«Ich hatte Panikattacken und schlaflose Nächte»
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Medienpionier Roger Schawinski:«Ich hatte Panikattacken und schlaflose Nächte»

Zum 80. Geburtstag
Hausbesuch bei Medienpionier Roger Schawinski

Er ist laut, er ist unzimperlich, er polarisiert. Radiopionier Roger Schawinski pflügte die Schweizer Medienlandschaft um. Zu Hause ist er der ruhende Pol. Jetzt wurde er 80. Kampfesmüde ist er aber noch lange nicht.
Publiziert: 16.06.2025 um 07:06 Uhr
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Aktualisiert: 16.06.2025 um 07:57 Uhr
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Er kam, lernte und siegte: Roger Schawinski, neuerdings Jasskönig der SRF-Sendung «Samschtig-Jass».
Foto: Fabienne Bühler

Darum gehts

  • Roger Schawinski feiert 80. Geburtstag und blickt auf erfolgreiche Medienkarriere zurück
  • Schawinski gründete erste Privatsender der Schweiz und kämpft gegen Medienmonopole
  • Seit 32 Jahren mit Gabriella Sontheim liiert, 29 Jahre verheiratet
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Ruth Brüderlin
Ruth Brüderlin
Schweizer Illustrierte

«Ich bin Jasskönig!», ruft Roger Schawinski fröhlich und hält den Preis in die Höhe, den er in der SRF-Sendung «Samschtig-Jass» gewonnen hat. Eine grosse Überraschung, den schwierigen Differenzler habe er erst kurz vor der Sendung zum ersten Mal gespielt. Der Mann, der praktisch im Alleingang das Radio- und Fernsehmonopol knackte, freut sich wie ein Schneekönig.

Zufrieden setzt er sich in einen der Samtfauteuils, springt wieder auf und holt ein grosses Schwarz-Weiss-Foto. Es zeigt ihn als kleinen Stöpsel, der ins heimische Wandtelefon plaudert. Früh übt sich. «Das liess ich auf die Einladung zu meinem Geburtstagsfest drucken», erklärt er. «80! Das habe ich lange gar nicht ernst genommen, es war weit weg, wie eine Fata Morgana irgendwo am Horizont. Nun ist es plötzlich real. Ich bin tatsächlich 80.»

Jetzt hat Schawinski graue Haare

Am 11. Juni war es so weit. Endlich hat er nun auch graue Haare und ist den Verdacht los, er habe gefärbt. Roger Schawinski ist überraschend uneitel, was sein Äusseres betrifft. Seine schicke Kleidung geht auf das Konto seiner Frau Gabriella Sontheim (67) ebenso die dezente, elegante Einrichtung der Villa. Im Wohnzimmer thront ein überdimensionaler güldener Buddha-Kopf vor einem indischen Stoffgemälde. In der anderen Ecke steht ein schwarzer Flügel.

Als «Schawi» das Haus vor 30 Jahren kaufte, fragte ihn sein Vater besorgt: «Roger, bist du ein Hochstapler?» Schawinski wuchs in einfachen Verhältnissen in Zürich Wiedikon auf. Geld war keines da, aber ganz viel Liebe von den Eltern. Nach dem Studium an der HSG – inklusive Ausflügen an die Fasnacht in Herisau AR – schreibt er seine Dissertation und wird Journalist.

Für SRF entwickelt er die Sendung «Kassensturz» und wird 1979 als Radiopionier schweizweit bekannt. Inspiriert von den Piratensendern in der Nordsee, knackt er das Radiomonopol der SRG und gründet den ersten Privatsender der Schweiz, Radio 24. 1994 folgt mit Tele Züri das erste Privatfernsehen. Etliche spätere SRF-Grössen starten bei ihm ihre Karriere: unter anderen Röbi Koller, Katja Stauber, Reto Brennwald und Daniela Lager. 2001 verkauft er sein Medienunternehmen an Tamedia und wird in Berlin Geschäftsführer von Sat1.

Fünf Jahre später kehrt er nach Zürich zurück und gründet Radio 1, wo er heute noch fast täglich zu hören ist. Daneben schreibt Roger Schawinski zwölf Bücher, talkt in einer eigenen Sendung auf SRF und bekämpft die «No Billag»-Initiative sowie die generelle Abschaltung der UKW-Sender. Dies tut er mit Vehemenz – im ersten Fall erfolgreich, im zweiten bisher nicht, was seinen Kampfgeist kaum tangiert. 2016 bekommt Schawinski von der Universität Freiburg die Ehrendoktorwürde als Anerkennung seiner Verdienste für die Schweizer Medienlandschaft. Darauf ist er stolz.

Kontinuität im Privatleben

Roger Schawinski kennt man als Kämpfer. Zu Hause aber ist er der ruhende Pol. Seit 32 Jahren sind er und Gabriella Sontheim liiert, seit 29 Jahren verheiratet – was er trocken mit «Kontinuität ist eine häufig unterschätzte Qualität» kommentiert. Die beiden lernten sich an einer Party der Fernsehzeitschrift «Tele» kennen, wurden ein Paar – und sie später die erste Produzentin der Sendung «TalkTäglich».

