Darum gehts
- Burkart schlägt Alarm: Die Lohnabgaben steigen und steigen
- So will er den Beamtenapparat abspecken
- Er nimmt das umstrittene EU-Abkommen unter die Lupe
Thierry Burkart legt den FDP-Delegierten am Samstag einen 9-Punkte-Wirtschaftsplan vor. Blick konnte mit ihm vorab darüber sprechen.
Sie werben für Wähler, «die den Wecker stellen und arbeiten». Wird die FDP zur Partei der Büezer?
Thierry Burkart: Wir sind tatsächlich die letzte Partei, die sich für jene einsetzt, die morgens aufstehen und arbeiten. Das sind die Leistungsträger unserer Gesellschaft. Die SP zum Beispiel vertritt inzwischen fast nur noch jene, die lieber Staatshilfe beziehen als arbeiten.
Die SP kämpft doch für die Kaufkraft der Kleinverdiener.
Das Gegenteil ist der Fall. Schauen Sie, was die SP im Parlament so treibt. Unterstützt von der Mitte. Sie wollen die Lohnabgaben und die Mehrwertsteuer ständig weiter erhöhen. Am Monatsende bleibt weniger übrig, und das Leben wird teurer. Die Forderungen der Linken belasten jene, die jeden Tag arbeiten und keine Ausweichmöglichkeiten haben. Darf ich Beispiele nennen?
Bitte.
13. AHV-Rente: 5 Milliarden Franken, Prämienentlastung: 4,5 Milliarden, Klimafonds-Initiative: 7,7 Milliarden, Kinderbetreuung: 770 Millionen. All das muss jemand bezahlen – das sind jene, die noch immer aufstehen und arbeiten gehen.
Die 13. AHV hat das Volk beschlossen. Die anderen Forderungen scheiterten.
Es stimmt, die 13. AHV wurde angenommen. Aber nur, weil die SP vor der Abstimmung wahrheitswidrig behauptet hat, das Geld dafür sei vorhanden. Viele der genannten Milliardenprojekte sind hängig, und ich könnte die Liste problemlos verlängern. In Bern erleben wir es Tag für Tag: Sozialpopulistische Politiker aus SP, Mitte und leider auch zunehmend der SVP versprechen ihren Wählern das Blaue vom Himmel, nicht nur in der Frage der 13. AHV.
Warum auch die SVP?
Weil auch sie sich nicht mehr traut, ihren Wählern die unangenehme Wahrheit zu sagen. Nämlich, dass jeder Franken erst verdient werden muss, bevor man ihn verteilen kann. Und weil die SVP mitmacht bei Massnahmen, die Steuern erhöhen und den Freihandel behindern.
Wo behindert die SVP den Freihandel?
Sie will ausländische Investitionen einer bürokratischen Kontrolle unterziehen. Und sie hat jahrelang unsere Rüstungsindustrie abgewürgt. Den Preis dafür zahlen Mittelstand und KMU.
Sie präsentieren der Delegiertenversammlung am Samstag einen 9-Punkte-Plan. Was ist zentral?
Keine neuen Steuern, Anreiz zum Arbeiten stärken, Personalstopp beim Staat, Abstand zwischen Lohn und Sozialhilfe wahren.
Warum lehnen Sie dann den Mindestlohn ab?
Mindestlöhne vernichten Arbeitsplätze und lösen das Problem nicht. Der Grossteil der Menschen, die in Armut leben, arbeitet überhaupt nicht. Man muss bei der Sozialhilfe und der Reintegration in den Arbeitsmarkt ansetzen. Dafür braucht es die richtigen Anreize. Stattdessen ist bei der Sozialhilfe eine gefährliche Entwicklung im Gang: weg von der Nothilfe, hin zu einer Vollkaskoversicherung.
Wollen Sie den Sozialstaat abbauen?
Nein. Aber wir wehren uns gegen einen weiteren Ausbau. Jeder Ausbau muss von jemandem bezahlt werden. Die Schmerzgrenze ist jetzt erreicht. Wir werden keinen Rappen Mehrbelastung bei den Löhnen akzeptieren und jede Steuererhöhung bekämpfen.
