Albert Rösti ist bei jungen Menschen auf Tiktok berühmt
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Dönerpreis wird politisch:Albert Rösti ist bei jungen Menschen auf Tiktok berühmt

«Das ist ein ernstes Problem»
Döner-Frust! Jetzt rebellieren die Jungen

Der Döner wird zum Politikum: Für viele Junge ist er das Symbol steigender Preise schlechthin, während Imbisse unter Kostendruck leiden. Muss die Politik handeln? Ein Experte sagt, warum der Kebab-Frust ernst zu nehmen ist.
Publiziert: 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 03:16 Uhr
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Für viele ist der Döner Kebab nicht nur Fast Food, sondern Ausdruck dafür, dass gewisse Produkte immer mehr kosten.
Foto: Imago/Bihlmayerfotografie

Darum gehts

  • Dönerpreise als politisches Thema bei der Generation Z
  • Junge sehen Döner als Gradmesser für steigende Lebenshaltungskosten
  • Imbisse müssten Döner noch teurer verkaufen, um kostendeckend zu sein
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sven AltermattCo-Ressortleiter Politik

Einmal Politik mit allem und scharf, bitte! Im Bundeshaus war der Döner Kebab bislang kein Thema – auf Tiktok hingegen schon: Für die Generation Z ist das beliebte Fast Food politisch aufgeladen. Es geht dabei nicht um Geschmack oder Zutaten. Der Döner steht dafür, dass gewisse Produkte einfach immer mehr kosten.

Auf Tiktok kursieren seit längerer Zeit Videos, in denen sich Junge über die hohen Preise für den Kebab beklagen. Viral ging der Aargauer Influencer Kaufmann: Er forderte Bundesrat Albert Rösti (57) in seinen Videos humorvoll auf, die Dönerpreise zu senken.

Die Jungen spüren es zuerst

Der SVP-Magistrat ist nicht Wirtschaftsminister. Er dürfte zuerst nur wegen seines klangvollen Nachnamens in Kaufmanns Visier geraten sein. «Aaalbert Röschti!», skandierten Tiktoker reihenweise. Dennoch liess sich der Energieminister kürzlich von Kaufmann interviewen. Erste Frage: Was tut Rösti gegen hohe Dönerpreise? Er verwies auf Massnahmen zur Senkung der Stromkosten.

«Dönerflation»? Was ein Kebab kostet

Der Döner Kebab ist in den vergangenen Jahren in der Schweiz deutlich teurer geworden. In Zürich kostet er inzwischen gut und gerne 16 Franken, während vor einem Jahrzehnt noch 11 Franken als Standardpreis galt. Selbst in kleineren Städten oder Landgemeinden sind heute 12 bis 13 Franken üblich – lange bekam man den Döner flächendeckend für rund 8 Franken, wie Blick einst berichtete.

In den sozialen Netzwerken wie Tiktok dient die «Dönerflation» als Gradmesser für die gefühlte Teuerung. User diskutieren, was der Kebab kostet. Preisindizes zeigen: Ausgerechnet die Kosten für viele typische Döner-Zutaten sind in den letzten fünf Jahren gestiegen – von Fleisch über Salat und Öl bis hin zu Brot und Saucen. Hinzu kommen höhere Ausgaben für Miete und Energie.

Der Döner Kebab ist in den vergangenen Jahren in der Schweiz deutlich teurer geworden. In Zürich kostet er inzwischen gut und gerne 16 Franken, während vor einem Jahrzehnt noch 11 Franken als Standardpreis galt. Selbst in kleineren Städten oder Landgemeinden sind heute 12 bis 13 Franken üblich – lange bekam man den Döner flächendeckend für rund 8 Franken, wie Blick einst berichtete.

In den sozialen Netzwerken wie Tiktok dient die «Dönerflation» als Gradmesser für die gefühlte Teuerung. User diskutieren, was der Kebab kostet. Preisindizes zeigen: Ausgerechnet die Kosten für viele typische Döner-Zutaten sind in den letzten fünf Jahren gestiegen – von Fleisch über Salat und Öl bis hin zu Brot und Saucen. Hinzu kommen höhere Ausgaben für Miete und Energie.

