Darum gehts
- SRF verärgert Kulturschaffende mit Fehlern und Programmkürzungen
- SRG-Initiative zur Senkung der Serafe-Gebühren wird im Nationalrat debattiert
- Bundesrat plant Senkung von 335 auf 300 Franken
Nein zur Halbierungsinitiative
Nachdem Bundesrat Albert Rösti (57, SVP) vor dem Nationalrat gesprochen hat, kommt es jetzt endlich zu ersten Abstimmungen. Rösti legte noch einmal die Position des Bundesrates dar. Dieser lehnt die Halbierungs-Initiative der SVP grundsätzlich ab. Allerdings begrüsst er die Forderung nach einer Senkung der Medienabgaben. Rösti betonte aber nochmals die Sorge um die negativen Folgen für die Schweizer Medienlandschaft.
Bei der Schlussabstimmung ist es dann endlich klar: Der Nationalrat will nichts wissen von einer Senkung der Gebühren für Radio und Fernsehen von heute 335 auf künftig 200 Franken pro Jahr. Er hat die Volksinitiative «200 Franken sind genug» mit 116 zu 74 Stimmen bei zwei Enthaltungen abgelehnt. Nun muss die Initiative noch durch den Ständerat.
SP: «SRG als Gegengewicht zu Milliardären, die Medien kaufen»
Die SP-Fraktion setzte von Beginn weg ein starkes Zeichen gegen die Kürzungen auf 200-Franken, die die Initiative verlangt. In einer Medienmitteilung reagiert die Partei nun auf den Entscheid des Nationalrates. «Es ist wichtiger denn je, den medialen Service public zu stärken, um eine Gegengewicht zu den Miliardären zu schaffen, welche private Medien kaufen und als Sprachrohr nutzen.»
Die öffentlich-rechtlichen seien ein zentraler Pfeiler unserer Demokratie. Die SRG fördere durch die Informationspflicht in vier Landessprachen die Meinungsbildung und den nationalen Zusammenhalt.
RSI streicht 37 Vollzeitstellen
Passend zum eben beschlossenen Geschäft, gibt das Radio und Fernsehen der italienischsprachigen Schweiz RSI bekannt, dass sie bis 2026 sieben Millionen Franken sparen wollen. Dafür bauen sie 37 Vollzeitstellen ab.
Gemäss Medienmitteilung werde zwar versucht, die Stellen über natürliche Fluktuation und Pensionierungen abzubauen. Dennoch würden auch Entlassungen drohen. Die Einsparungen würden alle Bereiche des Unternehmens betreffen.
Wie bereits im vergangenen September angekündigt, sei RSI aufgrund der vom Bundesrat beschlossenen Teilkompensation der Konzessionserhöhung und des anhaltenden Rückgangs der Werbeeinnahmen zu neuen Einsparungen gezwungen.
Bereits 2025 waren 5 Millionen Franken und 15 Vollzeitstellen gestrichen worden.
«Halbiere ich eine Kuh, ist sie tot»
Katja Christ (52, GLP) wählt einen ungewöhnlichen Vergleich, um die – in ihren Augen – prekären Folgen der Halbierungsinitiative darzustellen. Sie beginnt ihre Argumentation mit den Worten: «Es gibt einige Dinge, die sich verdoppeln, wenn man sie teilt – wie etwa die Liebe. Halbiere ich aber eine Kuh, verdoppelt sie sich nicht, sondern sie ist tot.»
Sie will damit illustrieren, dass die vorgeschlagene drastische Kürzung der SRG-Gelder ein Kahlschlag der Medienvielfalt und Medienqualität wäre. Man würde vielfältigen Journalismus «töten». Wir könnten nicht erwarten, dass man für die Hälfe des Geldes die selbe Qualität bekommt. «Diese Initiative ist populistisch und gefährlich», schliesst sie ab.