Das war immer FDP-Linie. Was ist neu?
Es braucht keine neue Linie! Die FDP muss die anderen Parteien an bewährte bürgerliche Prinzipien erinnern. Es droht leider bereits eine neue Steuer.
Welche?
Es gibt Pläne, die berufliche Vorsorge – also die 2. Säule – stärker zu besteuern oder gar schrittweise abzuschaffen. Am Mittwoch hat der Bundesrat die Vorsorgebesteuerung beschlossen. Sollte das Parlament folgen, würden wir das Referendum ergreifen.
Sie wollen auch beim Staatspersonal sparen. Wie gross ist das Potenzial?
Sehr gross! Ein Viertel aller Erwerbstätigen arbeitet inzwischen für die öffentliche Hand oder staatsnahe Betriebe – das sind über eine Million Menschen. Beim Bund allein entstehen jährlich 450 neue Stellen, ohne dass alte abgebaut werden. Zudem sind im öffentlichen Dienst die Löhne rund 14 Prozent höher als im Durchschnitt.
Wie wollen Sie den Beamtenapparat abspecken?
Durch Digitalisierung, effizientere Prozesse und eine Verzichtsplanung, wie sie jedes KMU kennt. Ich fordere deshalb einen Personalstopp beim Bund. Ein Moratorium. Neue Aufgaben sollen durch Umverteilung im bestehenden Personalbestand gelöst werden.
Etwas suche ich in Ihrem Wirtschaftspapier vergeblich: das EU-Abkommen. Sie drücken sich vor dem Elefanten im Raum.
Keineswegs. Wir sagen im Papier deutlich, dass wir zum bilateralen Weg stehen – er hat unserem Land Wohlstand gebracht. Ein Abbruch, wie ihn die SVP mit ihrer Kündigungs-Initiative (Anm. d. Red: Initiative gegen 10-Mio.-Schweiz) will, ist falsch und gefährlich, auch im Hinblick auf die illegale Migration, die massiv zunehmen würde. Über unsere Position zum neuen EU-Abkommen entscheidet unsere Delegiertenversammlung im Oktober.
Haben Sie den Vertragsschinken inzwischen gelesen?
Ich bin dabei. Ich möchte erst alle technischen Anhänge genau prüfen – insbesondere zu Strom, Verkehr und Schutzklauseln. Ich halte es für seriöser, eine Meinung erst nach gründlicher Analyse zu äussern. Ich bin Anwalt – ich urteile nicht ohne Fakten.
Der Bund prognostiziert bei einem Nein bis zu 5 Prozent BIP-Verlust. Für eine Wirtschaftspartei müsste der Fall klar sein, nicht?
Beides hat seinen Preis – die Ablehnung ebenso wie die Annahme. Entscheidend ist: Was bietet langfristig die bessere Perspektive? Was stärkt den Wohlstand für Bürgerinnen und KMU? Diese Abwägung gilt es zu machen und erst dann die Entscheidung zu treffen.
Und wenn wirtschaftlich sinnvoll, aber demokratisch bedenklich?
Natürlich spielen auch demokratische Rahmenbedingungen eine Rolle. Man kann nicht alles in Franken messen. Wirtschaft ist kein Selbstzweck – sie soll den Menschen dienen und ihnen zu einem guten Leben verhelfen.
Zurück zu Ihrem Slogan «Wecker stellen und arbeiten gehen». Ein Steilpass für die Erbschaftssteuer-Initiative? Reiche Erben könnten ausschlafen und ihr Geld arbeiten lassen.
Das Vermögen wird mehrfach besteuert. Eine zusätzliche Erbschaftssteuer würde Familienunternehmen treffen, die stabile Arbeitsplätze sichern. Der Bundesrat rechnet mit 3,5 Milliarden Franken an Steuerausfällen, wenn durch neue Belastungen Unternehmen verschwinden. Diese müssten durch neue Abgaben kompensiert werden – einmal mehr zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ein klassischer linker Bumerang!