Darum gehts
Die Uhr tickt in Washington – und es sieht so aus, als wollte Donald Trump (79) den Zeiger diesmal ganz bewusst auf null drehen lassen. Sollte der Kongress bis Dienstag um Mitternacht keine Einigung erzielen, steht die US-Regierung ohne Geld da. Ein sogenannter Shutdown tritt ein: Bundesbehörden dürften dann nur noch Aufgaben erfüllen, die als «essenziell» gelten – wie Militärdienst, Grenzschutz oder Flugverkehrskontrolle. Alle anderen Bereiche würden ihre Arbeit einstellen.
Aber anders als bei früheren Shutdowns will das Weisse Haus diesmal nicht einfach auf Pause drücken. Es will den Moment nutzen, um den Staatsapparat radikal umzubauen – und zwar dauerhaft.
Der Mann hinter dem Plan
Der Mann hinter diesem Plan heisst Russell Vought (49). Der mächtige Haushaltsdirektor im Weissen Haus ist Architekt von «Project 2025», einem ultrakonservativen Masterplan für Trumps zweite Amtszeit. Für Vought ist der drohende Shutdown keine Krise, sondern eine historische Chance, «die Bestie zu erwürgen», wie ihn ein republikanischer Haushaltsstratege zitiert. Seine Anweisung an die Behörden: Bereitet euch auf Massenentlassungen vor – nicht auf befristete Zwangspausen wie in der Vergangenheit, sondern auf endgültige Kündigungen.
Normalerweise kehren die Angestellten nach einem Shutdown an ihre Arbeitsplätze zurück, sobald der Kongress die Finanzierung wieder freigibt. Doch genau hier setzt Vought an: Er hat die Behörden angewiesen, sich nicht nur auf befristete Zwangspausen vorzubereiten, sondern auf endgültige Massenentlassungen. Indem er den administrativen Ausnahmezustand nutzt, kann er Stellen streichen, ganze Programme schliessen und den Personalbestand nach Trumps Prioritäten neu ordnen – ohne dass der Kongress darüber abstimmt.
Ein Kahlschlag mit Ansage
Das Ausmass wäre historisch: Über 114’000 Stellen könnten laut der «Washington Post» gestrichen werden. Fünf Bundesbehörden – darunter jene, die Obdachlosenhilfe leistet, Produktsicherheit überwacht oder Chemieunfälle untersucht – würden komplett aufgelöst. 14 weitere Ministerien müssten ein Drittel ihrer Belegschaft feuern.
Ausgenommen vom geplanten Kahlschlag sind nur jene Ressorts, die durch Trumps «One Big Beautiful Bill» finanziert sind – allen voran Verteidigung und Heimatschutz. Das Ziel, so scheint es: eine Bundesregierung, die sich vor allem um Militär, Migration und innere Sicherheit kümmert – und deutlich weniger um Sozialprogramme, Bildung oder Regulierung. Manche Politbeobachter behaupten sogar, dass Trump den Shutdown absichtlich erzwingen möchte.
Druck auf die Demokraten
Kurz: Wer nicht zu Trumps Prioritäten passt, soll draussen bleiben. Für Trump und seine Verbündeten ist das ein doppelter Sieg: Sie sparen Geld und schwächen zugleich Institutionen, die sie seit Jahren als Feindbild darstellen – vom Arbeitsministerium bis zu Umwelt- und Verbraucherschutzbehörden. Ex-Speaker Newt Gingrich spricht gegenüber US-Medien von einer «historischen Chance, den aufgeblähten Staat zu zerschlagen».
Gleichzeitig wächst der Druck auf die Demokraten: Entweder sie akzeptieren Trumps Übergangshaushalt oder sie riskieren, dass der Verwaltungsstaat zerlegt wird.
Bluff oder echte Gefahr?
Doch selbst konservative Beobachter fragen sich, ob Voughts harter Kurs mehr als ein Bluff ist. Erst im Frühjahr hatte die berüchtigte Doge-Behörde Tausende Angestellte entlassen – nur um Monate später einen Teil von ihnen wieder einzustellen, weil wichtige Aufgaben sonst liegen geblieben wären. «Warum feuert man Leute, nur um sie dann wieder einzustellen – und plant dann noch eine Entlassungswelle?», fragt ein Ex-Regierungsbeamter.
Ob Trump und Vought den Kahlschlag tatsächlich durchziehen oder nur Druck auf die Demokraten ausüben, entscheidet sich in den kommenden Tagen. Klar ist: Dieser Shutdown ist kein normaler Haushaltsstreit. Er ist eine Kraftprobe um die Zukunft des amerikanischen Staats – und könnte zum radikalsten Umbau der US-Regierung seit Jahrzehnten führen.