Darum gehts
- 144 Mietparteien in Bern-Bümpliz müssen ausziehen. Hochhaus wird totalsaniert
- Viele Betroffene sind über 80 Jahre alt oder kürzlich eingezogene Studierende
- Mietpreise sollen nach der Sanierung um mindestens 300 Franken steigen
144 Mietparteien in Bern-Bümpliz stehen bald ohne Zuhause da. Grund dafür ist die geplante Totalsanierung des 20-stöckigen Hochhauses. Vor wenigen Wochen erhielten alle Bewohnerinnen und Bewohner die Kündigung – mit Verweis auf das Alter des Gebäudes. «Nach 52 Jahren Betrieb haben das Hochhaus und seine Einrichtungen das Ende ihrer Lebensdauer erreicht», heisst es im Schreiben der Baugenossenschaft.
Viele der Mieterinnen und Mieter, mit denen Blick gesprochen hat, sind über 80 Jahre alt. Für sie bedeutet ein Wegzug aus dem gewohnten Umfeld enormen Stress. Von der Kündigung betroffen sind auch Studierende, die erst im Februar 2025 eingezogen sind. Sie erzählen, dass sie beim Einzug nichts von der geplanten Sanierung gewusst hätten. Die Mietpreise lagen bislang zwischen 410 Franken netto für ein Studio und 1600 Franken für eine 5,5-Zimmer-Wohnung. Nach der Sanierung sollen die Mieten um mindestens 300 Franken steigen.
Leser zwischen Verständnis und Kritik
In der Leserschaft sorgt der Fall für hitzige Diskussionen. Leser Markus Bachmann findet sich in einer ähnlichen Lage wieder: Auch seinem Wohnblock droht die Totalsanierung. «Es sind kaum Wohnungen verfügbar in der Umgebung und wenn, dann viel kleiner oder viel teurer. Es ist ein Desaster auf dem Schweizer Wohnungsmarkt. Obwohl bei uns in der Umgebung enorm viel gebaut wird, gibt es kaum noch Wohnungen unter 1500 Franken», schreibt er verzweifelt.
Leser Roland Greter zeigt grundsätzlich Verständnis dafür, dass ältere Gebäude saniert werden müssen. Doch gewisse Aspekte stören ihn: «Dass neuen Mietern, die vor vier Monaten eingezogen sind, nicht gesagt wurde, dass die Wohnung nur befristet vermietet werden kann, ist aber eine Sauerei. Die Kündigungsfrist von einem Jahr ist auch zu kurz, da nun 144 Parteien in der gleichen Ortschaft eine neue Bleibe suchen. Solche Vorhaben werden von langer Hand geplant. Da kann man die Mieter auch schon im Voraus informieren.»
Für Leser Roland ist die Sanierung nicht nachvollziehbar – zumindest nicht unter den aktuellen Umständen. «Für die Bewohner stimmen diese Wohnverhältnisse. Sie fühlen sich wohl, sind froh, dass sie günstig wohnen können. Warum sollen sie ausziehen?», fragt er sich. Auch User Bernd Reichenberger ist der Meinung, ein Umbau im bewohnten Zustand wäre möglich gewesen. «Aber das gelingt in der Schweiz nicht, denn nach der Sanierung kann man die Mietpreise extrem erhöhen!» schreibt er.
«Solche Mieten sind nicht mehr zeitgemäss»
Die Mehrheit der Leserinnen und Leser befürworten hingegen das Vorgehen der Baugenossenschaft. Adrian Müller gehört dazu: «Hier ist es verständlich, dass man etwas machen muss. Die Vorlaufzeit der Kündigung beträgt ein Jahr. Es hätte auch so kommen können, dass alle raus müssen, weil es eben zu gefährlich ist, dort zu leben. So ein veraltetes Hochhaus habe ich schon lange nicht mehr gesehen», schreibt er.
Leser Lionel Werren kann die Sanierung ebenfalls nachvollziehen. Angesichts der aktuellen Marktlage seien die bisherigen Mieten kaum haltbar, meint er. «Solche Mieten sind einfach nicht mehr zeitgemäss. Damit kann kein Vermieter haushalten, völlig unrealistisch», schreibt er.
Und auch Helvetien Graber sieht das so. Seiner Meinung nach müsse man immer mit einer Kündigung rechnen können: «Die Mieten werden nach der Sanierung nur minimal erhöht. Zudem sind Mieter Menschen, die fremdes Eigentum mieten, um es zu benutzen. Es kann immer zu einer Kündigung kommen, aus verschiedenen Gründen.»