Kommentar zum umstrittenen Milliardenauftrag an Siemens statt an Stadler Rail
SBB müssen ganze Wahrheit auf den Tisch legen!

Peter Spuhlers Stadler Rail und die SBB liefern sich ein Duell mit zwei Wahrheiten. Eine davon ist falsch. Es geht um den Milliardenauftrag an die deutsche Siemens. Und solange die SBB nicht alle Fakten auf den Tisch legen, gilt: Keine Transparenz, kein Vertrauen.
Publiziert: 13:18 Uhr
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Aktualisiert: 13:19 Uhr
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Die SBB ersetzen die Doppelstockzüge der ersten Generation der Zürcher S-Bahn und hat den Auftrag für 116 neue Fahrzeuge an den Hersteller Siemens Mobility vergeben.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts: Die SBB vergeben einen 3-Milliarden-Auftrag für 116 neue Züge an die deutsche Siemens – statt an Stadler Rail aus dem Thurgau. Der Entscheid ist brisant, nicht nur wirtschaftlich. Er wirft eine Frage auf, die jede Ausschreibung betrifft: Was ist Wahrheit – und wer definiert sie?

Warum das wichtig ist: Ob Stadler Rail oder Siemens den Zuschlag erhält, ist keine Glaubensfrage. Es geht auch nicht um Heimatschutz. Es ist eine Frage der Qualität, der Fairness und der Transparenz: Wie kamen die SBB wirklich zu diesem brisanten Entscheid? 

Heimvorteil? Nur wenn er verdient ist

Ja, es gibt gute Gründe, den Werkplatz Schweiz zu stärken. Ja, die Zahlen sprechen dafür: 6000 Mitarbeitende bei Stadler, 200 Zulieferer, 80 Prozent Wertschöpfung würden im Land bleiben. Das ist relevant – aber es darf kein Freipass sein.

Die SBB haben die Pflicht, das beste Angebot zu wählen. Und das wirtschaftlichste: Aber gerade weil die Differenz beim Preis zwischen Siemens und Stadler so minimal war – 0,6 Prozent war die Schweizer Offerte teurer als die deutsche, also 18 Millionen Franken –, wiegt jeder Punkt bei den Bewertungskriterien schwer.

Zwei Versionen – eine kann nicht stimmen

Hier beginnt das Problem: Die Erzählungen von Stadler Rail und den SBB widersprechen sich fundamental.

Die SBB behaupten, Siemens sei nicht nur günstiger, sondern habe auch bei Nachhaltigkeit und Instandhaltung gewonnen. Ohne allerdings auf die Details einzugehen.
Spuhler kontert: Stadler sei massiv unterbewertet worden, habe etwa bei der Nachhaltigkeit 0 Punkte bekommen, Siemens dagegen 10 Punkte. Bei Instandhaltung sogar 40 Punkte weniger. Begründung: bisher keine.

Fakt ist: Der Thurgauer Betrieb bezieht zum Beispiel den Stahl aus dem Wallis, Siemens eher aus China oder Serbien. Wie dies in die Beurteilung einfliesst, ist unbekannt. Die detaillierte Begründung des folgenschweren Entscheids kennt derzeit nicht einmal Stadler Rail selber.

Keine Transparenz, kein Vertrauen

Die SBB sind zwar rechtlich kein klassischer Staatsbetrieb mehr. Aber ohne Steuergeld gäbe es die SBB nicht. Milliardeninvestitionen, Schuldenabbau, Subventionen – alles finanziert vom Staat, also vom Bürger.

Darum: Wer mit öffentlichem Geld wirtschaftet, schuldet der Öffentlichkeit Rechenschaft. Das geht auch, ohne Geschäftsgeheimnisse zu verletzen. So wie bei den Rüstungsbeschaffungen. Wir wollen nachvollziehen können, warum der SBB-Auftrag zu Siemens nach Krefeld (D) und nicht an Stadler Rail nach Busnang TG ging. 

Wenn die Bewertung korrekt war: umso besser. Dann gibt es keinen Grund, sie nicht offenzulegen. Wenn sie es nicht war – dann erst recht.

Der Preis des Misstrauens

Die SBB riskieren mehr als nur ein juristisches Nachspiel (Spuhler will Rekurs einlegen). Sie riskieren das Vertrauen der Öffentlichkeit. Keine Transparenz, kein Vertrauen. Die SBB gehören uns allen. Und darum schulden sie uns alles. Alle Fakten im Fall Siemens/Stadler müssen auf den Tisch. Schwarz auf weiss.

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