Darum gehts
- Google revolutioniert Suchmaschine mit KI-Modus für direkte Antworten
- KI-Modus nutzt Geminis Sprachmodell und zerlegt Anfragen in Einzelsuchen
- Experten üben Kritik an der Zuverlässigkeit und Sichtbarkeit von Inhalten
Google baut seine Suchmaschine radikal um. Der neue KI-Modus macht aus der Suchmaschine einen digitalen Assistenten, der direkt antwortet, anstatt zu verweisen. Eine «komplette Neugestaltung der Internetsuche», nannte CEO Sundar Pichai die Funktion an der Entwicklerkonferenz I/O.
Der neue KI-Modus nutzt Geminis Sprachmodell und zerlegt jede Anfrage in Dutzende Einzelsuchen, die parallel ausgeführt und zu einem Antwortblock verdichtet werden. Die blauen Links werden weniger wichtig. Noch ist der KI-Modus in einem separaten Bereich. Denkbar ist, dass der Modus künftig zum neuen Standard wird.
Burger oder Gift?
Das hat Gewicht: Google beantwortet heute 90 Prozent aller Suchanfragen weltweit. Der KI-Chatbot auf google.com wird Millionen von Menschen erstmals mit KI in Kontakt bringen. Der Konzern wird so vom Wegweiser zum Gesprächspartner.
Journalist Henk van Ess warnt vor dieser «Snackifizierung von Information». Das Problem: «Man erkennt nicht, ob es ein Gourmet-Burger oder ein chemisches Experiment ist – bis man probiert hat.» Er testete den KI-Modus stichprobenartig mit rund 30 Anfragen und fand etliche Mängel: Bei Reparaturanleitungen drohte Stromschlag, bei Rechtsfragen falsche Hinweise, bei der Pilzsuche tödliche Fehler. Die Deklaration von Google, dass diese KI-Inhalte auch Fehler enthalten können, schützten nicht zuverlässig, sagt er. Van Ess fasst das Dilemma so zusammen: Der KI-Koch serviert alles mit dem gleichen strahlenden Lächeln, egal ob korrekte Information oder gefährliche Falschinformation.
Wer kocht, bestimmt das Menü
Die News-Media-Alliance bezeichnet Googles neuen KI-Modus als «Diebstahl». Präsidentin Danielle Coffey: «Links waren die letzte rettende Eigenschaft der Suche. Jetzt nimmt sich Google diese Inhalte mit Gewalt und nutzt sie ohne Gegenleistung.» Studien zu den AI-Overviews, dem Vorläufer des KI-Modus, zeigen rund 35 Prozent weniger Klicks auf Top-Ergebnisse. Reichweite fällt weg, besonders für Medienhäuser und KMUs. Darum sollten sie künftig genau prüfen: Werden sie noch wahrgenommen oder nur noch verdaut?
Google widerspricht dieser Darstellung vehement. Suchmaschinen-Chefin Liz Reid betonte an einem Panel an der I/O: «Wir sehen bei den KI-Übersichten, dass Nutzende länger auf Sites verweilen und sie stärker mit ihnen interagieren.» Die KI-Antworten würden als Startpunkt dienen – Nutzer bekämen Grundlagen vermittelt und vertieften dann auf den ursprünglichen Websites. Zudem führe die neue Technologie zu einer «grösseren Vielfalt» bei den besuchten Websites. Das Unternehmen legt keine absoluten Trafficzahlen offen.
Werbung im KI-Modus
Google plant bereits Werbung in den KI-Antworten. «Sponsored»-Plätze sind in den USA verfügbar. Das schützt das Geschäftsmodell: Allein im ersten Quartal 2025 nahm Alphabet 66,9 Milliarden Dollar mit Werbung ein.
Für Schweizer Nutzerinnen und Nutzer ist der KI-Modus vorerst nicht verfügbar – Google testet diesen ausschliesslich in den USA. Eine Ausweitung ist angekündigt. «Sobald wir verstehen, wie Menschen den KI-Modus nutzen, und die nötigen Tests pro Land abgeschlossen haben, werden wir den AI Mode nach Europa bringen», so Reid.
Google testet auch bereits weitere KI-Funktionen: «Deep Search» kann Hunderte Suchanfragen parallel ausführen und in Minuten vollständig zitierte Berichte erstellen. «Search Live» ermöglicht Gespräche über das, was die Handy-Kamera in Echtzeit sieht.