Zurück im Kalten Krieg?
Trump will Atombomben zünden – und versetzt die Welt in Angst

Donald Trump will wieder Atombomben testen – zum ersten Mal seit über 30 Jahren. Offiziell, um mit China und Russland «gleichzuziehen». Tatsächlich aber stellt seine Ankündigung die jahrzehntelange US-Politik infrage – und weckt Erinnerungen an den Kalten Krieg.
Publiziert: 12:02 Uhr
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Aktualisiert: 12:12 Uhr
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Donald Trump plant erstmals seit über 30 Jahren wieder Atomwaffen-Tests durchführen zu lassen.
Foto: AP

Darum gehts

  • Trump kündigt Atomwaffentests an. Experten zweifeln an Umsetzbarkeit der Drohung
  • Ankündigung als Reaktion auf Chinas und Russlands nukleare Aktivitäten gesehen
  • Letzte US-Atomtests fanden im September 1992 in Nevada statt
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Donald Trump (79) hat es wieder getan. Ein einziger Truth-Social-Post – und schon hält die Welt kurz den Atem an. «Wegen der Testprogramme anderer Länder habe ich das Kriegsministerium angewiesen, auf gleicher Basis mit dem Testen unserer Atomwaffen zu beginnen», verkündete der US-Präsident am Donnerstag. Zum ersten Mal seit über 30 Jahren soll Amerika wieder Atomwaffen testen – ein Signal, das weit über Washington hinaus hallt. Was steckt hinter dieser Ankündigung? Und wie ernst ist sie zu nehmen?

Symbolpolitik mit Sprengkraft

Offiziell begründet Trump seinen Schritt mit der «Notwendigkeit, mit China und Russland gleichzuziehen». Der Zeitpunkt – kurz vor einem Treffen mit Chinas Präsident Xi Jinping (72) am Mittwoch – legt allerdings nahe, dass es auch um politische Inszenierung geht. Die Botschaft ist klar: Amerika lässt sich nicht überholen. Dabei hatte sich die USA seit 1992 an ein freiwilliges Moratorium gehalten: auf nukleare Sprengtests wurde verzichtet, um ein neues Wettrüsten zu verhindern.

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Mit seiner Ankündigung neuer Atomtests bricht der US-Präsident mit einer jahrzehntelangen Tradition amerikanischer Zurückhaltung.
Foto: AP

Trump bricht nun mit dieser Linie. Für ihn ist es ein Versuch, Stärke zu zeigen – und zugleich eine Rückkehr zur alten Logik der Abschreckung. Doch die Realität ist komplexer.

Kalter-Krieg-Rhetorik für das 21. Jahrhundert

Wie realistisch ist Trumps Drohung überhaupt? Fachleute sind skeptisch. Denn die USA verfügen seit Jahrzehnten über hoch entwickelte Simulationsmethoden, mit denen sich die Zuverlässigkeit von Atomwaffen überprüfen lässt, ganz ohne Explosion. Diese sogenannten «subkritischen Tests» finden regelmässig statt und gelten als ausreichend, um das Arsenal funktionsfähig zu halten.

«Ein tatsächlicher Sprengtest wäre technisch aufwendig und politisch schwer durchsetzbar», erklärt Daryl Kimball von der Arms Control Association auf X. Nach seiner Einschätzung gibt es derzeit keinen militärischen Grund, zu den alten Testmethoden zurückzukehren. Ähnlich argumentieren auch Physiker des Los Alamos National Laboratory, die betonen, dass Computermodelle seit Jahren präzise genug seien, um Sprengtests zu ersetzen.

Die letzten US-Tests fanden im September 1992 im Bundesstaat Nevada statt. Zwar sind die Anlagen dort weiterhin betriebsbereit, doch ein Neustart würde jahrelange Vorbereitungen erfordern – von der technischen Planung bis zu Umweltprüfungen. Zudem wäre der Widerstand in Nevada gross, wo sich viele noch an die radioaktiven Folgen früherer Tests in den 1950er- und 1960er-Jahren erinnern.

Ein gefährliches Signal in unsicheren Zeiten

Selbst wenn kein Test folgt, bleibt Trumps Ankündigung ein politisches Signal – sowohl an China und Russland. Russland hatte am Mittwoch die erfolgreichen Tests seiner nuklearbetriebenen Marschflugkörper «Burewestnik» und der Unterwasserdrohne «Poseidon» verkündet. China wiederum baut seit 2020 massiv neue Raketensilos in der Wüste Gansu, um seine nukleare Abschreckung zu erweitern.

Trumps Post wirkt daher wie eine Reaktion auf diese Entwicklungen, weniger als eine strategisch abgestimmte Entscheidung. Doch die Wirkung ist global: Rüstungskontroll-Experten warnen, dass schon die Rhetorik eines atomaren Wiedereinstiegs das Vertrauen zwischen den Grossmächten weiter erodiert.

Was auf dem Spiel steht

Seit 1996 verbietet der Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty (CTBT) alle nuklearen Sprengtests. Fast jedes Land der Welt hat das Abkommen unterzeichnet – auch die USA, die es allerdings nie ratifizierten. Trotzdem hielten sich alle Atommächte daran. Nur Nordkorea hat das Tabu gebrochen, zuletzt 2017. Sollte Washington diesen Konsens aufkündigen, könnte das andere Staaten zum Nachziehen ermutigen und ein neues Misstrauen in der internationalen Sicherheitspolitik auslösen.

Die Debatte fällt zudem in eine Phase, in der die globale Rüstungskontrolle ohnehin bröckelt. Nach dem Ausstieg der USA aus dem INF-Vertrag über Mittelstreckenraketen 2019 bleibt mit dem New-START-Vertrag von 2010 das letzte grosse Abrüstungsabkommen zwischen Washington und Moskau bestehen – und auch dessen Zukunft ist ungewiss. Seit 2020 fanden keine Inspektionen mehr statt und Kremlchef Wladimir Putin (73) setzte die Teilnahme am Vertrag 2023 aus.

Zwischen Symbol und Strategie

Ob Trump tatsächlich eine Bombe zünden lässt, ist offen. Vieles spricht dafür, dass es bei Worten bleibt – einer Mischung aus Machtdemonstration und Reaktion auf geopolitische Konkurrenz. Doch schon diese Worte haben Gewicht.

Trumps Ankündigung mag technisch wenig Substanz haben, politisch aber ist sie ein Symptom: Sie steht für die Rückkehr einer Rhetorik, die man längst überwunden glaubte: misstrauisch, konfrontativ und geprägt von der Logik des «Wir gegen Sie».

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