Fortsetzung der Monsterdebatte
So wie gestern steht auch heute die SRG-Debatte auf dem Programm des Nationalrates. Es ist noch offen, ob es heute zur Abstimmung kommt. Auf der Liste stehen noch immer 18 Rednerinnen und Redner. Blick berichtet live.
Debatte vertagt
Nachdem sich auch die Grüne Christine Badertscher gegen die Initiative ausgesprochen hat, wird die Debatte vertagt – es geht morgen Donnerstag weiter. Die Nationalräte gehen jetzt auf die Fraktionsausflüge.
Braucht es einen Gegenvorschlag?
Der designierte Mitte-Präsident Philipp Matthias Bregy spricht über einen Gegenvorschlag und den Weg des Bundesrats. Er persönlich hätte die Unternehmen ganz von der Steuer entlastet. «Der Bundesrat hat Massnahmen ergriffen und diese sind genügend», so Bregy. Er werde die Initiative ablehnen, auch wenn er es lieber hätte, dass der Gegenvorschlag lieber im Parlament und nicht im Bundesrat diskutiert worden wäre.
GLP-Hässig: Initiative «gefährlich und kurzsichtig».
Mit GLP-Nationalrat Patrick Hässig spricht ein weiterer ehemaliger Journalist. Er hat als Moderator bei einem Privatradio und der SRG gearbeitet. Der lineare Konsum «existiert für gewisse Altersgruppen kaum noch». In einer Zeit der grossen Unsicherheit sollen die Mittel für die SRG gekürzt werden «Ziel: Destabilisieren». Kritisches Nachfragen soll geschwächt werden. Die Initiative sei gefährlich und kurzsichtig. Private müssten ebenfalls sparen, so Hässig und verweist auf den Konzern hinter Pro7/Sat 1 in Deutschland. Er lehnt die Initiative deshalb ab.
Müller-Altermatt: «Sie halbiert die Schweizer Musik.»
Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt stellt sich ebenfalls gegen die Initiative und verweist dabei auf die Musik – er ist Präsident der parlamentarischen Gruppe Musik. «Seit 2004 verpflichtet sich die SRG durch die Unterzeichnung der Charta der Schweizer Musik, in ihren Radioprogrammen einen angemessenen Anteil an Schweizer Produktionen zu berücksichtigen.» Die SRG unterstütze auch Festivals und tausche Musik zwischen den Sprachregionen aus. «Die Initiative halbiert nicht einfach die SRG - sie halbiert tatsächlich auch das Musikschaffen», so Müller-Altermatt. «Sie halbiert die Schweizer Musik. Unser nationales Instrument ist das Alphorn, nicht das Halbhorn.»
FDP-Farinelli: «Würde ein hoher Preis bezahlt werden.»
Der Tessiner FDP-Nationalrat Alex Farinelli lehnt die Initiative ab. Es sei ein Angriff auf die Struktur und den Auftrag der SRG. Regionale Studios seien bei einer Annahme der Initiative gefährdet. «Ich komme aus der italienischen Schweiz. Dort würde ein hoher Preis bezahlt werden.»
Grünen-Glättli: «Enttäuscht über SRG»
Der ehemalige Grünen-Präsident Balthasar Glätti sagt er sei «enttäuscht über SRG». Er kritisiert eine Vereinbarung mit den Verlegern, die vorsieht, dass die SRG sich digital stärker auf ihr Kerngeschäft, Radio und TV, konzentrieren. Glättli fürchtet sich vor einem Rückzug auf Social Media. Man dürfe dies nicht Russia Today überlassen.
«Ich bin junggeblieben, ich schaue auch nicht mehr viel analog TV» – für diese Aussagen erntet er Lacher. Er wirbt gegen die Initiative. «Mehr ist mehr – bitte sparen sie nicht die demokratische Vielfalt zu Tode.»
