Darum gehts
- Selbstfürsorge ist wichtig, aber kann Frust auslösen bei Erschöpfung
- Kleine, realistische Schritte helfen oft mehr als perfekte Rituale
- 5 Minuten Pause ohne Handy kann als einfache Selbstfürsorge dienen
Also beginnt der Tag mit Yoga und Atemübungen, zum Zmittag gibts bewusst gewählte Ernährung, und abends begleiten psychologische Podcasts in den Schlaf. In den Ferien stehen dann ein Meditationskurs oder gar ein Schweige-Retreat im Kloster auf dem Programm. Man trainiert das Glücklichsein – und investiert viel Zeit und Energie in die eigene Balance.
Doch irgendwie kehrt Ernüchterung ein: Das Wort «Selfcare» löst bei vielen längst nicht mehr Motivation, sondern Frust aus. Man hat doch alles versucht – und trotzdem bleibt sie da, die Erschöpfung. Der Alltag nervt, die Extrakilos bleiben, und der Nachbar geht einem immer noch auf die Nerven. Trotz aller Bemühungen will sich das Gefühl von Leichtigkeit einfach nicht einstellen.
Was Selbstfürsorge wirklich meint
Selbstfürsorge bedeutet nicht, alles perfekt zu machen oder sich in einen Gesundheitslifestyle zu stürzen. Es geht darum, bewusst und regelmässig Dinge zu tun, die Körper und Psyche guttun – und so die eigene Belastbarkeit zu stärken.
Manche tun das ganz automatisch: ein warmes Bad, ein Telefonat mit der besten Freundin, ein Spaziergang im Grünen. Doch gerade in schwierigen Zeiten braucht es mehr: bewusste Entscheidungen, die helfen, die Energiereserven wieder aufzufüllen.
Wenn Selfcare dann zur Belastung wird
Viele Menschen fühlen sich durch den ständigen Druck, immer perfekt für sich selbst zu sorgen, überfordert und erschöpft. Selfcare wirkt oft wie ein weiterer Punkt auf der langen To-do-Liste: Gesund essen, Sport treiben, rechtzeitig schlafen gehen, täglich meditieren oder Yoga machen. Statt Entspannung entsteht so schnell Stress – und das Gefühl, den eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden.
Besonders frustrierend ist es, wenn man sich wirklich Mühe gibt, aber trotzdem keine spürbare Erleichterung oder mehr Energie spürt. Man zweifelt an sich selbst und fragt sich, ob man einfach «nicht gut genug» ist im Für-sich-Sorgen. Oft schleichend stellt sich dann die Selfcare-Fatigue ein.
Was viele verwechseln
Selbstfürsorge ist definitiv kein Allheilmittel. Sie kann weder deine Probleme lösen noch den Stress wegzaubern. Vielmehr ist sie wie ein Glas Wasser auf einer langen Wanderung: Keine Lösung für alle Schwierigkeiten, aber eine kleine Stärkung, die hilft, weiterzugehen.
Was hilft, wenn man keine Kraft mehr hat
Selbstfürsorge muss nicht anstrengend oder kostspielig sein – und schon gar nicht kompliziert. Kleine, realistische Schritte helfen oft mehr als perfekt im Voraus geplante Rituale.
Oft reichen kleine Dinge, zum Beispiel:
- 5 Minuten Pause ohne Handy
- Ein «Nein», wenn man etwas nicht schafft
- Sich erlauben, müde oder auch mal traurig zu sein
- Ein bisschen früher ins Bett gehen, Buch statt Handy vor dem Einschlafen
- Eine gesunde Mahlzeit in Ruhe zubereiten und bewusst geniessen
- Eine Tramstation früher aussteigen, und bewusst atmend nach Hause laufen
Wichtig ist, dass du dich nicht unter Druck setzt. Selbstfürsorge ist kein Wettbewerb und sollte dir niemals ein schlechtes Gewissen machen.
Unterstützung suchen ist kein Zeichen von Schwäche
Wer merkt, dass die eigenen Energiereserven schwinden, darf – und sollte – sich Hilfe holen. Viele Menschen fühlen sich allein mit ihrer Erschöpfung. Doch es gibt Angebote, die genau für solche Phasen da sind:
- Gespräche mit Freundinnen und Freunden oder der Familie
- Psychologische Beratung (z. B. über die Krankenkasse oder online)
- Selbsthilfegruppen oder Austauschplattformen
- Hausärztliche Ansprechpersonen
Auch kurze, professionelle Gespräche können schon helfen, den eigenen Alltag neu zu ordnen – und neue Kraftquellen zu finden.
Du musst nicht mehr leisten – nur besser für dich sorgen
Selbstfürsorge ist kein Trend. Sie ist eine Haltung – sich selbst gegenüber. Und auch wenn der Begriff vielleicht gerade abgenutzt wirkt, bleibt die Idee dahinter zentral: Du darfst dich wichtig nehmen. Auch wenn alles andere gerade laut ist. Und das bitte ohne Druck oder strenges Programm, einfach mit vielen kleinen Dingen, die dir guttun und zu denen du dich nicht zwingen musst.
So bleibt dir die Selfcare-Fatigue erspart – weil du erkennst, dass es oft die kleinen, liebevollen Rituale im Alltag sind, die wirklich guttun. Du erlaubst dir, einfach zu sein, statt dich ständig verbessern zu müssen. Kein Streben nach Perfektion, sondern ein achtsames Innehalten – genau so, wie es dir guttut.