Ukraine-Krieg sei «ein Verbrechen»
Russischer Ex-General nimmt Putin auf Telegram auseinander

Es ist selten, dass kritische Stimmen aus Russland laut werden – doch Leonid Iwaschow, ein ehemaliger russischer General und Militärexperte, rechnet in einem Video mit Wladimir Putin und seiner Politik ab.
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Leonid Iwaschow rechnet in einem rund fünfminütigen Video mit Putin ab.
Foto: Telegram

Darum gehts

  • Militärexperte Iwaschow kritisiert Russlands Ukraine-Krieg als dumm und kriminell
  • Russlands zivile Luftfahrt und Raumfahrtsektor sind laut Iwaschow kollabiert
  • Nur sechs bis sieben Staaten unterstützen Russland in der UN-Vollversammlung
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Leonid Iwaschow (82), ein erfahrener russischer Militärexperte, ist weithin für seine entschiedene Kritik an Russlands militärischem Vorgehen gegen die Ukraine bekannt. Bereits vor dem Beginn der Invasion am 24. Februar 2022 äusserte er offen seine Ablehnung gegenüber den Plänen von Russlands Präsident Wladimir Putin.

Nun, etwa 1400 Tage nach Beginn des Konflikts, hat Iwaschow auf Youtube ein Video veröffentlicht, in dem er eine tragische Bilanz zieht. Darin nennt Iwaschow die sogenannte «militärische Sonderoperation» als «ein extrem dummes Ereignis» und geht sogar so weit, sie als «Verbrechen» zu bezeichnen.

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Zivile Luftfahrt verfällt

In seinem Video analysiert Iwaschow die tiefgreifenden Auswirkungen des Krieges auf Russland. Hinsichtlich der geopolitischen Lage erklärt er: «Russland ist international isoliert. Nur eine Handvoll Staaten - sechs oder sieben - stimmen für unsere Positionen in der UN-Vollversammlung. Andere enthalten sich oder stimmen prinzipiell gegen uns.» Neben der aussenpolitischen Isolation beschreibt er auch die inneren Probleme des Landes. «Wir beobachten einen Krisenzustand der Wirtschaft, eine Krise der Kultur und eine Krise der spirituellen Dimension des Lebens», so Iwaschow weiter.

Ein besonderer Fokus seiner Kritik liegt auf der zivilen Luftfahrt. Hier schildert er den massiven Verfall: «Sie ist zusammengebrochen. Putin hat nicht einmal gesagt, wie viele Flugzeuge wir haben. Ich gebe ehrlich zu, ich habe gesucht und gesucht und weiss immer noch nicht, wie viele Zivilflugzeuge heute tatsächlich fliegen können. Zwei? Drei? Sie haben für 2025 fünfzehn Flugzeuge versprochen – ich weiss nicht, ob überhaupt eines davon gestartet ist.»

Zudem kritisiert er, dass Russland gezwungen sei, Airbus- und Boeing-Flugzeuge in Einzelteile zu zerlegen, nur um einige wenige Maschinen weiterhin betreiben zu können. Das bezeichnet er als deutliches Zeichen für den Niedergang: «Heute ist die zivile Luftfahrt zerstört.»

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Raumfahrtsektor als letzte Hoffnung zerstört

Auch der Raumfahrtsektor bleibt nicht von Iwaschows scharfer Analyse verschont. Er erklärt: «Der letzte Hightech-Sektor, der uns noch geblieben war, war die Raumfahrt. Wir hatten zwei Startrampen in Baikonur für bemannte Starts. Unter dem Vorwand, ‹Geld zu sparen›, wurde eine davon in ein Museum umgewandelt. Der letzte Start fand im November statt. Der Startkomplex selbst wurde zerstört. Wir haben jetzt keine bemannten Startkapazitäten mehr.» Er fasst zusammen: «Das ist eine schwere Katastrophe.»

Die Ursache für diese Entwicklungen sieht Iwaschow klar in einem Ereignis: den Krieg in der Ukraine. «Das Schlüsselereignis, das all dies seit 2022 miteinander verbindet, ist die militärische Sonderoperation», so der Militärexperte. Er beschreibt die verschiedenen Ebenen des Krieges – taktisch, operativ, strategisch und geopolitisch. «Unsere Erfolge bestehen nur auf taktischer Ebene. Operativ schlägt die Ukraine mit Raketen und Drohnen zurück, wobei sie sich auf Informationen der Nato stützt.»

«Das ganze System ist so gebaut, dass Putin im Zentrum von allem steht»

Darüber hinaus prangert Iwaschow weitere Missstände an. Das Bildungsniveau sinke, die Wissenschaft befinde sich in einem kritischen Zustand, das Justizsystem sei völlig korrupt, es fehle eine wirkliche nationale Sicherheitsstrategie, und die demografische Entwicklung sei katastrophal. Seiner Ansicht nach trage Putin die volle Verantwortung für diese Entwicklungen.

«Das ganze System ist so gebaut, dass Putin im Zentrum von allem steht – und daher ist alles auch Putins Verantwortung. Aber er lebt in einer anderen Realität, umgeben von Lob und Propaganda. Er glaubt ernsthaft, dass er erfolgreich ist, dass die Armee die beste der Welt ist. Diese gefährliche Illusion führt zu einer Katastrophe. Die Geschichte zeigt uns: Wenn Desaster nicht adressiert werden, führen sie zu noch viel schlimmeren Dingen.»

Auch ausserhalb Russlands stösst Iwaschows Video auf Beachtung. Olexander Scherba, ehemaliger Botschafter der Ukraine in Österreich, kommentiert: «General Iwaschow war jahrelang einer der Vertreter von Putins Russland bei allen möglichen internationalen Konferenzen.» Er fügt hinzu, dass Iwaschow auch bei der Münchner Sicherheitskonferenz anwesend gewesen sei. «Es ist bemerkenswert, ihn so sprechen zu hören.»

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