Darum gehts
- Für Verkostungen auf Weingütern wird immer öfter Geld verlangt.
- Der Betrag wird bei einem entsprechenden Kauf angerechnet.
- Weshalb das Sinn macht, erklärt eine Winzerin, die viel Herzblut in die Gästebetreuung steckt.
Der Fisch in der Bude am Meer schmeckt köstlich, der Wein auch. Das Weingut des Produzenten liegt in der Nähe und ein Besuch im kühlen Keller einer Bodega samt Verkostung ist eine nette Abwechslung zum Strandleben. Ein, zwei Flaschen Wein als Souvenir passen auch noch ins Gepäck.
Vor Ort dann die Überraschung: 40 Euro kostet die Degustation durchs Sortiment. Die werden bei einem Kauf ab 150 Euro angerechnet. Aber so viel Kapazität hat es im Koffer nicht. Ist der Obolus für die Verkostung unverschämt oder verständlich?
Ab-Hof-Verkauf hat sich gewandelt
Silvia Heinrich (51) führt ein Weingut im österreichischen Burgenland, nicht weit vom Neusiedlersee. Sie ist mit der Vermarktung ab Weingut gross geworden und erinnert sich, dass die Kunden früher bei einem Weingutsbesuch den Wein fürs ganze Jahr kauften.
Sie erklärt: «Heute sind die meisten Weine im Handel zum gleichen Preis erhältlich wie auf dem Weingut. Da haben wir bei der Direktvermarktung dazugelernt. Darum ist das Weinverkosten auf dem Gut eher Genusserlebnis und Freizeitvergnügen. Wie ein Kochkurs bei einem berühmten Chef.»
Infrastruktur kostet
Auch auf dem Weingut Silvia Heinrich wird eine Verkostungspauschale verlangt. Aber teils sei schon zu beobachten, dass sich Weintouristen Betriebe aussuchten, die ihre Proben gratis anbieten.
Was man nicht vergessen sollte: Der angemessene Empfang auf dem Weingut kostet die Winzer einiges. Die Ausstattung eines Verkostungsraums samt sanitären Einrichtungen, die heute oft Vorschrift sind, ist eine grosse Investition. Und auch in Familienbetrieben braucht es bei fixen Öffnungszeiten Personal für den Weinverkauf.
Besuch auf dem Weingut als Wertschätzung
«Meine Mutter sagte immer, ‹wenn der Wein schmeckt, kommen die Kunden gerne›. Für mich ist der direkte Austausch mit den Kundinnen und Kunden in einer schönen Atmosphäre wichtig. Unsere Besucher nehmen sich Zeit und sind interessiert. Das sehe ich als grosse Wertschätzung — und möchte dafür auch selbst den Gästen etwas Besonderes bieten», erklärt Silvia Heinrich.
Wenn das Interesse an ihren Weinen gross ist, öffnet sie auch Raritäten, wie ältere Jahrgänge oder Weine, die selten im Handel gelistet sind. Und wenn sie fragt, ob man ihre Weine denn schon kenne, lautet die Antwort oft: «Ja, vom Restaurant mit dem hübschen Schilfdach und der Terrasse direkt am See.»