Gerade bei Kulturschaffenden sorgt SRF derzeit für Ärger. Sie sind aufgebracht über die Absetzung der Sendung «G&G – Gesichter und Geschichten», die ihnen bisher eine der wenigen TV-Plattformen bietet. Konsterniert zeigen sich auch die geschassten Moderatoren Jennifer Bosshard (31) und Michel Birri (38), die ihren Frust in einem Podcast verarbeiten.
Das Schweizer Fernsehen macht sich im Moment nicht viele Freunde – gerade in linken Kreisen, die bisher treu zu ihm standen. Und das ausgerechnet jetzt, wo der Nationalrat die Debatte über die von SVP-Kreisen lancierte SRG-Initiative startet.
Sparbemühungen machen auch Unterstützer hässig
Unverständnis hat auch die Absetzung von «Zivadiliring» ausgelöst, immerhin jahrelang einer der erfolgreichsten Podcasts im Land. Nach ausverkauften Clubtouren und einem bevorstehenden Mega-Auftritt im Zürcher Hallenstadion ist nun Schluss mit dem Frauen-Talk. Aber auch bei Sportfreunden sorgte SRF erst gerade für Ernüchterung. Bei der Übertragung des Hockey-WM-Finals mit Schweizer Beteiligung am Sonntagabend sei es nicht aus den Startlöchern gekommen, kritisierte Blick.
Dabei sollte die SRG gerade jetzt um Unterstützer bemüht sein. Für sie geht es ums Ganze, wenn das Parlament die Halbierungs-Initiative debattiert. Diese will die Gebühren für Radio und Fernsehen von heute 335 auf 200 Franken senken. Für die SRG-Spitze um Generaldirektorin Susanne Wille (51) ein Horrorszenario!
Zwar lehnt die zuständige Kommission die Initiative mit klarem Mehr ab. Nachdem zwei Vorschläge für einen indirekten Gegenvorschlag in der zuständigen Ständeratskommission abgelehnt worden sind, will nun auch die Mehrheit der Nationalratskommission keinen Gegenvorschlag mehr.
Federn lassen aber muss die SRG sowieso. Denn der Bundesrat um Medienminister Albert Rösti (57) plant, die Empfangsgebühren von heute 335 auf noch 300 Franken pro Jahr zu senken. Unternehmen will er von der Abgabepflicht gleich ganz befreien. Gerade aus der eigenen Partei argwöhnen viele, dass der SVP-Bundesrat der Halbierungs-Initiative damit den Wind aus den Segeln nehmen will.
Bisheriges Engagement könnte fehlen
Um den SRG-Kritikern ihren guten Willen unter Beweis zu stellen, kündigt die Konzernspitze seit Monaten ein Sparpaket nach dem anderen an – und stösst damit wiederum bisherige Unterstützer vor den Kopf. So kam es etwa Ende Februar in Basel zur Protestaktion gegen die Abschaffung des «Wissenschaftsmagazins» und Kürzungen beim Kulturjournalismus auf Radio SRF 2. Und mit der Umstellung von UKW auf DAB+ verlor SRF gerade viele ältere Radiohörer.
Die Sparbemühungen aber kommen nicht einmal bei SRF-Kritikern gut an. Nachdem die SRG angekündigt hatte, sogar «Tagesschau»-Ausgaben zu streichen und das Angebot der Regionaljournale zu reduzieren, zeigte sich auch SVP-Nationalrat Gregor Rutz (52) skeptisch: «Ich verstehe nicht, weshalb beim Kernauftrag abgebaut wird.» SRF macht mit seinen Sparplänen alle hässig.
Nach der Ankündigung, der Sendung «G&G» Ende Juni den Stecker zu ziehen, verwiesen empörte Kulturschaffende darauf, dass ihre Branche 2018 gegen die No-Billag-Vorlage eine wirksame Kampagne aufgezogen habe. Ein vergleichbares Engagement dürfe man gegen die Halbierungs-Initiative nicht erwarten. Zu gross sei die Enttäuschung über die SRG. In noch mehr Fettnäpfchen sollte diese nun nicht mehr treten.