Leser rebellieren gegen Postauto
«Wenn ich nicht bar zahlen kann, fahre ich jeweils schwarz»

Unsere Leser reagieren auf das bargeldlose Bezahlen in den Bündner Postautos mit offenem Widerstand – manche fahren aus Frust oder Not ohne gültigen Fahrausweis. Ein Streit, der jetzt richtig Fahrt aufnimmt.
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Berta Caminada (77, im Rollstuhl) redet Postauto-Vertreter Roger Walser ins Gewissen.
Foto: PD

Darum gehts

  • Seit Dezember sind Bündner Postautos bargeldlos, was Kritik auslöst
  • Petition gegen Bargeldabschaffung sammelte 8000 Unterschriften von Unterstützern
  • 89 Prozent der Umfrageteilnehmer wollen Bargeldzahlung weiterhin ermöglichen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sarah RiberzaniRedaktorin Community

Seit dem Fahrplanwechsel Mitte Dezember brodelt es in den Bündner Postautos. Was für die einen ein Schritt in die digitale Zukunft ist, fühlt sich für andere wie eine abrupte Diskriminierung an. Billette gibts nicht mehr beim Chauffeur, Bargeld ist passé. Wer mitfahren will, muss digital zahlen.

Genau diese Umstellung sorgt bei Berta Caminada (77) für Wut. Die Rentnerin aus Bonaduz fühlt sich vom bargeldlosen Postauto ausgeschlossen und wehrt sich. Mit ihrer Petition «Postauto ohne Bargeld NEIN!» hat sie innert weniger Wochen rund 8000 Unterschriften gesammelt.

Rückhalt erhält Caminada auch von den Blick-Leserinnen und -Lesern: In einer Umfrage mit über 7000 Teilnehmern sprechen sich 89 Prozent dafür aus, dass das Bezahlen mit Bargeld im Postauto weiterhin möglich sein soll. Lediglich elf Prozent sind der Meinung, dass die aktuellen digitalen Zahlungsoptionen ausreichen.

Wird Schwarzfahren zur Notlösung?

In den Kommentaren berichten Leserinnen und Leser von ihren eigenen Erfahrungen. Hans Huber schreibt: «Ist mir auch schon passiert, im Postauto. Der Chaffeur wollte mein Bargeld nicht und ich will kein Smartphone. Musste gezwungenermassen schwarz fahren. Ironischerweise kann man aber die Busse für Schwarzfahren in Bar bezahlen und man bekommt sogar eine Papierquittung. Schon lustig!»

Ähnlich äussert sich User Hans Eggi: «Ich bestehe auch darauf, mit Bargeld zu bezahlen. Wenn dies in einigen öffentlichen Verkehrsmitteln nicht im Angebot ist, fahre ich jeweils ohne gültigen Fahrausweis. Es ist ja nicht so, dass ich nicht bezahlen würde – aber wenn sich der ÖV nicht mehr an geltendes Recht hält, ist Widerstand Pflicht.»

Für Peter Anders geht das Problem weit über das Postauto hinaus: «Das Abschaffen des Bargeldes ist ein politisches Ziel.» Gerade jüngere Menschen würden nicht verstehen, was das alles bedeute. Er fordert dazu auf, sich über die Vor- und Nachteile zu informieren. «Die Rentnerin Berta Caminada hat vollkommen recht, wenn sie sich zur Wehr setzt. Solange das Bargeld ein offizielles Zahlungsmittel ist, müssen sie es auch annehmen. Ansonsten bedanke ich mich beim Chauffeur für die Gratisfahrt, denn eine Beförderungspflicht haben sie!»

«Anpassen ist angesagt!»

Dem gegenüber steht eine andere Perspektive, die das Thema ganz anders bewertet. So betont Susi Abderhalden: «Das ist keine Diskriminierung, das nennt sich Fortschritt! Ich sehe nur Vorteile in der digitalen Bezahlung. Ich bin auch nicht mehr jung, aber ich habe seit Jahren kein Bargeld mehr bei mir.» Ihrer Meinung nach sei es egoistisch, weiterhin auf Barzahlung zu bestehen. Viele Fahrgäste müssten ihr Kleingeld erst mühsam zusammensuchen. «Wie fühlt sich der Chauffeur dabei? Er hat einen strengen Fahrplan einzuhalten und das ist bei solchen Fahrgästen schlichtweg nicht mehr möglich!» 

User Michael Schnegg befürwortet die neue Regelung ebenfalls. Dabei unterstreicht er vor allem die Kosten: «Letztlich wirken sich ständiges Münzzählen und Herumschleppen von Kassen auch auf die Kostenentwicklung für die anderen Kunden mit Abo und App aus, welche diese altertümlichen Angebote mitfinanzieren müssen. Die ganze Finanzierung und Unterhaltung all dieser Münzautomaten und Kassen für eine Minderheit ist nun einmal nicht billig!» 

Auch Christoph Sägesser, selbst Rentner über 70, begrüsst die Abschaffung des Bargelds im Postauto. «Der Mehraufwand bei Barzahlungen sollte auf die Preise für Barzahler dazugerechnet werden. Dann noch der unnötige Zeitaufwand für den Chauffeur, bis einige dann ihr Münz zusammengekratzt haben.» Sägesser nutzt seit langem die SBB-App und betont: «Es ist kein Problem, aber man muss wollen.» In seinem Umfeld hätten auch ältere Rentner keine Schwierigkeiten mit der digitalen Bezahlung. «Anpassen ist angesagt!», appelliert er. 

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