Darum gehts
- E-Roller und E-Scooter: Häufig zu schnell und von zu jungen Fahrern genutzt
- Tuning-Chips und Onlineanleitungen ermöglichen einfache Geschwindigkeitserhöhung bei E-Fahrzeugen
- GLP-Politiker Matthias Jauslin will dagegen vorgehen
In den 70er- und 80er-Jahren flitzten Töfflibuben auf getunten Mofas über die Strassen. Heute sorgen Trendfahrzeuge wie E-Roller und E-Scooter für ähnliche Probleme: zu schnell unterwegs, oft von zu jungen Fahrenden gelenkt. Das zeigen Polizeikontrollen.
Dabei wären die Regeln klar: Die Elektroroller dürfen nicht schneller als 25 km/h fahren. Bei E-Trottis sind es 20 km/h. Weder ist ein Helm erforderlich, noch ein Nummernschild. Wer aber zwischen 14 und 16 Jahre alt ist, braucht einen Führerausweis der Kategorie M. Ab 16 braucht es auch den nicht mehr.
Das Kernproblem: Im Netz kann man leicht Tuning-Chips bestellen. Dazu gibt es noch unzählige Youtube-Videoanleitungen, die innerhalb von Minuten erklären, wie man das E-Trotti oder den E-Roller kinderleicht schneller machen kann. Eines von vielen Videos dieser Art hat fast 250'000 Aufrufe und heisst «Kostenlos fast jeden E-Scooter schneller machen in 5 Minuten». Das Video beinhaltet sogar Tipps, wie man das Tuning möglichst unauffällig machen kann. Das Einzige, was man dafür benötigt, ist ein Schraubenzieher.
Tuning-Teile im Netz bestellen
Zudem kann man Tuning-Teile für wenig Geld online bestellen. Ein solches Angebot macht die Schweizer Firma Markac & Partners GmbH mit Sitz in Wettingen AG. Auf ihrer Website Kissmywheels vertreibt die Firma E-Scooter Tuning-Chips für 145 Franken – inklusive 5-Minuten-Anleitung. Das Teil wird laut Geschäftsleiter Guilhem Gobillion sehr häufig online verkauft. Eine frühere Blick-Recherche zeigt zudem, dass besonders Jugendliche ihre E-Scooter gern aufmotzen.
Zum Angebot steht: «Entfernt die werkseitige Geschwindigkeitsbegrenzung, sodass Ihr E-Scooter bis zu 31–38 Kilometer pro Stunde erreicht.» Das sind über zehn Kilometer pro Stunde zu schnell. Und die Aktivierung oder Deaktivierung kann via Display gesteuert werden.
Die Kantonspolizei Aargau schreibt auf Blick-Anfrage: «Genau solche Angebote sind problematisch. In wenigen Minuten sind die Fahrzeuge nachgerüstet und für die Polizei kaum erkennbar.» Falls bei einer Kontrolle aber Tuning festgestellt wird, werde dies rigoros zur Anzeige gebracht. Denn «die Unfallgefahr und das Risiko von schweren Verletzungen sind gross.»
Tuning ist optisch schwer erkennbar, bestätigen mehrere Kantonspolizeien. Auffällig ist für die Polizisten oft nur die zu hohe Geschwindigkeit.
Rechtliche Situation
Trotz Kritik: Der Verkauf von Tuning-Teilen ist in der Schweiz grundsätzlich erlaubt. Die Verordnung über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge sieht gemäss Artikel 219 nur eine Busse vor, wer «Fahrzeugteile, die offensichtlich zu unerlaubten Fahrzeugänderungen dienen, ohne die erforderlichen Angaben in den Handel bringt».
Die Vertriebsfirma der Tuning-Chips weist aber beim Angebot darauf hin, dass der «legale Status des E-Scooters sich im Strassenverkehr beeinträchtigen» kann. Dennoch wird beim Kauf weder das Alter noch ein eventuell benötigter Fahrzeugausweis kontrolliert. Und das, obwohl bei den Geschäftsbedingungen steht: «Um bei uns einkaufen zu können, müssen Sie mindestens 16 Jahre alt sein.»
Damit konfrontiert, schreibt Geschäftsleiter Gobillion, dass das Hauptproblem darin bestehe, dass E-Trottis nur auf 20 km/h begrenzt sind. «Die Schweizer Vorschriften bieten nicht die Möglichkeit, schnellere elektrische E-Scooter mit einem Nummernschild zu fahren, wie es die Vorschriften für E-Bikes bei 45 km/h erlauben.» Die beste Lösung sieht er darin, dass das Bundesamt für Strassen (Astra) die Zulassung von schnelleren E-Scootern mit einem Nummernschild ermöglicht.
Über die fehlende Alterskontrolle beim Webshop macht er sich keine Sorgen. «Die meisten Kunden in den Läden sind erwachsen», schreibt er. Um online zu zahlen, benötige man zudem eine Kreditkarte. Doch das stimmt nicht so ganz. Bei den Zahloptionen der Website gibt es auch die Möglichkeiten Ratenzahlung, Paypal, Klarna oder Twint.
GLP-Jauslin will handeln
Die Kapo Appenzell Ausserrhoden sieht einen ähnlichen Lösungsansatz: «Der Umstand, dass E-Roller und E-Scooter ohne Kontrollschilder in Verkehr gesetzt werden können, ist sicher ein Faktor, der die aktuelle Entwicklung begünstigt.» Wären Kontrollschilder Pflicht, müssten die Fahrzeuge regelmässig zur technischen Prüfung bei den Motorfahrzeugkontrollen vorfahren.
Das Thema ist auch bei GLP-Nationalrat Matthias Jauslin (63) angekommen. Er hat es bei den Elektro-Trendfahrzeugen aber nur auf die E-Roller abgesehen. Gemäss CH Media hat er eine Motion verfasst, die er in der kommenden Herbstsession einreichen will. Er fordert ein Kontrollschild, Helmpflicht und die Fahrausweispflicht.