Mächtiger Aufmarsch in Arizona
Deshalb ist Charlie Kirks Feier ein Wendepunkt für die US-Politik

Alle waren sie da: der US-Präsident, seine Minister, die Witwe, die Freunde – und Elon Musk. Charlie Kirk, der ermordete Gründer der Organisation Turning Point USA, vollbrachte posthum ein kleines Wunder. Und: Er läutete möglicherweise eine Wende in der US-Politik ein.
Publiziert: 04:07 Uhr
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Aktualisiert: 04:25 Uhr
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US-Präsident Donald Trump bat Erika Kirk am Ende seiner mehr als 40-minütigen Rede noch einmal auf die Bühne.
Foto: AP

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Samuel SchumacherAusland-Reporter

Zur Heiligsprechung wirds nicht reichen, aber eindrücklich ist Charlie Kirks (†31) posthum vollbrachtes Wunder dennoch: Am Rande seiner Abdankungsfeier im voll besetzten 70’000er-Football-Stadion in Glendale (Arizona) schüttelten sich US-Präsident Donald Trump (79) und Tausendsassa Elon Musk (54) tatsächlich die Hand. Freundschaftlich, fest, versöhnlich.

Die beiden Streithähne hatten seit Ausbruch ihrer Fehde im Frühsommer nicht mehr miteinander gesprochen. Kirk brachte sie wieder zusammen. Die Mega-Zeremonie zu Ehren des ermordeten Politaktivisten wird allerdings nicht nur dafür in Erinnerung bleiben. Kirks Feier ist möglicherweise genau das, von dem er ein Aktivistenleben lang geredet hat: ein Wendepunkt für ein Land, das vor lauter Hass auf sich selbst auf der Strecke zu bleiben droht. Drei Anhaltspunkte gibt es dafür, dass sich in den USA jetzt einiges ändern könnte.

1

Anhaltspunkt: Die vergebende Witwe

Den mit Abstand stärksten Auftritt an der weit über vierstündigen Feier hatte Kirks Witwe Erika Kirk (36). Die einstige Miss Arizona und erfolgreiche Unternehmerin (zu ihrem Imperium gehören eine christliche Kleidermarke und ein Online-Bibelkurs) sagte in ihrer emotionalen Ansprache: «Mein Ehemann Charlie wollte junge Männer retten, junge Männer wie jenen, der ihm das Leben nahm. Diesem jungen Mann vergebe ich!»

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US-Präsident Donald Trump bat Erika Kirk am Ende seiner mehr als 40-minütigen Rede noch einmal auf die Bühne.
Foto: AP

Kirk betonte mehrfach, mit welcher Hingabe sich ihr verstorbener Gatte selbst jenen angenommen habe, die nicht seiner Meinung gewesen seien. «Die Antwort auf Hass darf nicht noch mehr Hass sein.» Versöhnung brauche die Gesellschaft. Einander zuhören sollte man sich wieder. «Nach Charlies Tod haben wir weder Gewalt noch Rebellion noch Plünderungen gesehen, sondern eine Erweckung», hielt sie fest.

Erika Kirk übernimmt die Führung der Organisation Turning Point USA, die ihr Mann vor 13 Jahren gegründet hatte, um junge Amerikanerinnen und Amerikaner für konservative, rechte Parteipolitik zu gewinnen. Mit ihrem versöhnlichen Tonfall selbst im Angesicht des schrecklichen Schicksalsschlages könnte sie zur Vorreiterin einer neuen, nicht mehr primär von Ablehnung Andersdenkender geprägten rechten Politik in den USA werden.

2

Anhaltspunkt: Gott feiert ein Comeback

Bis auf die «Gott segne die USA» am Schluss seiner Rallye-Ansprachen war der Allerheilige in Trumps bisheriger Amtszeit kaum mehr präsent in der amerikanischen Bundespolitik. An Kirks Abdankungsfeier aber unterliess es keiner der zahlreichen mächtigen Redner, ihre eigene Nähe zu Jesus und ihren tiefen Glauben zu betonen.

Zuweilen wirkte das Schauspiel auf der Bühne wie eine Prozession verirrter Söhne und Töchter, die nach ihrem Ausritt in die gottlose Welt der Tagespolitik zurück zum heiligen Hirten finden. Von Aussenminister Marco Rubio («Wenn Jesus zurückkommt, werden wir wieder mit Charlie vereint sein!») über Verteidigungsminister Pete Hegseth («Stellt Jesus ins Zentrum eures Lebens!») bis zu Vizepräsident J. D. Vance («Ich habe noch nie so viel über Gott gesprochen wie in den vergangenen zwei Wochen»): Die geballte Macht der US-Politik wirkte bereit, zu Ehren Kirks eine fast bibeltreue Politikwende zu vollziehen.

Inwiefern sich das in den grossen Themen der Zeit niederschlagen wird, bleibt abzuwarten. Klar ist: Die Republikaner versuchen unter Führung von Turning Point USA die christlichen Wählerinnen und Wähler endgültig für sich zu pachten. Dass ihnen einer der wortmächtigsten Heilsbringer auf so brutale Weise genommen worden ist, dient der Sache paradoxerweise.

3

Anhaltspunkt: Generationenwechsel bei den Republikanern

Noch sind die Präsidentschaftswahlen 2028 weit weg. Auf republikanischer Seite aber gilt es, die grosse Frage zu klären, wer Donald Trump als Leader der «Make America Great Again»-Bewegung beerben soll. Vizepräsident J. D. Vance (41), ein enger Freund des Ermordeten, machte bei der Abdankungsfeier eine gute Falle.

Seine Ansprache war deutlich präsidialer als die von hasserfüllten Tiraden durchzogene Trauerrede seines Chefs (Trump betonte mitten in seiner mehr als 40-minütigen Rede etwa, er «hasse» seine Gegner). Vance – heute schon nur ein Herzschlag entfernt vom Sitz im Oval Office – scheint klar in der Pole-Position.

Denkbar wäre, dass er sich für das Rennen 2028 mit der neuen Turning-Point-USA-Chefin zusammentut. Erika Kirk hat das Zeug zur nationalen Versöhnerin, die das Land so dringend bräuchte. Ihre teils extremen religiösen Ansichten (etwa über die Unterwerfung der Ehefrau unter den Willen ihres Mannes) kann sie mässigen. Alles andere – ihr Wohnsitz im wichtigen Swing-State Arizona, ihre Millionen-Gefolgschaft in den sozialen Medien, ihr rhetorisches Talent und ihre Standhaftigkeit – passen perfekt zum Jobprofil der Vizepräsidentin.

Der heute 41-jährige Vizepräsident und die 36-jährige Turning-Point-USA-Chefin wären die Verkörperung einer neuen Politikergeneration: in jedem Fall ein frischer Wind nach den langen Jahren unter den Boomer-Präsis Joe Biden (82) und Donald Trump (79).

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