eine «Integrationsleistung, um zu verhindern, dass junge Versicherte früh in die Rente ‹abrutschen›», wie es in amtsinternen Dokumenten der Ämterkonsultation heisst. Dabei ist auch von einer «Integrationsrente» die Rede.

Die Idee dahinter: Junge Menschen, die eine behandelbare Diagnose erhalten, könnten einen neuen Status bekommen. Zur Diskussion steht eine Entschädigung, die allenfalls tiefer ausfallen könnte als eine IV-Rente und befristet wäre. Die Integrationsleistung würde an Begleitmassnahmen geknüpft wie etwa einen medizinischen Behandlungsplan.

Baume-Schneider hat selbst verschiedene IV-Stellen besucht, um sich vor Ort einen Überblick über die Problematik zu verschaffen. Aus ihrer Sicht muss denn auch «ein Paradigmenwechsel bei Personen unter 25 Jahren mit einem Bündel von Massnahmen herbeigeführt werden». Ziel sei eine Trendumkehr bei den Neurenten. Deshalb werden Anreize geprüft, «um den Bezug einer Rente weniger attraktiv zu gestalten beziehungsweise den Ausstieg aus der Rente zu fördern».

Finanzverwaltung pocht auf Einsparungen

In der Ämterkonsultation regte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) an, das Alterslimit auf 30 Jahre anzusetzen. Die Finanzverwaltung pochte derweil auf eine befristete Integrationsleistung oder eine – allenfalls auf gewisse Krankheitsbilder beschränkte – «Erhöhung des Mindestalters für die Entstehung des Rentenanspruchs».

Allgemein sollten leistungsseitige Massnahmen «netto spätestens innerhalb von fünf Jahren zu einer Entlastung der IV führen», so die Finanzbeamten. Der Fokus müsse sich daher auf Massnahmen mit geringen Umsetzungskosten und rasch wirkendem Sparpotenzial richten.

Kampfansage an externe Gutachter

Tatsächlich nimmt Baume-Schneider über die Jungen hinaus weitere Massnahmen in Angriff. Versicherte sollen allgemein eine verstärkte Begleitung und Fallführung erhalten sowie verstärkt durch interne Stellen abgeklärt werden. «Nicht zuletzt sollen damit externe Gutachten möglichst verhindert werden», heisst es im Papier. Eine Kampfansage an umstrittene Gutachter.

Zudem prüft Baume-Schneider Optimierungsmassnahmen im IV-System, die zu Einsparungen führen sollen. Wird heute ab einem Invaliditätsgrad von 70 Prozent eine Rente ausbezahlt, könnte eine ganze Rente an ein fehlendes Erwerbseinkommen geknüpft werden. Anfang 2026 wird Baume-Schneider ihre konkreten Vorschläge auf den Tisch legen.

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen
      Meistgelesen