Doch wie ernst ist das gemeint? Sind die Forderungen nur ein witziger Social-Media-Trend? «Es kommt halbernst rüber, aber dahinter steckt ein ernstes Problem», sagt Vera Çelik (19). Sie sitzt im Vorstand einer Stadtzürcher SP-Sektion, gehört der Geschäftsleitung der SP-Migrantinnen an und arbeitet für die Juso Schweiz.

Sie sagt: «Mit einem 5-Franken-Döner würde niemand überleben. Die Betriebe geben schon heute die gestiegenen Kosten nur teilweise an die Kundschaft weiter.» Eigentlich müsste der Döner 20 Franken kosten, wenn man die Realität der Imbissbetreiber anerkenne.

Dennoch schreibt sie auf ihrem Instagram-Profil: «Damit Döner wieder 5 Franken kostet» – eine ironische Aussage, die Gleichaltrige zum Diskutieren anregt. Çelik sieht den Döner als «Gradmesser der Jungen für Lebenshaltungskosten».

Kostete er früher oft 8 Franken, sind es heute gut und gerne 12 oder 13 Franken. «Der Döner war für junge Menschen – gerade für solche mit Migrationshintergrund – quasi das letzte günstige Mittagessen. Wird selbst der teuer, merken es auch jene, die sich sonst kaum für Politik interessieren.»

Imbisse ächzen unter Kosten

Gleichzeitig denkt Çelik an die Imbisse. Diese würden zumeist von Menschen mit Migrationshintergrund geführt, die keine politische Lobby hätten, aber über Tausende Arbeitsplätze verfügten. Im Austausch mit Betrieben hat die Jungpolitikerin erfahren, dass ein Döner im Schnitt rund 16 Franken kosten müsste, um kostendeckend zu sein – «und 20 Franken, damit man damit anständig verdienen und faire Löhne zahlen kann».

Diese Gemengelage diskutiere sie gerne mit anderen Jungen, sagt Çelik. Und das führe am Ende zwangsläufig zur Politik: «Wenn selbst der Döner zu teuer ist, zeigt dies, dass die Politik zu spät reagiert – denn es trifft zuerst die, die ohnehin wenig haben.» Es brauche Rahmenbedingungen, damit alle Zugang zu bezahlbarem Essen hätten und auch Imbisse tragfähig wirtschaften könnten.

Kebab als Stimmungsbarometer

Der Politologe Michael Hermann (53) vom Forschungsinstitut Sotomo kennt das politische Bauchgefühl der Schweiz. «Die Politik muss nicht gleich in Aktionismus verfallen – aber sie sollte gut hinhören, wenn junge Menschen hohe Dönerpreise zum Thema machen», sagt er auf Anfrage. «Der Döner ist gewissermassen ein Symbol für die gefühlte Teuerung.»

Zwar gehe die Inflation in der Schweiz zurück, doch viele Konsumentinnen und Konsumenten spürten das erst mal nicht direkt, so Hermann. Entscheidend seien für sie vielmehr die Preise, die sie für Alltagswaren effektiv zahlten. «Der Döner galt lange als kostengünstige Mahlzeit für Menschen mit geringem Einkommen – überall erhältlich und mit der Erwartung verbunden, dass er für alle bezahlbar ist.»

Dass die Lebenshaltungskosten von ganz anderen Faktoren und die Dönerpreise vom Markt bestimmt würden, sei zweitrangig. «Im Vordergrund steht, dass gewisse Erwartungen an die Politik unerfüllt bleiben.»

Hermann beobachtet: Früher war die Arbeitslosigkeit ein Indikator für die politische Stimmung, heute ist es eher die Teuerung. Die Schweiz war traditionell ein Land stabiler Preise. Dieser Anker, sagt er, sei verloren gegangen – und das verunsichere viele.

Debatte aus Deutschland importiert

Typisch ist laut Hermann zudem, dass die Dönerpreis-Debatte hierzulande erst aufgekommen ist, als in Deutschland schon intensiv darüber gestritten wurde. «Das Phänomen wurde gewissermassen über die sozialen Medien in die Schweiz importiert», sagt er. In Deutschland ist der Döner kulturell noch stärker verankert, gerade wegen der grossen türkischen Community.

Die deutsche Linkspartei forderte 2024 lautstark eine Preisdeckelung. Grünen-Politikerinnen mahnten, der Döner dürfe kein Privileg für Gutverdienende werden. Und am Ende schaltete sich sogar der Bundeskanzler in die Debatte ein.

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