Darum gehts
- Longevity: gesundes Altern durch Bewegung, soziale Beziehungen, Ernährung und Mindset
- Expertin Christina Röcke betont: Es ist nie zu spät, mit Longevity anzufangen
- Bewegung hat den grössten Einfluss auf gesundes Altern, gefolgt von sozialen Beziehungen
Lon-dsche-wi-tee. Allein schon mit der Aussprache des Wortes tun sich viele schwer. Doch die gesunde Langlebigkeit ist in aller Munde. Rund um den Globus werden spezialisierte Kliniken eröffnet, Biohacking propagiert und Wearables, Fitnessprogramme und Nahrungsergänzungsmittel zum Kauf angeboten.
Das alles soll helfen, den eigenen Körper zu verstehen und zu optimieren. Die Erfüllung des alten Traums mit neuem Namen klingt zeitintensiv und kostspielig.
Blick: Frau Röcke, warum wollen wir eigentlich ewig leben?
Christina Röcke: Leben steht als Gegenpol zu Nicht-Leben, was mit dem Tod in Verbindung gebracht wird und schwer zu fassen ist. Leben hingegen heisst erleben. Das ist schön, und Schönes soll bekanntlich nie enden.
Also zählt Inhalt mehr als Länge?
Genau. Und weil wir nicht nur irgendwelche Jahre, sondern gute Jahre dranhängen wollen, kommt Longevity ins Spiel. Dieses Erleben, das wir aus unserer Kindheit ins Erwachsensein mitgenommen haben, soll weiterhin gelebt werden können. Wir wissen, das funktioniert leider nicht allein gottgegeben. Stellt sich also die Frage, was ich dafür tun kann.
Anti-Aging-Missionar und Multimillionär Bryan Johnson hat klare Vorstellungen. Schon zum Frühstück gibts 54 Pillen. Muss das sein?
Nein! Was uns gesund sein lässt, ist um einiges vielschichtiger als eine Pille. Zumal viele davon teuer sind und ihre Wirkung wissenschaftlich auf wackligen Beinen steht. Es gibt andere Dinge, von denen wir wissen, dass sie uns guttun.
Beispielsweise Ernährung und Bewegung. Gibt es noch mehr?
Körperliche und mentale Gesundheit sind zentrale Pfeiler unserer Gesamtgesundheit. Was Ernährung und Bewegung für den Körper sind, sind soziale Beziehungen und Mindset für unsere mentale Gesundheit. Sie beeinflusst auch, wie wir zu unserem Körper Sorge tragen. Gleichzeitig ist sie das Ergebnis vieler Einflussfaktoren in unserem Leben.
… denen wir ausgeliefert sind.
Das Leben passiert, ob wir es wollen oder nicht. Was aber nicht heisst, dass wir das Leben über uns ergehen lassen müssen. Das ist ein wichtiger Punkt. Unser Tun und unsere Sichtweise sind entscheidend. Denn wie ich auf Herausforderungen blicke und mit welchem Gedankenbild ich Problemen begegne, ob ich darin Möglichkeiten erkenne – das alles entscheide ich selbst.
Werden wir konkret: Ich bin ein Sportmuffel, soll nun aber meinem Muskelabbau entgegenwirken. Mit welchem Mindset packe ich das an?
Als Erstes versuchen Sie sich vom «Müssen» zu befreien. Wenn Sie es langweilig finden, im Fitnesscenter Gewichte zu stemmen, überlegen Sie sich, was Ihnen sonst Spass macht. Frische Luft? Versuchen Sie sich auf einem Vitaparcours. Musik und Leute? Dann besuchen Sie eine dieser Gruppenlektionen. Egal, wie Sie sich bewegen – alles ist besser als nichts. Und wenn Sie dabei Leute treffen, pflegen Sie damit noch soziale Beziehungen. Auch sehr wertvoll für die mentale Gesundheit.
Ein gesünderes Leben beginnt im Kopf. Das belegen diverse Studien. Genau hier setzt der Longevity-Navigator an. Über zehn Wochen hinweg erhältst du wöchentlich Impulse und Hintergründe, wie du mit dem richtigen Mindset dein Wohlbefinden stärkst. Dazu gibt es praktische Alltagstipps, die nachhaltige Veränderungen ermöglichen – unterstützt vom Healthy Longevity Center der Universität Zürich.
Ein gesünderes Leben beginnt im Kopf. Das belegen diverse Studien. Genau hier setzt der Longevity-Navigator an. Über zehn Wochen hinweg erhältst du wöchentlich Impulse und Hintergründe, wie du mit dem richtigen Mindset dein Wohlbefinden stärkst. Dazu gibt es praktische Alltagstipps, die nachhaltige Veränderungen ermöglichen – unterstützt vom Healthy Longevity Center der Universität Zürich.
Sie sagen, die Faktoren Ernährung, Bewegung, soziale Beziehungen und Mindset haben Einfluss darauf, wie wir altern. Wie sieht die Hitliste dieser vier Komponenten aus?
Den grössten Einfluss hat die Bewegung. Sie ist klar auf Platz eins. Knapp gefolgt von sozialen Beziehungen – eine Kernkomponente, wie eine Harvard-Studie zum guten langen Leben festhält. Den dritten Platz teilen sich Ernährung und Mindset gleichermassen.
Das heisst also, es ist nicht damit getan, wenn ich nur Salat esse und fünfmal die Woche joggen gehe, dabei aber niemanden sehe?
Das stimmt. Für Ihre sozialen Kontakte müssen Sie aber keine grossen Partys schmeissen. Kleine Gesten wie der Schwatz an der Kaffeemaschine im Büro, der Nachbarin zuwinken – auch das hilft. Sehen Sie die Möglichkeiten, die diese vier Faktoren bieten, als Toolbox, aus der Sie sich bedienen.
Longevity mausert sich mitunter zur Goldgrube. Vieles klingt reizvoll, kostet aber ganz schön Geld …
Lassen Sie sich nicht irremachen! Erst mal die Sinnfrage klären. Nicht alles, was angeboten wird, hat jeder Mensch gleichermassen nötig. Wer sich etwas Gutes tun will, soll erst abklären, wo die eigenen Defizite und Stärken liegen. Bluttests geben Auskunft über Mangelzustände bei Hormonen, Vitaminen und Mineralstoffen. Auch ist ein genereller Gesundheitscheck ab 50 durchaus sinnvoll – besonders zu körperlicher Fitness und Funktionalität.
Wenn ich denn mal weiss, was mir guttut – wie motiviere ich mich dranzubleiben?
Haben wir wieder einmal zu viel Pasta gegessen, das Training sausen lassen, wegen Netflix zu wenig Schlaf gekriegt, denken die meisten: «Jetzt habe ich es heute nicht geschafft, dann schaffe ich gar nichts mehr.» Ein Kardinalfehler! Wir müssen nicht alles perfekt machen. Hats heute nicht geklappt, klappt es morgen. Nur Mut. Das Zähneputzen haben wir ja auch hingekriegt.
Eine Gesellschaft voller ewig junger Super-Ager – ein neues Role Model, dem es nun nachzueifern gilt?
Bitte nicht. Jede und jeder soll den Weg wählen, der für ihn persönlich stimmt. Möglichkeiten gibt es genug. Gutes Altern ist zudem mehr als Biologie.
Und wann ist der beste Zeitpunkt, mit Longevity anzufangen?
Jetzt! Völlig egal, wie man bisher gelebt hat. Und es ist auch nie zu spät dafür.