Darum gehts
Der Frieden im Nahen Osten hat doch nicht ganz 3000 Jahre gehalten, wie Donald Trump (79) sich das bei seinem Auftritt in Israel am Montag noch ausgemalt hatte. Nachdem Hamas-Kämpfer in der Stadt Rafah israelische Soldaten attackiert haben sollen, reagierte Israel am Sonntag mit mehreren Luftschlägen auf den Gaza-Streifen – die ersten seit der Ausrufung des Waffenstillstands Anfang vergangener Woche.
Die Hamas bestreitet, israelische Soldaten beschossen zu haben. Israel aber schaltet zurück in den Angriffsmodus. Regierungschef Benjamin Netanyahu (75) befahl seiner Armee am Sonntag, «entschieden vorzugehen» gegen «Terrorziele in Gaza». Hinzu kommt eine kryptische Warnung des US-Ministeriums, die gar nichts Gutes verheisst für den fragilen Frieden.
In der Nacht auf Sonntag warnte das US-Aussendepartement vor einem neuen Massaker, das die Hamas plane. Diesmal nicht gegen die israelischen Nachbarn, sondern gegen die eigene Bevölkerung.
Unklar ist, worauf die USA in der Warnung konkret anspielten. Wahrscheinlich scheint, dass Trumps Leute die Hamas für die mindestens 33 öffentlichen Hinrichtungen von politischen Gegnern über die vergangenen Tage abstrafen will. Mit den Gräueltaten unterstreicht die Hamas, dass sie nicht bereit ist, ihre Waffen abzugeben und kürzerzutreten.
Schutzzonen für Hamas-Flüchtlinge
Im Gegenteil: Die Terrororganisation hat mit teils grausamen Methoden versucht, das nach dem Abzug der Israelis in den Gaza-Städten entstandene Vakuum zu füllen. Man halte sich weiter an den Waffenstillstand, betont die Hamas-Führung – und lässt weiter Jagd machen auf jene, die Kritik an ihrem Horror-Regime äussern.
Nach den ersten Hinrichtungen hatten die USA vergangenen Mittwoch bekanntgegeben, dass man an der Einrichtung von Sicherheitszonen in den von Israel kontrollierten Gebieten in Gaza arbeite. Israel hält aktuell 53 Prozent des Gazastreifens besetzt. Dort sollen all jene Zuflucht finden, die sich von der Hamas bedroht fühlen.
Pro-palästinensische Kommentatoren – wie der Nahostexperte Mouin Rabbani vom Zentrum für Konflikt und humanitäre Studien in Montreal (Kanada) – sprechen auf dem Fernsehsender Al Jazeera von einem von Israel orchestrierten Versuch, einen «Bürgerkrieg in Gaza auszulösen», indem man verschiedene Gruppen gegeneinander aufbringe. Es sei reine Augenwischerei, wenn die USA – nachdem sie zwei Jahre lang dem israelischen Wüten im Gazastreifen tatenlos zugeschaut hätten – jetzt plötzlich um das Wohl der örtlichen Bevölkerung bemüht sei.
Israelische Kommentatoren – wie der Journalist und Sicherheitsexperte Tzvi Joffre – kommen nach den jüngsten Gräueltaten der Hamas gegenüber der eigenen Bevölkerung zum Schluss, dass die laut Trumps Plan bevorstehende Entsendung einer internationalen Friedenstruppe in den Gaza-Streifen ein extrem gefährliches Unterfangen werde – trotz Waffenstillstand.
«Jede internationale Gruppe, die reingehen und die Hamas entwaffnen will, muss sich auf einen langen Kampf mit einer Terrorgruppe einstellen, die sich bereits wieder aufrüstet», schreibt Joffre auf X.
Jetzt muss es Vance richten
Viel Schuldzuweisung, viel Kriegsnebel. Immerhin: Der Austausch verstorbener Geiseln und Gefangener geht weiter. Die Hamas hat am Wochenende zwei weitere Leichen getöteter Geiseln an Israel übergeben, Israel hat 30 tote Palästinenser nach Gaza geliefert. Dieser Teil des Deals funktioniert. Noch nicht in Fahrt kommen die versprochenen Hilfslieferungen für die notleidende Bevölkerung. Netanyahus Regierung hat angekündigt, den dafür wichtigen Grenzübergang bei Rafah ganz im Süden des Gazastreifens als Druckmittel bis auf Weiteres geschlossen zu halten.
Am Montag reisen US-Vizepräsident J.D. Vance (41) und Trumps Sondergesandter Steve Witkoff (68) nach Israel, um dafür zu sorgen, dass der Friedensplan ihres Chefs auf Kurs bleibt. Trump selbst scheint das Interesse an der komplexen Sache nach seinem vielgefeierten Auftritt im Heiligen Land Anfang vergangener Woche verloren zu haben. Stattdessen liefert er sich digitale Grabenkämpfe mit den Organisatoren der Trump-kritischen «No Kings»-Demonstranten, die am Wochenende zu Hunderttausenden durch US-Metropolen zogen und gegen ihn wetterten.
In einer besorgniserregenden Geste postete Trump auf seinem Netzwerk Truth Social ein KI-generiertes Video, das ihn – mit Krone – am Steuerhebel eines Kampfjets zeigt, der riesige Mengen Exkremente über den demonstrierenden Massen abwirft. Die Message, wortwörtlich: Ich scheisse auf euch. Zu hoffen bleibt, dass der Frieden im Nahen Osten nicht mit diesem Mann steht und fällt.