Reportage von der Monterey Car Week 2025
Ein Fest für alle automobilen Sinne

Die Stimmung in der Autoindustrie ist bescheiden. Das spüren Besucher mittlerweile auch auf der Monterey Car Week – dem Höhepunkt des automobilen Jahres. Die mehr als 100'000 Fans feiern trotzdem rund um die Uhr. Und auch viele Hersteller trommeln, so laut es geht.
Publiziert: 06:40 Uhr
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Aktualisiert: 08:38 Uhr
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Traumautos, so weit das Auge reicht: Die Monterey Car Week an der US-Pazifikküste gilt als Höhepunkt des automobilen Jahres.
Foto: zVg

Darum gehts

  • Monterey Car Week zieht jährlich über 100'000 Autoliebhaber an die US-Westküste
  • Exklusive Veranstaltungen wie The Quail und Concours d'Elegance präsentieren Traumautos
  • Bugatti Brouillard, ein Einzelstück, kostet den Käufer mindestens 20 Millionen Franken
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

So eine Veranstaltung wie an der amerikanischen Pazifikküste wünscht sich die Autowelt auch in Europa. Nirgends ist die Stimmung besser, die Szene bunter, die Lust am Automobil grösser. Jedes Jahr zieht die Monterey Car Week in der dritten Augustwoche mehr als 100'000 Fans aus aller Welt an die US-Westküste und lässt die ansonsten höchst beschauliche Region rund um die Luxusenklave von Pebble Beach aus allen Nähten platzen. Eine knappe Woche lang donnern Autoliebhaber mit ihren getunten Supersportwagen über den 17-Mile Drive, die Cannery Row oder den Cabrillo Highway, um sich nebst dem eigenen Schmuckstück artgerecht in Szene zu setzen.

Hier kommen alle auf ihre Kosten: Oldtimerfans feiern sich an der Car Week ebenso wie Mitglieder zahlloser Supercar-Klubs. Nirgendwo auf der Welt können Carspotter mehr individualisierte Einzelstücke, Hypercars und exklusivste Klassiker bestaunen. Rimac Nevera, Lamborghini Revuelto, Ferrari 250 GTO, Porsche Carrera GT, Mercedes SL Flügeltürer oder Bentley Blower – all diese Traummobile gehören hier ein paar Tage zum normalen Strassenbild.

Von der Rostlaube bis zum Einzelstück

Entsprechend viele Autoliebhaber tummeln sich entlang der überfüllten Zufahrtsstrassen und vor den einschlägigen Hotels, um die oft millionenteuren Fahrzeuge zu bestaunen. Italo-Anhänger besuchen zwei Tage den «Concorso Italiano», Fans deutscher Automobilkunst treffen sich auf dem Golfplatz von Pacific Grove bei den «Legends of Autobahn», wo ein aufwendig zum Shooting Brake umgemodelter Mercedes C 126 alle Blicke auf sich zieht. Und wer mit einer echten Schrottkiste unterwegs ist, macht mit seiner Rostbeule einen Abstecher zur Traditionsveranstaltung «Concours de Lemons» in Seaside, schaut bei «Exotics on Broadway» vorbei oder fährt zu einem der zahllosen Fantreffen im Valley.

Mercedes-Fan Peter (34) ist mit seinem 380 SEL von 1981 aus Austin angereist – wie jedes Jahr. «Die Stimmung hier ist einzigartig. So viele verschiedene Events gibt es nirgends anders», strahlt der Texaner, der aus Kostengründen 20 Meilen weiter im Landesinneren in einem Motel übernachtet. Zwar zahlt auch er stattliche 200 Dollar die Nacht. Doch die schicken Hotels verlangen während der Car Week oftmals sogar 1000 Dollar oder mehr.

Trotzdem ist die Stimmung ausgelassen, die Events voller als in den Jahren zuvor. Die Strassen im Dreieck zwischen Big Sur, Monterey und der spektakulären Rennstrecke von Laguna Seca sind schon lange vor dem eigentlichen Wochenende überlastet. Fleissige Helfer, lokale Ordnungsbehörden und ein fein abgestimmter Kalender können nicht verhindern, dass hier tagsüber oftmals nichts mehr geht.

Exklusiver geht immer

Besonders beliebt sind die sogenannten Pinnacle-Events «The Quail» oder der Concours d'Elegance auf der 18. Bahn des Golfplatzes von Pebble Beach am Abschlusstag, wo Klassiker neben neuen Modellen in Szene gesetzt werden. Doch die steigende Zahl Besucher, strahlende Gesichter beim Autonachwuchs und den alten Hasen sind nur die eine Seite der Medaille. Die europäischen Premiummarken und speziell die deutschen Hersteller sucht man bei der Monterey Car Week und speziell den Luxusevents von Pebble Beach zumeist vergeblich.

Ganz anders Lamborghini, das beim Luxusevent «The Quail» mit dem Fenomeno ein auf 29 Stück limitiertes Kleinserienmodell enthüllt. «Die Monterey Car Week ist für uns der perfekte Platz, um unsere Neuheiten zu präsentieren», sagt der anwesende Lamborghini-CEO Stephan Winkelmann (60): «Hier passen Umfeld, Wetter, Markt und Klientel wie nirgends anders auf der Welt.» Für mehr als 3 Millionen Euro erhält die auserwählte Kundschaft den schnellsten und stärksten jemals kreierten Lamborghini, der mit seiner Kombination aus 6,5-Liter-V12-Saugmotor und drei E-Aggregaten irre 1080 PS auf den Asphalt schaufelt und in gerade einmal 2,4 Sekunden Tempo 100 erreicht.

Wem eine Kleinstserie noch nicht exklusiv ist, darf vom Bugatti Brouillard träumen – zweifelsohne eines der Highlights der diesjährigen Car Week. Der von Bugattis neuer Spezialabteilung Solitaire erschaffene Hypersportwagen, der nach dem Lieblingspferd von Firmengründer Ettore Bugatti benannt sein soll, dürfte den glücklichen und solventen Käufer mindestens 20 Millionen Franken gekostet haben. Dafür ist im Brouillard kein Teil von der Stange, sondern alles höchst individualisiert, wobei im Heck der prestigeträchtige Sechszehnzylindermotor mit spektakulären 1600 PS zum Einsatz kommt.

Junge Klassiker gefragt

Die Zurückhaltung vieler Marken aus Deutschland, England oder Südkorea nutzen aber nicht allein Kleinserienhersteller wie Czinger, Singer, Pagani, Bovensiepen, Ruf oder Meiers Manx, sondern auch Lexus, Honda, Bentley oder Cadillac, um sich im warmen Sonnenlicht zwischen Putting Greens und Versteigerungsarealen in Szene zu setzen. Die Auktionshäuser RM Sotheby's, Mecum oder Goodings haben ebenfalls mit einem sich stark verändernden Markt zu kämpfen. Viele historische Modelle, speziell aus der Vorkriegszeit oder den 1950er- bis 1960er-Jahren, tun sich beim jünger werdenden Publikum oft schwer.

Stattdessen fällt bei jungen Klassikern wie Lancia Delta, Porsche 959 oder limitierten Ferrari-Modellen der Hammer zu Rekordpreisen. Wer bei den Versteigerungen überboten wird, schaut beim Kultautohändler Dodi an der Del Monte Avenue in Monterey vorbei und lässt sich den historischen Porsche ein paar Tage später nach Hause liefern. Oder er wird auf den zahllosen Parkplätzen fündig, wo viele ihr Fahrzeug per Fensterinserat anbieten. An der Monterey Car Week ist nichts unmöglich.

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