So krempelt US-Kriegsminister Pete Hegseth die mächtigste Armee um
«Wir wollen keine fetten Soldaten mehr!»

Jetzt ist klar, weshalb der amerikanische Verteidigungsminister Pete Hegseth Hunderte Generäle und hochrangige US-Offiziere aus aller Welt nach Virginia einfliegen liess. Seine zehn neuen Befehle für die Streitkräfte haben es in sich. Falsch aber liegt Hegseth nicht.
Publiziert: 19:21 Uhr
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Aktualisiert: vor 39 Minuten
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US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hat seinen Generälen zehn neue Befehle erteilt.
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Darum gehts

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Samuel SchumacherAusland-Reporter

Aaaachtung, alle Mann herhören! Frauen? Können auch herhören, aber eigentlich nicht wirklich. Lieber nur die Männer, und nur die frisch rasierten, kurzhaarigen, fitten. Die will der amerikanische Verteidigungsminister Pete Hegseth (45) in seinem umgetauften «Kriegsministerium» in Zukunft um sich scharen. Alle anderen sollen gehen – und zwar sofort.

So lautete Hegseths Botschaft an die knapp 800 hochrangigen US-Offiziere, die er am Dienstag aus aller Welt nach Virginia einfliegen liess, um ihnen die Leviten zu lesen – beziehungsweise seine zehn neuen Befehle mitzuteilen. Klar ist: In der mächtigsten Armee der Welt bleibt nach Hegseths Ansprache kein Stein auf dem anderen. Auch klar ist: Es dürfte vielen Generälen schwerfallen, die Benimmregeln ausgerechnet vom einstigen Trunkenbold und Frauenheld an ihrer Spitze entgegenzunehmen.

«Ich will keine fetten Soldaten mehr sehen in unserer Armee», sagte Hegseth in der vollen Halle in der Stadt Quantico. «Und auch keine Bärte und keine langen Haare.» Die US-Armee sei keine «Horde nordischer Barbaren», sondern eine tödliche Organisation, die auf ein einziges Ziel hinarbeite: die Feinde der USA auszuschalten und wenn nötig zu töten.

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Der selbsternannte «Kriegsminister» Hegseth will keine bärtigen, langhaarigen oder woken Kämpfer mehr in seinen Reihen.
Foto: AP

Mit welcher Unverfrorenheit das die amerikanischen Streitkräfte derzeit tun, zeigt sich etwa bei den wiederholten Luftangriffen auf angebliche venezolanische Kartellmitglieder, die auf Fischerbooten Richtung US-Gewässer unterwegs waren. Kritiker der Trump-Regierung bezeichnen die umstrittenen Missionen als «aussergerichtliche Hinrichtungen».

Keine anonymen Meckereien

Kriegsminister Hegseth aber sieht in dieser neuen Form der unverfrorenen Gewalt die eigentliche Aufgabe seiner knapp anderthalb Millionen Aktivsoldaten (Hegseth spricht konsequent von «Kriegern» oder «Kriegskämpfern»). «Wir töten nicht, weil wir das, was vor uns liegt, hassen, sondern weil wir das, was hinter uns liegt, lieben», betonte der 45-jährige Irak-Veteran und langjährige Fox-News-Kommentator.

Folgende Befehle hat Hegseth seinen Generälen mitgeteilt:

1. Einführung eines neuen Fitnessstandards – für alle Geschlechter gleich. Wer einen Armee-Job will, muss fitter sein als 70 Prozent der gleichaltrigen Männer – auch als Frau. «Deinem Rucksack und deinem Feind ist es egal, ob du eine Frau oder ein Mann bist. Du brauchst Kraft, so einfach ist das», sagt Hegseth.

2. Fitness-Übungen jeden Tag. Er wolle «keine fetten Soldaten» mehr sehen, sagte Hegseth. Konkrete BMI-Voraussetzungen sollen eingeführt werden.

3. Keine Bärte und keine langen Haare mehr. «No more beardos», sagte der Kriegsminister in Anlehnung an das englische Wort für Verrückte («weirdo»).

4. Diversität, Geschlechterquoten oder Inklusivität gibts nicht mehr. Wichtig ist einzig, ob jemand kämpfen kann. Alles andere sei Ablenkung vom Kernauftrag. 

5. Kein anonymes Schimpfen mehr: Wer was zu meckern hat und das wiederholt anonym tut, soll angezeigt werden. Kurz: Hinstehen, wenn dir was nicht passt!

6. «Toxischer Führungsstil» wird umgedeutet. «Ein bisschen Hänseln, ein bisschen Quälen kann helfen, die Rekruten zu motivieren», sagte Hegseth. Toxisch sei nicht, wer von seinen Soldaten mit harter Gangart Leistung fordere. 

7. Befördert wird einzig und allein, wer Leistung zeigt. Geschlecht, spannende Biografie, all das ist egal.

8. Social-Media-Wende: Anonymes Online-Klagen oder Beschweren in den sozialen Medien wird nicht mehr goutiert.

9. Unzufriedene raus! Wem der neue Kurs nicht passt, dem empfiehlt Hegseth: «Tut das Ehrenhafte und kündigt euren Job.» Jeder solle daran denken: «Wir sind Krieger, keine Zivilisten. Und wir tun genau das, was der Präsident von uns will – jeden einzelnen Tag.»

10. Neuer Fokus auf das «Kriegsministerium»: Die Ausbildung, das Training und der Führungsstil müssten wieder auf die tödliche Wirkung der US-Streitkräfte ausgerichtet sein. Sonst verliere man seine abschreckende Wirkung.

Das sind martialische Töne. Dass der Aufruf zu mehr Disziplin und mehr tödlichem Fokus ausgerechnet von einem kommt, der in seiner Vergangenheit mutmasslich mehrfach schwer betrunken zur Arbeit erschien und durch mehrfaches Fremdgehen aufgefallen ist, mag zynisch wirken.

Reicht das, um Putin das Fürchten zu lehren?

Hegseth aber liegt nicht falsch. Die neue Bedrohungslage mit Gegnern wie Russland, einem aufgerüsteten Nordkorea oder einem zusehends aggressiven China fordern absoluten Fokus der mächtigsten Militärmacht der Welt. Ablenkung jeglicher Art ist gefährlich. Und: Eine Armee muss kein Spiegelbild jener freien und freigeistigen Gesellschaft sein, die sie zu beschützen hat. 

Wir Europäer können dankbar sein, wenn Amerika angesichts der aus den Fugen geratenden Weltordnung die Samthandschuhe abstreift. Ob das Umstyling und Rebranding, das Hegseth in Virginia angekündigt hat, ausreichen wird, um Putin & Co. das Fürchten vor den USA wieder zu lehren, bleibt abzuwarten.

Und dann ist da ja noch der relativ langhaarige, nicht eben fitte Zivilist am Schalthebel im Weissen Haus, auf dessen Vorgaben es letztlich ankommt. Eine fitte, kurzhaarige, top-trainierte Truppe mit dem überlegenen Waffenarsenal der USA könnte durchaus Gutes bewirken – wenn der politische Wille dazu da ist. Das aber liegt nicht in Hegseths Befehlsgewalt.

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