Studie zeigt: Vorgesetzte sind kaum sensibilisiert
Frauen verheimlichen im Job Symptome der Wechseljahre

Erstmals widmet sich eine schweizweite Befragung dem Thema Wechseljahre am Arbeitsplatz. Die Ergebnisse zeigen: Frauen erhalten wenig Unterstützung und stecken beruflich zurück – eine verpasste Chance in Zeiten des Fachkräftemangels.
Publiziert: 03.09.2025 um 15:22 Uhr
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Aktualisiert: 03.09.2025 um 15:55 Uhr
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Bei 68 Prozent der befragten Frauen sind die Wechseljahre nie oder selten ein Thema am Arbeitsplatz.
Foto: Getty Images

Darum gehts

  • Wechseljahre am Arbeitsplatz: Studie zeigt Tabu und mangelnde Unterstützung
  • Frauen fühlen sich alleingelassen, verheimlichen Symptome aus Angst vor Benachteiligung
  • 68 Prozent geben an, dass am Arbeitsplatz nie oder selten darüber gesprochen wird
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Karen SchärerTeamlead Gesellschaft

Die Menopause ist ein Trendthema in Podcasts, Buchhandlungen und auf Social Media. Man könnte denken, das Tabu rund um die hormonellen Umstellungen bei Frauen ab etwa 40 Jahren sei tatsächlich gefallen. Doch an einem Ort haben die Wechseljahre häufig nach wie vor nichts verloren: bei der Arbeit. 

Dies zeigt aktuell die erste schweizweite Befragung zum Thema Wechseljahre am Arbeitsplatz, an der über 2200 Frauen zwischen 30 und 67 online teilgenommen haben. Anlässlich der Präsentation der Ergebnisse sagte Petra Stute von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde am Inselspital Bern: «Die Wechseljahre sind keine Krankheit, aber sie können krank machen, wenn Frauen im Arbeitsumfeld allein gelassen werden.»

Frauen fürchten Benachteiligung

Und alleingelassen fühlen sich viele Frauen: In der Studie «MenoSupport Suisse» gaben rund 68 Prozent von ihnen an, an ihrem Arbeitsplatz werde nie oder selten über das Thema Wechseljahre gesprochen.

Entsprechend fehlt vielen auch der Mut, Beschwerden und Symptome zu thematisieren: 40 Prozent der Befragten befürchten, wegen Wechseljahresymptomen benachteiligt zu werden, und 47 Prozent verheimlichen ihre Symptome bei der Arbeit. 

Die Leistungsfähigkeit kann durch Beschwerden im Zusammenhang mit den hormonellen Umstellungen beeinträchtigt sein. So kann Schlafmangel zu Konzentrationsproblemen führen, Brain Fog zu Vergesslichkeit. Eine Frau mit Hitzewallungen gab in der Befragung zu Protokoll: «Ich habe Kundentermine verschoben, weil ich durchnässt war.» 

«Vorgesetzte zeigte null Toleranz»

Parallel zur Studie ist in diesen Tagen das Sachbuch «Mittendrin» von Journalistin Jeanette Kuster erschienen. Es vereint Erfahrungsberichte zur Perimenopause von Frauen in der Schweiz und Expertinneninterviews aus verschiedenen Disziplinen.

Wechseljahre: Die Begriffe

In den Wechseljahren stellen sich die Hormone um. Meist beginnen sie im fünften Lebensjahrzehnt. Der Begriff Menopause bezeichnet die letzte Regelblutung, wird im Volksmund aber als Synonym für Wechseljahre verwendet. Die Prämenopause beginnt ab 40 mit unregelmässigeren Blutungen und ersten Symptomen. Die Perimenopause ist die Zeit ein bis zwei Jahre vor bis ein Jahr nach der letzten Blutung. Die Postmenopause beginnt 365 Tage nach der letzten Menstruation.

In den Wechseljahren stellen sich die Hormone um. Meist beginnen sie im fünften Lebensjahrzehnt. Der Begriff Menopause bezeichnet die letzte Regelblutung, wird im Volksmund aber als Synonym für Wechseljahre verwendet. Die Prämenopause beginnt ab 40 mit unregelmässigeren Blutungen und ersten Symptomen. Die Perimenopause ist die Zeit ein bis zwei Jahre vor bis ein Jahr nach der letzten Blutung. Die Postmenopause beginnt 365 Tage nach der letzten Menstruation.

Im Buch sagt eine Marketingexpertin: «Ich hatte in dieser Zeit Konzentrationsschwierigkeiten und manchmal leichte Aussetzer bei der Arbeit. Da dachte ich mir, ich spreche das am besten ganz offen an. Meine Vorgesetzte zeigte aber null Toleranz – das fand ich ungeheuerlich, dass man nicht einmal unter Frauen ein gewisses Verständnis füreinander aufbringen kann, wenn es um solche hormonell bedingten Probleme geht.»

Eine von drei Frauen zieht im Job Konsequenzen

Gynäkologin Petra Stute sagt: «Die Daten der Studie zeigen klar: Medizinisches Wissen gehört nicht nur in die Praxis, sondern auch in die Chefetagen. Nur so lassen sich Gesundheit, Motivation und Produktivität in dieser Lebensphase erhalten.» Bleiben Arbeitnehmerinnen allein mit ihren Beschwerden, kann dies für das Unternehmen negativ sein: Sie treten Verantwortung ab, schlagen die Beförderung aus, kündigen gar.

Und es sind nicht Einzelfälle: «Eine von drei Frauen zieht Konsequenzen für ihre Berufstätigkeit aus ihren Wechseljahresymptomen», sagt Andrea Rumler von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, die die Studie gemeinsam mit dem Inselspital Bern und The Women Circle durchgeführt hat. Laut der Studie hat jede fünfte befragte Frau ihr Arbeitspensum reduziert. 16 Prozent haben die Stelle gewechselt, 13 Prozent eine Auszeit genommen. Und jede 20. Frau ist frühzeitig in Pension gegangen. 

Vakante Stellen zu besetzen, ist kostspielig – und angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels sollte das Interesse gross sein, Frauen im Erwerbsleben zu halten. Ideen, wie dies gelingen kann, liefert die Studie gleich mit – teuer sind diese Massnahmen nicht. Denn Frauen wünschen sich vor allem Informationen und Sensibilisierung: Führungskräfte und Mitarbeitende sollen wissen, worum es bei den Wechseljahren geht.

Zudem wünschen sich die Befragten die Etablierung einer wechseljahrefreundlichen Arbeitskultur. Dazu gehören klimatisierte Arbeitsplätze, flexible Arbeitszeitmodelle, Kurse zu Entspannungstechniken und spezielle Sportangebote. Adrian Kahn von The Women Circle sagt: «Die Schweiz hat ein perfektes System für männliche Arbeitnehmende aufgebaut. Mit Blick auf weibliche Mitarbeitende ist der Aufholbedarf enorm.»

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