Darum gehts
Am Montag soll das Ende des Gaza-Kriegs feierlich unterzeichnet werden. Die ägyptische Regierung erwartet zum Friedensgipfel Staats- und Regierungschefs aus mehr als 20 Staaten. Das von US-Präsident Donald Trump (79) und Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi (70) organisierte Treffen findet im Badeort Scharm El-Scheich statt – dort soll der Friedensplan besiegelt werden, dem Israel und die islamistische Hamas zugestimmt haben.
Doch wird dieser Frieden halten? Im Gazastreifen überwiegt Erschöpfung greifbar, in Israel die Skepsis. Zu viele Pläne sind schon gescheitert. Selten aber war der Druck auf ein Gelingen so gross wie jetzt. Hier sind drei Zeichen, die Hoffnung machen – und drei, die das Gegenteil befürchten lassen.
Alle sind kriegsmüde
Nach zwei Jahren unvorstellbarer Zerstörung sind beide Seiten erschöpft. Über 67’000 Tote, Hunderttausende Verletzte, Millionen ohne Zuhause – der Preis des Krieges ist für Israel und die Palästinenser längst zu hoch. Selbst militärisch gilt: Es gibt kaum mehr etwas zu gewinnen. Die Hamas ist angeschlagen und isoliert, Israel international unter Druck. Der Deal bietet beiden Seiten einen Ausweg, um das Blutvergiessen endlich zu beenden.
Die politische Koalition hält
Dass Israels Sicherheitskabinett dem Deal zugestimmt hat, war alles andere als selbstverständlich. Premierminister Benjamin Netanyahu (75) weiss, dass er Trumps Rückhalt braucht – und dass er ihn verlieren würde, wenn er den «grossen Friedensplan» torpediert. Innenpolitisch war der Druck enorm: Die ultrarechten Koalitionspartner mussten überzeugt werden, dass das Abkommen Israels Sicherheit nicht gefährdet. Die USA spielten dabei eine entscheidende Rolle. Sie garantieren militärische Unterstützung und haben mit eigenen Truppen in Israel signalisiert, dass Washington notfalls eingreifen würde. Aussenpolitisch hat Trump geschafft, was lange unmöglich schien: Ägypten, Katar und die Türkei ziehen am selben Strang. Der geschwächte Iran kann die neue Dynamik kaum stören. Diese Kombination aus amerikanischem Druck, israelischer Abhängigkeit und regionaler Einigkeit könnte den Waffenstillstand tatsächlich stabilisieren.
Die Geiselfrage kann Vertrauen schaffen
Nach Monaten der Ungewissheit werden die letzten israelischen Geiseln freigelassen, während über 2000 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen kommen. Beide Seiten müssen liefern – ein Novum. Solche Gesten sind selten, aber sie wirken: Familien, die sich nach Jahren wiedersehen, Bilder von Rückkehr und Hoffnung – das schafft Emotionen, die politischen Druck erzeugen, den Frieden nicht sofort wieder zu zerstören.
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Es gibt natürlich aber auch berechtigte Skepsis. Hier drei Gründe, warum alles wieder kippen könnte:
Die Region bleibt ein Pulverfass
Die Waffen mögen schweigen, aber das Misstrauen bleibt. Gaza ist zerstört, die Lage im Westjordanland angespannt, an Israels Nordgrenze lauert die Hisbollah, und auch die Huthi-Rebellen im Jemen zeigen sich wieder aggressiv. Ein einziger Angriff oder eine Provokation könnte die fragile Balance zerstören. Solange Hamas nicht vollständig entwaffnet ist und israelische Truppen in Teilen Gazas stehen, bleibt der Konflikt nur eingefroren – nicht gelöst.
Heikle Spielräume
Laut Trumps Plan soll Israel seine Truppen «schrittweise» zurückziehen, während Hamas ihre Waffen «unter Aufsicht» abgeben soll. In der Realität sind diese Begriffe dehnbar. Netanyahu spricht davon, Soldaten in Gaza zu belassen, «bis Hamas vollständig entwaffnet» ist – ohne klaren Zeitrahmen. Die Hamas wiederum will ihre Kleinwaffen behalten. Kurz: Beide Seiten haben Spielräume, um den Deal nach Belieben zu biegen – und genau das könnte ihn sprengen.
Grosse Fragen ungelöst
Wer regiert Gaza, wenn die Hamas abtritt? Wer kontrolliert die Grenzen? Wer garantiert die Sicherheit? Kommt die Zweistaatenlösung? Trumps Plan sieht eine «internationale Übergangsverwaltung» vor, möglicherweise unter Leitung des früheren britischen Premiers Tony Blair (72) – doch weder Israel noch Hamas haben zugestimmt. Ohne politische Struktur droht Gaza ein Vakuum: keine Regierung, keine Polizei, keine Perspektive. Auch der Wiederaufbau bleibt unklar – ohne Sicherheit kein Geld, ohne Geld kein Wiederaufbau. Wenn die humanitäre Katastrophe anhält, könnte der nächste Aufstand nur eine Frage der Zeit sein.
Fazit: Hoffnung ohne Garantie
Ja, dieser Frieden ist mehr als ein Strohfeuer. Zum ersten Mal seit Jahren haben beide Seiten etwas zu verlieren, wenn er scheitert. Die Menschen in Gaza sehnen sich nach Ruhe, die Israelis nach Sicherheit – und Trump nach einem Platz in den Geschichtsbüchern. Doch solange die grossen Fragen von Entwaffnung, Regierungsform und Sicherheit ungelöst bleiben, ist der Frieden fragiler als die Unterschriften, die ihn besiegeln.
Trump selbst zeigte sich gewohnt selbstsicher: «Ich glaube, dieses Abkommen wird zu dauerhaftem Frieden führen.» Noch ist offen, ob er Recht behält – oder ob sein grosser Triumph in wenigen Wochen als naive Hoffnung in die Geschichte eingeht.