Darum gehts
US-Präsident Donald Trump (79) ist überstürzt vom G7-Gipfel in Kanada abgereist. Er müsse wegen «grossen Dingen» nach Washington zurück. Kurz davor hatte der US-Präsident die Bevölkerung von Teheran dazu aufgerufen, die Stadt zu verlassen. Planen die USA, in den Iran-Israel-Krieg aktiv einzugreifen? Eine Analyse.
Eskalation im Nahen Osten
Das Weisse Haus nannte die «Ereignisse im Nahen Osten» als Hauptgrund für Trumps Abreise. Der US-Präsident hatte kurz vor seiner Abreise in einem Post auf Truth Social die Bewohner Teherans zur Evakuierung aufgefordert, was auf eine akute Krise hinweist. Israel greift seit Freitag Ziele im Iran an, und der Iran schlägt mit Drohnen- und Raketenangriffen zurück.
Trump deutete an, dass der Iran zu Verhandlungen bereit sei, und er sich nach seiner Rückkehr nach Washington darum kümmern könnte. Es gibt aber auch Spekulationen, dass die USA möglicherweise aktiv in den Konflikt eingreifen.
«Etwas viel Grösseres» als eine Waffenruhe
Trump betonte, dass seine Abreise mit Themen zusammenhänge, die wichtiger seien als eine mögliche Waffenruhe, wie es der französische Präsident Emmanuel Macron (47) vermutet hatte. Trump schrieb, es gehe um «etwas viel Grösseres» als einen Waffenstillstand.
Insbesondere steht seit Beginn der Angriffe Israels die Frage im Raum, ob auch die unterirdische Atomanlage in Fordo angegriffen wird. Um diese zu zerstören, wäre Israel auf amerikanische Unterstützung angewiesen. Weder verfügt Israel über die nötigen bunkerbrechenden Sprengkörper, noch über Militärflugzeuge, die solche Bomben tragen könnten. Trifft Trump nun also die Entscheidung, Israel mit B-2-Bombern und GBU-57-Bomben zu unterstützen? Auf Truth Social betonte Trump jedenfalls erneut, dass der Iran in keinem Fall eine Atombombe besitzen dürfe.
Übereinstimmenden Medienberichten zufolge hat das US-Militär einen zweiten Flugzeugträger in den Nahen Osten geschickt. Zudem sollen die USA am Wochenende Dutzende Tankflugzeuge nach Europa verlegt haben.
Sollte Trump einem US-Bomber-Einsatz zustimmen, würde die USA als aktiver Teilnehmer am Krieg wahrgenommen – eine neue Eskalationsstufe. Dies würde Trumps Wahlversprechen, Kriege zu beenden, eher zuwiderlaufen. Der Amerikaner hatte auch zuletzt stets betont, dass er ein Atom-Abrüstungs-Abkommen mit dem Iran abschliessen möchte.
Er geht Selenski aus dem Weg
Trotz einer zunächst als «harmonisch» beschriebenen Atmosphäre am Gipfel in Kanada gab es Spannungen, insbesondere wegen Trumps Haltung zu Russland. «Die G7 waren einmal die G8», sagte Trump. Er bezeichnete den Ausschluss Russlands als «grossen Fehler», ohne den es den Krieg in der Ukraine nicht gegeben hätte. Auch zeigte er sich skeptisch gegenüber neuen Sanktionen gegen Russland, da diese die USA «viel Geld kosten». Auch diese Differenzen mit den europäischen Partnern könnten zur frühen Abreise beigetragen haben.
Insbesondere, weil am Dienstag die Ukraine am Gipfel ein grosses Thema ist. Auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (47) wird an den Gesprächen teilnehmen. Somit geht Trump auch Selenski aus dem Weg, was seine Zurückhaltung bei der Ukraine-Unterstützung unterstreichen könnte.
Auf Distanz zu westlichen Partnern
Trumps Verhalten erinnert an seinen Auftritt beim G7-Gipfel 2018 in La Malbaie (Kanada), wo er ebenfalls vorzeitig abreiste und später seine Zustimmung zu einer Abschlusserklärung zurückzog. Damals stand ein Handelsstreit im Vordergrund, und seine Abreise wurde als Zeichen der Missachtung der G7 gewertet.
Am Montag wurde kein solcher Eklat bekannt. Man einigte sich gar auf eine Erklärung zum Krieg im Nahen Osten, wo der Iran als «die Hauptquelle regionaler Instabilität und des Terrors» bezeichnet wird. Trotzdem könnte Trump seine vorzeitige Abreise auch einfach als Mittel eingesetzt haben, um Unabhängigkeit von den G7-Partnern zu demonstrieren.