Artikel aus der «Schweizer Illustrierten»

Dieser Artikel wurde erstmals in der der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

Dieser Artikel wurde erstmals in der der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

Schawinski und Sontheim necken einander gern mit smarten Einzeilern – so auch beim Besuch der SI. Als sie für das Coverfoto posieren, foppt er: «Immer schaust du auf mich runter, ich würde mich das umgekehrt nie trauen.» Sie kontert: «Ich bin auch etwas grösser.» An der Seite eines temperamentvollen Alphatiers zu bestehen, sei eine Herausforderung, sagt Gabriella Sontheim: «Er ist ein Schnelldenker, immer zwei Schritte voraus. Und er hat diese raumeinnehmende Präsenz.» Ihr Rezept: eigene berufliche Ziele und einen eigenen Freundeskreis.

Die gelernte Primarlehrerin designte Kleider und Inneneinrichtungen in den USA, studierte an der Uni Zürich Erziehungswissenschaften und ist Lehrbeauftragte an der Pädagogischen Hochschule. Aktuell unterrichtet sie Primarschüler. Vor zwölf Jahren gründete sie das Projekt «Fit für die Sek», das Schülerinnen und Schüler beim Übertritt in die Oberstufe unterstützt.

Immer authentisch und nie nachtragend

Es sei nicht selbstverständlich, sagt sie, dass es mit ihnen schon so lange so gut klappe – trotz dem Altersunterschied, der anderen kulturellen und sozialen Herkunft. «Er unterstützt mich in allem, was ich tue. Wir haben dieselben Werte, möchten anständige Menschen sein, das ist die Basis unserer Beziehung.» Sie diskutierten viel, das sei enorm wichtig, sagt Sontheim. Bloss: Kommt sie überhaupt zu Wort? Gabriella lacht: «Er behauptet, ich rede zu viel. Aber nur, wenn er keine Antwort gibt.» Was sie schätzt: Er sei immer authentisch, nicht nachtragend und schmolle nie, selbst nach einem Streit nehme er immer sofort das Telefon ab.

Ihr Mann, lobt sie, sei ein grossartiger, liebevoller Vater. Und stolzer Grossvater. Tochter Joelle (42) ist Ärztin, lebt in Hamburg und hat zwei Kinder, Paulina (7) und Jasper (5). Sohn Kevin (44) ist Astrophysiker und gründete die KI-Firma Modulos. Nesthäkchen Lea (27) aus der Ehe mit Gabriella Sontheim bereitet sich gerade auf die Anwaltsprüfung vor und ist kürzlich ausgezogen. Die Mutter leidet am Empty-Nest-Syndrom. «Jetzt brauchen wir ein neues gemeinsames Projekt.» Nach 30 Jahren das Haus zu renovieren, steht als Idee. Das ist ihre Domäne. Er habe das Geld, sie den Geschmack, pflegt Schawinski zu sagen.

Er sagt aber auch: «Manchmal muss ich leer schlucken, wenn sie auf mich zukommt. Gabriella ist so eine tolle Frau. Wunderschön und voller Empathie, sie setzt sich seit Jahren mit viel Engagement für Benachteiligte ein. Ich bin sehr stolz auf sie.»

«Ich ging bei SRF freiwillig! – Du auch?»
7:37
Scherrer gegen Schawinski:«Ich ging bei SRF freiwillig! – Du auch?»

Öffentlich fliegen die Fetzen

Geht es um seine Familie, wird der Tiger sanft. Die Öffentlichkeit kennt ihn anders. In seinen Talks flogen schon Bücher und Schimpfwörter, und Parteipräsidenten verliessen unter Protest das Studio. Sein Ego-Spruch «Isch mini Idee gsi!» ist als Redewendung in die Zürcher Alltagssprache eingegangen. Vergleichsweise oft schlägt ihm Neid und Missgunst entgegen. «Die fragen sich: Warum der und nicht ich?», vermutet Schawinski. Über seine Misserfolge werde kaum geredet. «Ich musste Radio Opus einstellen, ein Herzensprojekt. Und mit Tele 24 verloren wir zeitweise jeden Monat eine Million Franken. Ich scheue keine Risiken, aber in meinem Leben gab es etliche schlaflose Nächte.»

Aktuell liefert er sich einen Hosenlupf mit dem Verlag Somedia der Familie Lebrument. Es geht um eine Radiokonzession, drei Millionen Franken Subvention und das Medienmonopol in Graubünden. Schawinski sagt, er erlebe aufgestachelte Ressentiments gegen ihn als fremden Fötzel. «Mein Vater wurde 1916 in Chur geboren und ging dort zur Schule», sagt er. «Die Schawinskis gabs in Graubünden also schon viel früher als die Lebruments.» Wie dieser wohl letzte Kampf gegen ein weiteres Monopol ausgeht, beurteilt das Bundesverwaltungsgericht in den nächsten Tagen und Wochen. Wenn es einer knackt, dann «Schawi». Der hatte schliesslich die Idee.

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