Darum gehts
- Kritik an guter Gastronomie: Teure Restaurants mit hochwertigen Zutaten angefeindet
- Kochkurse bieten Wissensvermittlung, Inspiration und wertvolle Tipps
- 185 Franken pro Person für Kochkurs mit Gemüse, Pasta und Wein
Gute Gastronomie steht heute oft in der Kritik. Es ist absurd: Ausgerechnet Restaurants, die besonders sorgfältig kochen, alles von Grund auf selber machen und nur frische, hochwertige Zutaten verwenden, werden angefeindet. Da wird ungehemmt gehatet: Zu teuer! Zu abgehoben! Zu kleine Portionen! Viel zu viel Getue!
Dabei müsste es eigentlich umgekehrt sein. Ein billiges Restaurant, das billige Zutaten verwendet und nur Convenience-Food aufwärmt, müsste an die Kandare genommen werden. Denn im Gegensatz zu einem Spitzenrestaurant, das allein mit Essen kaum Gewinn erwirtschaftet, machen diese gute Kohle. Die Unverschämtheit ist nicht, 39 Franken für eine delikate Vorspeise zu verlangen, sondern 39 Franken für ein Tiefkühl-Cordon-bleu.
Berufskollegen, die ein Catering führen, können auch ein Liedchen davon singen, wie Auftraggeber oft versuchen, den Preis zu drücken, die Leistung kleinzureden, oder – besonders nervig – Teile des Caterings selbst übernehmen möchten, weil sie glauben, so besonders clever zu sparen.
Nun habe ich auch eine Kritik zu einem meiner Kochkurse erhalten. Sie steht exemplarisch dafür, wie wenig Ahnung gewisse Leute davon haben, welchen Wert echtes Kochhandwerk hat. Hier die anonymisierte Kritik – und meine Antwort darauf:
Lieber Claudio. Ich bin über deinen Kursabend gestolpert – 185 Franken pro Person für Gemüse, Pasta, Polenta, Brot und ein Glas Wein. Klingt nach einem schönen Abend, keine Frage. Aber ich habe mir erlaubt, den Betrag mal in Gemüse umzurechnen – quer durch die Palette. Resultat:
Über 52 Kilo Gemüse. Mehr als 140 vollwertige Mahlzeiten. Fast drei Monate satt essen – und das täglich. Das hat mich zum Schmunzeln gebracht. Vielleicht wäre das ja eine Idee für den nächsten Kurs: «Gemüse für Fortgeschrittene – mit Budgetbewusstsein und Lagerstrategie.»
Nichts für ungut – ich mag deine Arbeit. Aber manchmal hilft eine kleine Rechenübung, um den Preis in Perspektive zu setzen.
Lieber Kritiker
Deine Gemüse-Mathematik mag dich zum Schmunzeln gebracht haben. Mir zeigt deine Erbsenzählerei vielmehr, wie kurz dein Blick greift. Ein Kochkurs ist kein Gemüseeinkauf.
Es geht nicht um den Kilopreis von Karotten, sondern um Wissensvermittlung, Inspiration, wertvolle Tipps – und vor allem um Haltung. Dazu kommen die Vorbereitung durch ein halbes Dutzend Personen, die mithelfen und organisieren, plus Raummiete und Spesen.
Am Ende geht es um einen besonderen Abend in Gesellschaft. Mit Menschen, denen Genuss, Freude und Achtsamkeit wichtig sind. Was ist dir wichtig? Möglichst billig satt zu werden? Auch gut – jeder, wie er mag. Warum bietest du nicht einen Kurs dazu an?
Unsere Gäste schätzen, dass sie in ein paar Stunden genau das mitnehmen, wofür sie sonst jahrelang Erfahrung sammeln müssten. Das alles lässt sich nicht in Pasta- und Polentaportionen bemessen. Wenn du 52 Kilo Gemüse lieber allein zu Hause verkochst, sei dir das von Herzen gegönnt.
Aber vielleicht merkst du irgendwann: Nicht alles lässt sich in Kilos messen.