Darum gehts
- Bundespräsidentin Keller-Sutter in New York für Uno-Vollversammlung und Börsenauftritt
- Keller-Sutter betont Schweizer Stabilität und Rechtssicherheit als wirtschaftliche Trümpfe
- Sie erklärt, warum sie die UBS-Umzugsgerüchte nicht einfach kaltlassen
Der runde Tisch in der Osteria Laguna ist für 11.45 Uhr reserviert, ideal gelegen zwischen dem Uno-Hauptsitz und der Schweizer Uno-Botschaft in Manhattan. Mit acht Minuten Verspätung trifft Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61) ein, begleitet von einem kleinen Team. Bevor sie italienisch isst, nimmt sie sich draussen auf der Strasse zehn Minuten Zeit für Blick: sechs Minuten für Fragen, vier Minuten für den Fotografen.
Wie viele andere Staats- und Regierungschefs weilt Keller-Sutter diese Woche in New York. Am Mittwoch hält sie vor der Uno-Vollversammlung eine Rede. Welche Botschaft will sie der Welt mitgeben? «Es geht ja darum, dass es die Uno seit 80 Jahren gibt», sagt sie. Sie werde an die Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg erinnern, als Frieden und Sicherheit im Vordergrund gestanden hätten. «Das ist wiederum ein ganz wichtiges Thema heute. Wenn man die geopolitische und auch wirtschaftspolitische Lage anschaut, ist das aktueller denn je. Und das bedeutet, man muss zusammenarbeiten.»
Doch gerade das sei heute schwieriger als früher. Kann die Uno ihre Aufgabe überhaupt noch erfüllen? «Allein auf die Uno kann man sich nicht abstützen», warnt Keller-Sutter. «Die Verantwortung liegt bei jedem Staat. Jeder muss seine Hausaufgaben machen.»
Die Uno bleibe jedoch ein Forum, «wo man reden kann – und das ist gerade in der heutigen Zeit sicherlich eine gute Sache».
Anerkennung Palästinas nicht jetzt
Im Fokus der Woche steht Palästina. Mehrere Staaten – darunter Frankreich und Grossbritannien – haben das Land anerkannt. Wächst der Druck auf die Schweiz? Keller-Sutter winkt ab: «Die Schweiz ist konsistent in ihrer Haltung. Sie steht für eine Zweistaatenlösung Palästina-Israel ein. Letztlich ist die Anerkennung Palästinas das Ende dieses Prozesses. Unser Parlament hat klar gesagt, dass eine Anerkennung zum heutigen Zeitpunkt nicht geht.»
Noch vor ihrer Rede am Uno-Hauptsitz wird die Bundespräsidentin am Mittwochmorgen an die Südspitze Manhattans fahren, um an der Wall Street die Börse zu eröffnen. «Ich wurde eingeladen», sagt sie. Sie werde viele Schweizer Unternehmen treffen, die in New York kotiert sind. «Und ich hoffe natürlich, dass ich auch über diesen Austausch einiges erfahre über die Wirtschaftssituation in den USA.»
Über den Stand der Verhandlungen im Zollstreit mit den USA oder das Telefongespräch vom 31. Juli mit US-Präsident Donald Trump (79) will sie ausdrücklich nicht sprechen.
Die Schweiz bringt Stabilität
Mit ihrem Auftritt an der Wall Street betont sie dennoch die enge wirtschaftliche Verbundenheit zwischen der Schweiz und den USA. Beim Finanzplatz müsse sich die Schweiz nicht verstecken. «New York ist wahrscheinlich der Top-Finanzplatz, das kann man nicht bestreiten», so Keller-Sutter.
Die USA seien wirtschaftlich, politisch und militärisch die mächtigste Nation. «Aber die Schweiz bringt Stabilität, Rechtssicherheit, politische und wirtschaftliche Verlässlichkeit. Das sind unsere Trümpfe. Ich höre immer wieder, dass sich Unternehmen für die Schweiz interessieren – gerade wegen dieser Stabilität.»
Keine Kompromisse beim Eigenkapital
Kürzlich kursierten in den New Yorker Medien Gerüchte, die UBS prüfe eine Verlegung des Hauptsitzes nach Manhattan. Ein Druckmittel gegen die geplanten strengeren Eigenkapitalvorschriften? «Ich habe das auch in den Medien gelesen und kommentiere keine solchen Gerüchte», sagt Keller-Sutter. In der Schweiz gebe es klare demokratische Prozesse: «Der Bundesrat wird demnächst die Vernehmlassung eröffnen, danach geht die Vorlage ins Parlament. Dort wird entschieden – das ist der Weg der Schweiz.»
Braucht es nicht einen Kompromiss, um die Spannungen zwischen Politik und UBS zu entschärfen? Das Verhältnis zwischen Bern und der UBS sei nicht gestört, meint die Finanzministerin. Regierung, Schweizerische Nationalbank und Finanzmarktaufsicht Finma hätten ihre Position «jahrelang mit vielen Analysen» erarbeitet. «Wir tragen die Verantwortung für die Finanzstabilität in der Schweiz. Wir müssen Vorschläge machen und Lehren aus der Credit-Suisse-Krise ziehen.»
Die Bevölkerung habe «zweimal zugeschaut» – 2008 bei der UBS-Rettung und 2023, als es «haarscharf» war. «Nur mit der Garantie von Liquidität und Steuermitteln konnte ein Crash verhindert werden.» Die Menschen erwarteten nun, «dass man alles vorkehrt, um ein solches Ereignis in Zukunft zu verhindern».
Zwischen den Zeilen macht die Bundespräsidentin deutlich: Von ihrer harten Haltung gegenüber der UBS will sie nicht abrücken.
Laut und gross
New York gefalle ihr «sehr gut», gesteht Keller-Sutter, «aber es ist alles gross, es ist alles laut». Es sei schön, ein paar Tage hier zu sein, «aber ich gehe gerne zurück in die Schweiz». Für anderes als Meetings bleibe ihr kaum Zeit: «Vielleicht mal eine Stunde an die frische Luft – naja, mehr oder weniger frische Luft.»
Keller-Sutter nimmt sich noch kurz Zeit für den Fotografen. Dann verschwindet sie im Innern des Italieners.